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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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sozialen Verhältnisse in muslimischen Ländern wie Ägypten und Tunesien, aber was sie hier beobachtete, gab ihr Rätsel auf. Die Männer in den blauen Ganduras taten den ganzen Tag nicht viel. Manchmal ritten sie mit den Kamelen aus, veranstalteten kleine Wettrennen, gingen auf die Jagd. Selten genug brachten sie Beute mit, mal ein hochbeiniges Kaninchen, ein andermal ein Wildschaf oder eine Antilope.
    Einmal schlachteten sie ein Schaf. Es sah nach einer rituellen Handlung aus, denn die Dorfbewohner umringten den weisen Mann, der das Tier mit der Kehle gen Mekka ausrichtete, ehe er sie mit einem scharfen Messer durchtrennte. Die Umstehenden riefen laut einen Namen, die umstehenden Männer antworteten darauf. Aus dem nächsten Zelt erklang ein lautes und freudiges Trällern der Frauen, die alsbald herauskamen, den Schafbock ausnahmen und das Fleisch zubereiteten. Einer der Männer betrat daraufhin das Zelt.
    Désirée richtete ihren fragenden Blick auf Tedest. Sie lächelte und winkelte die Arme an, als wiege sie darin ein Kind. Es musste ein Fest zur Geburt eines Kindes sein. Am liebsten wäre Désirée aufgestanden und hingelaufen, aber im Augenblick war es ihr nicht möglich. Sie war froh, wenigstens am Abend die wenigen Schritte bis zum Windschutz zu gelangen, um die Abkühlung und den Sonnenuntergang zu genießen.
    Ein Teil des Festmahles wurde unter den Bewohnern des Dorfes verteilt, die nicht unmittelbar am Fest teilnahmen. So bekam auch Désirée ein Stück des gebratenen Lammfleischs.
    Doch meist waren die Mahlzeiten eher karg. Allerdings schien niemand zu hungern, und auch die Kinder, die Désirée aus sicherer Ferne neugierig beäugten, sahen alle gut genährt aus.
    Täglich stampften abwechselnd Tedest und Aissa Hirse in einem hölzernen Mörser. Es war das Hauptnahrungsmittel dieser Menschen.
    Oft spielte Tedest am Abend auf einer seltsamen, einsaitigen Geige, der sie melancholische Klänge entlockte. Dabei saß sie in der Nähe des Zelteinganges, ohne sich jedoch den Blicken der anderen zu zeigen. Désirée bemerkte, dass die Musik so manchen der Männer im Gang verweilen ließ. Einige hockten sich in der Nähe hin und schienen ihrem Spiel zu lauschen.
    In dem Gatter neben ihrem Zelt standen nachts einige Ziegen und Wildesel. Den Frauen oblag es, sie zu melken. Sie zähmten auch die halbwilden Esel, die sie in der Wüste fingen. Das war kein leichtes Unterfangen, wie sie beobachten konnte. Diese Esel hatten durchaus ihren eigenen Willen, und die beiden Frauen hatten nicht geringe Mühe, sie zu bändigen.
    Auf einem hübschen, hellgrauen Tier holte Tedest das Wasser vom Fluss. Es sah sehr anmutig aus, wenn sie darauf ritt. Auf dem Rückweg lief sie meist. Der Esel schleppte die ledernen guerbas , die sie ihm an die Seiten gebunden hatte. Manchmal stapelte sie obendrauf noch ein Bündel Brennholz.
    Nach einigen Tagen konnte Désirée einige Schritte laufen. Der hässliche Abszess, der sich durch ihre reibenden Schnürstiefel am Fuß gebildet hatte, war aufgegangen, und Tedest hatte die Wunde gesäubert. In den leichten Sandalen der Tuareg konnte Désirée auch mit dem Verband laufen.
    Sie machte davon Gebrauch und schlenderte in der näheren Umgebung umher. Hinter einem Zelt hörte Désirée Kinderstimmen, und als sie dahinter spähte, entdeckte sie eine Gruppe Kinder, die von einer Frau unterrichtet wurden. Andere Frauen saßen dabei und hörten ebenfalls zu. Still hockte sich Désirée hin.
    Die Frau sprach Laute und Worte vor, die die Kinder gemeinsam laut wiederholten. Manchmal schrieb sie Zeichen in den Sand, und auch die Kinder übten diese Zeichen. Aber es gab keine Schiefertafeln, kein Papier, keine Bücher. Alles, was geschrieben wurde, wurde im nächsten Augenblick wieder ausgelöscht. Eine Schrift nur für den Sand! Désirée konnte es nicht fassen.
    Alles in allem schienen die Frauen das Sagen zu haben. Die Männer, obwohl sie sich stolz gaben und in ihren imposanten blauen Gewändern herumstolzierten, spielten offensichtlich eine Nebenrolle. Wieso benahm sich Arkani dann so arrogant und selbstherrlich? War es nur, weil sie eine Fremde war?
    Sie sah auch Arkani einige Male. Er hielt sich meist bei einer kleinen Gruppe der Männer auf, die allesamt gut gekleidet und stets bis auf die Augen verschleiert waren. Auch wenn sie ihre Gesichter nicht sehen konnte, so wusste sie doch, welcher von ihnen Arkani war. Seine hoheitsvolle Haltung verriet ihn. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er sie von

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