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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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tauchten ärmliche Hütten auf. Sie waren ganz aus dem Schilf gebaut, das am seichten Ufer des Flusses wuchs. Die Schilfbündel waren unbeschnitten, und so wirkten die Hütten wie die liederlichen Flechtwerke von Spatzennestern.
    »Hier wohnen die Issegaren«, erklärte Arkani. Sie hörte Herablassung aus seiner Stimme. »Sie sind an ein Stück Erde gebunden.«
    »Aber sie bewohnen richtige Hütten«, erwiderte sie.
    »Ein Amajer würde niemals in so einem Schilfbündel hausen«, gab er zurück. »Die einzig angemessene Wohnstadt ist das ehen , das Lederzelt.«
    Sie waren am Ende der Oase angekommen. Vor dem Bereich, an dem das fruchtbare Gebiet in den Dünensand der Sahara überging, stand ein seltsames Gebilde aus Steinen, im Rund zusammengebaut. Es war wie ein offener Turm, aus dem Rauch herausdrang. Es roch aufdringlich nach Holzkohle, Fett und Metall, und ein gleichmäßiges Hämmern ließ sich hinter der Wand vernehmen.
    In einiger Entfernung blieb Arkani stehen und rief etwas. Hinter der Steinwand tauchte ein Gesicht auf. Der Mann grüßte Arkani ehrfürchtig, doch zu Désirées Verwunderung grüßte Arkani ebenso ehrfürchtig zurück. Erst auf Aufforderung des Mannes trat er näher.
    Der Mann schlug den Teppich zurück, der den Eingang zu seiner Schilfhütte verdeckte. Im Dunkel lagen dort Schwerter, Messer, Schmuck, Amulette und sonstige Gerätschaften aufgereiht. Es musste ein Schmied sein.
    Arkani nahm ein Messer und trat damit vor die Hütte. Im Tageslicht prüfte er seine Verarbeitung, die Schärfe der Klinge, die Härte des Metalls. In knappen Sätzen sprachen die beiden Männer miteinander, dann reichte Arkani ihm das Messer zurück. Désirée hätte sich gern den Silberschmuck intensiver angeschaut, doch Arkani zog sie sanft, aber bestimmt von der Hütte weg.
    »Nicht jetzt«, sagte er nur.
    »Was ist mit ihm?«, wollte sie wissen und zeigte auf den Schmied.
    »Er gehört zu den enaden , den Schmieden. Sie kommen mit Metall in Berührung.«
    »Na und?«
    »Sie besitzen magische Kräfte. Sie sind gleichzeitig verachtet und gefürchtet. Sie leben außerhalb unserer Gesellschaft.«
    Désirée schüttelte fassungslos den Kopf. »Das Ganze begreife ich überhaupt nicht. Jeder von euch Noblen trägt ein Schwert und ein Messer und diese Amulette, und doch verachtet ihr die, die sie herstellen?«
    »So ist es. Aber das hat auch seine Vorteile. Da unsere Verhaltensnormen für sie nicht gelten, dürfen sie auch Dinge tun, die uns versagt sind. Zum Beispiel werden sie gern als Übermittler von Heiratsanträgen herangezogen.«
    »Fürchtet ihr eure Frauen so, dass ihr einen Heiratsvermittler braucht? Und dazu noch einen, der außerhalb der Gesellschaft lebt? Könnt ihr eine Liebeserklärung einer Frau nicht direkt sagen?«
    »Niemals! Ein Mann muss eine Frau beeindrucken, ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen, ihr gefallen. Aber niemals würde er sie direkt fragen.«
    »Niemals?«
    Er stand dicht vor ihr und blickte auf sie herab. Der Blick aus seinen Augen ließ sie erbeben. Sie war verwirrt von den vielen Dingen, die er ihr erzählt hatte und die sie nicht so recht begreifen konnte.
    »Niemals«, flüsterte er und nahm wieder ihre Hände in seine. Sie standen einsam unter den Dattelpalmen, der Wind bewegte leise die Wedel über ihnen, und irgendwo in der Ferne schrie ein Esel.
    »Schade«, erwiderte sie ebenso leise. »Eine Liebeserklärung hätte den stolzen Rittern der Wüste etwas mehr Herz verliehen.«
    Er schob ihre Hand auf eine Stelle an seiner linken Brust, an der sie dumpf seinen Herzschlag spürte.
    »Diese Ritter haben ein Herz, Désirée. Sie wissen es nur gut zu verbergen. Und Liebe muss im Verborgenen gedeihen.«
    Sie entzog ihm die Hand, bevor ihre Knie endgültig schwach wurden. Verwirrt drehte sie sich um und ging zum Fluss, wo einige Kinder laut kreischend im Wasser plantschten.
    » Addhar heißt Fluss«, sagte Arkani neben ihr. »Er ist wie unser Herz. Er fließt und spendet Leben. Und manchmal versickert er. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht da ist. Da unten im Sand fließt er weiter.«
    Désirée schwieg. Alles war doch komplizierter, als sie angenommen hatte. Sie sollte aufhören, in die Tiefe eindringen zu wollen. Sie sollte sich endlich auf das Wesentliche besinnen.
    Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Es war sehr interessant, aber vieles auch fremd und unverständlich für mich. Tanimmert , Arkani.«
    Seine Augen lächelten, und die goldenen Pünktchen darin glitzerten wie Sterne im

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