Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
dass Barrons sie mit der vernichtenden Lichtbarriere in Schach hielt.
Ich schnappte erschrocken nach Luft.
Und dort war Barrons – er betrat das verlassene Viertel, wechselte einfach von dem sicheren beleuchteten Bereich in die Finsternis.
Und er hatte nicht einmal eine Taschenlampe!
Ich hob die Hand, um an die Fensterscheibe zu klopfen. Keine Ahnung, was mir dabei durch den Kopf ging; vermutlich wollte ich seine Aufmerksamkeit auf mich ziehen und ihn zurückrufen, ehe er etwas Dummes machte.
Doch ich hielt mitten in der Bewegung inne. Barrons war alles andere als dumm. Er tat nichts ohne triftigen Grund.
Er war groß, dunkel und geschmeidig wie ein Panther, trug nur Schwarz unter dem langen schwarzen Mantel, und wenn er einen Schritt machte, sah ich das glitzernde Metall an seinen Stiefeln. Nach ein paar Sekunden war auch das nicht mehr zu erkennen. Es gab kein Licht mehr, das sich in den Metallteilen spiegeln konnte, und Barrons war nur noch als hellerer Schatten unter dunklen auszumachen.
Miss Lane, Sie dürfen nie, niemals bei Nacht auch nur einen Fuß in dieses verlassene Viertel setzen , hatte er mir vor gar nicht allzu langer Zeit eingeschärft.
Okay, warum tat er es dann? Was ging da vor sich? Ich schüttelte den Kopf und bezahlte augenblicklich für diese unbedachte Geste, als die winzigen Presslufthämmer wieder anfingen, sich sammelten und mit neuer Wucht loslegten. Ich drückte beide Hände an meinen Schädel und starrte benommen auf die Straße.
Die Schatten schenkten Barrons nicht die geringste Beachtung. Wäre ich ein fantasiebegabtes Mädchen, würde ich sagen, die ölige Dunkelheit zog sich angewidert zurück, als Barrons vorbeiging.
Ich hatte die Hüllen gesehen, die die Schatten als Beweis für ihren unersättlichen Appetit zurückließen. Das Einzige, was sie fürchteten, war Licht. Sie töten mit vampirischer Schnelligkeit, hatte Barrons mir erklärt. Und ich hatte diesen Satz in meinem Tagebuch notiert, weil mir die Formulierung gut gefiel.
Ich beobachtete, wie er immer tiefer in die Dunkelheit vordrang – eine schwarze Gestalt in der Finsternis –, bis er ganz mit der Nacht verschmolz. Ich starrte noch lange hinunter auf die Gasse und versuchte zu begreifen, was ich gerade gesehen hatte.
Mir fielen nur zwei mögliche Erklärungen ein: Entweder hatte mich Barrons belogen, was die Schatten anging, oder er hatte eine finstere Abmachung mit den Leben aussaugenden Feenwesen.
Was immer es war, ich hatte endlich die Antwort auf die Frage, ob ich ihm trauen konnte.
NEIN, auf keinen Fall.
Schließlich wandte ich mich vom Fenster ab, putzte mir die Zähne und bearbeitete sie mit Zahnseide, wusch mir das Gesicht, cremte mich ein, fuhr mit der Bürste durch meine Haare, schlüpfte in mein Lieblingsnachthemd und das dazu passende Höschen und kroch ins Bett. Ich hatte nicht viel Ahnung, aber eines wusste ich ganz sicher: Ich würde Barrons morgen keine einzige Frage nach irgendwelchen Adressen stellen.
Am nächsten Morgen wachte ich mit einer Antwort auf, die sich förmlich in mein Gehirn gebrannt hatte.
Vor ein paar Jahren hatte ich ein Buch gelesen, in dem der Autor das menschliche Bewusstsein mit einem Computer vergleicht und erklärt, dass der Schlaf eine Auszeit sei, in der das Gehirn neue Informationen abspeichert, einen Backup vollzieht, die Festplatte neu konfiguriert und unwichtige Details aussondert, damit wir morgens neu starten können.
Während ich in dieser Nacht schlief, hatte sich mein Unterbewusstsein mit dem Bewusstsein kurzgeschlossen und die Spreu vom Weizen getrennt, die Daten entsprechend platziert und mir einen Blick auf das gestattet, was ich schon viel früher gesehen hätte, wenn mich das innerliche Chaos nicht blind gegen alles gemacht hätte. Am liebsten hätte ich mit der Hand an meine Stirn geschlagen, hätte ich mich nicht in dem empfindlichen Zustand nach einem heftigen Kopfschmerzanfall befunden.
Ich kletterte aus dem Bett – Licht brauchte ich nicht anzuknipsen, ich schlief sowieso bei voller Beleuchtung und sollte das auch in den folgenden Jahren tun – und nahm eine Karte nach der anderen zur Hand, um mir das Copyright-Datum anzusehen. Alle waren ganz neu herausgekommen, wie es sich für eine gute Touristenkarte gehörte, und basierten auf Informationen des letzten Jahres.
Aber hatte mir Barrons neulich nicht erzählt, dass die Stadt einige Viertel, wie unsere verlassene Nachbarschaft, vollkommen »vergessen« hatte? Dass es in diesen
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