Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Körperteile waren regelrecht zerfetztl« Ich zitterte. Ich hasste die Erinnerung daran. Sie verursachten mir Übelkeit. Ich hoffte nur, dass sie bereits tot gewesen war, als sich dieses Ungeheuer über sie hergemacht hatte. Ich glaubte fest daran. Der Anblick ihrer Leiche hatte Mom und Dad in tiefe Verzweiflung gestürzt. Mich auch, aber ich hatte mich wieder aufgerappelt, weil irgendjemand seine Sinne beisammen haben musste.
»Wir haben sie selbst untersucht, Miss Lane. Weder ein Tier noch ein Mensch hat diese Wunden verursacht.«
»Injektionsnadeln auch nicht«, versetzte ich aufgebracht.
»Wenn Sie wieder Platz nehmen würden, könnte …«
»Werden Sie die Ermittlungen wiederaufnehmen, oder nicht?«, wollte ich wissen.
Er hob beide Hände. »Hören Sie, ich kann es mir nicht leisten, meine Männer für Fälle abzustellen, bei denen es keinerlei verwertbare Spuren oder Hinweise gibt, wenn wir bis zum Hals in Arbeit stecken und andere Fälle bearbeiten müssen, bei denen die nötigen Spuren vorhanden sind. In der letzten Zeit sind die Mordraten und Vermisstmeldungen sprunghaft angestiegen.« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Es ist, als wäre die halbe Stadt verrückt geworden. Noch dazu sind wir hoffnungslos unterbesetzt. Wir kommen im Fall Ihrer Schwester einfach nicht weiter und ich könnte es meinen Vorgesetzten gegenüber niemals rechtfertigen, wenn ich meine Leute darauf ansetzen würde. Ich bedauereaufrichtig Ihren Verlust, Miss Lane. Ich weiß, wie es ist, wenn man einen geliebten Menschen verliert, aber ich kann nichts für Sie tun. Ich schlage vor, Sie fliegen nach Hause und helfen Ihren Eltern durch diese schlimme Zeit.«
Und damit war unser Gespräch beendet.
Ich kam mir vor wie ein Versager und hatte das Gefühl, etwas tun zu müssen, womit ich greifbare Resultate erzielte. Deshalb holte ich die Mülltüten, Kartons und den Besen aus meinem Hotelzimmer und hielt ein Taxi an, weil ich den ganzen Krempel unmöglich zu Alinas Wohnung schleppen konnte. Wenn ich schon alles andere nicht fertigbrachte, konnte ich wenigstens den Unrat wegfegen. Das tat ich jeden Abend, wenn das Brickyard schloss – das konnte ich verdammt gut.
Ich heulte wie ein Schlosshund, während ich versuchte, Ordnung in das Chaos zu bringen. Ich weinte um Alina, aus Selbstmitleid und über den Zustand der Welt, in der jemand wie meine Schwester auf so brutale Weise ermordet werden konnte.
Als ich mit Fegen und Weinen fertig war, hockte ich mich im Schneidersitz auf den Boden und fing an, die Sachen in Kisten zu packen. Ich brachte es nicht übers Herz, irgendetwas wegzuwerfen, selbst nicht die Sachen, die in den Müll gehörten, wie zerrissene Klamotten und zerbrochene Kleinigkeiten. Jeder Gegenstand wurde liebevoll verpackt. In vielen Jahren würde ich die Kartons vom Dachboden im Haus meiner Eltern holen und die Sachen gründlicher durchsehen. Vorerst galt für mich: aus den Augen, aus dem Sinn.
Ich blieb den ganzen Nachmittag in der Wohnung und schaffte viel, würde aber trotzdem noch einige Tage brauchen, bis alles aufgeräumt und sauber war, dann konnte ichauch sehen, ob Schäden in der Wohnung entstanden waren, die nicht von der Kaution abgedeckt wurden.
Als ich das Haus verließ, regnete es in Strömen und weit und breit war kein Taxi zu sehen. Da ich keinen Schirm bei mir hatte und halb am Verhungern war, stapfte ich durch die Pfützen und tauchte in den ersten Pub auf dem Weg ab.
Ich wusste es noch nicht, aber damit hatte ich das Kapitel mit den letzten normalen Stunden meines Lebens beendet.
Er saß an einem Tisch knappe vier Meter von meiner Nische entfernt einer kleinen Frau Anfang dreißig gegenüber; ihr aschbraunes Haar reichte gerade bis auf den Kragen. Die beiden fielen mir auf, weil sie ein richtiges kleines Mäuschen war und er atemberaubend gut aussah. Ich meine damit, er war der umwerfend heiße Typ, den man sich, wenn man die Augen schloss, als absoluten Traummann vorstellte. Meist sieht man Pärchen, bei denen es genau andersherum ist: Sie ist die bildhübsche, sexy Betty Boop mit einem Jack Nicholson an ihrer Seite; einem Fabio mit einer Olive Oyl hingegen begegnete man nicht oft.
Groß, gut gebaut, muskulös und sonnengebräunt, und das alles verpackt in ein weißes T-Shirt und eine ausgewaschene Jeans. Dazu langes blondes Haar, das wie gesponnenes Gold glänzte. Sein Gesicht hatte exotischen Model-Charakter mit braunen Augen und vollen, sinnlichen Lippen. Alles an ihm war toll. Er wirkte
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