Im Bann des Vampirs: Fever Saga 1 (German Edition)
Haut und der Pferdeschwanz, den ich mir am Morgen gemacht hatte, hing schlapp hinter meinem linken Ohr. Ja, ich sah verheerend aus.
Ich ließ mir Zeit, um mich wieder in einen einigermaßen passablen Zustand zu versetzen. Als Erstes zog ich mir das T-Shirt über den Kopf und wrang es über dem Waschbecken aus, dann nahm ich eine Handvoll Papiertücher und tupfte den BH, so gut es ging, trocken, eheich das Hemd wieder anziehen konnte. Die blauen Flecke an den Rippen waren noch da, aber sie taten nicht mehr so weh. Ich richtete meine Haare, dann befeuchtete ich weitere Tücher und entfernte vorsichtig die verschmierte Schminke von der zarten Haut rund um die Augen. Dann nahm ich das kleine Kosmetiktäschchen, ohne das eine Südstaaten-Schönheit nie aus dem Haus gehen sollte, aus der Handtasche. (Mom hatte Alina und mir diese kleinen Täschchen mit den notwendigsten Utensilien letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt.) Dann legte ich Feuchtigkeitscreme und ein wenig Puder, Rouge und einen Hauch Eyeliner auf und zog die Lippen mit meinem Moon-Silvered-Pink-Lippenstift nach.
Schließlich öffnete ich die Badezimmertür und prallte gegen Jericho Barrons’ Brust. Und schrie. Ich konnte nicht anders. Es war der Schrei, den ich zurückgehalten hatte, seit mein Blick auf dieses abscheuliche Ding im Pub gefallen war. Der Schrei, den ich in mir behalten hatte, solange es ging.
Er packte mich bei den Schultern – ich glaube, um mir Halt zu geben – und ich trommelte mit den Fäusten auf ihn ein. Keine Ahnung, warum. Vielleicht war ich hysterisch. Oder nur wütend, weil ich allmählich begriff, dass etwas Entscheidendes mit mir nicht stimmte, etwas, das ich nicht zulassen wollte. Wenn sich irrsinnige Dinge um einen herum zu einem Muster zusammenzusetzen beginnen, dann weiß man, dass man in Schwierigkeiten steckt. Und es war seine Schuld. Er war derjenige, der mich überhaupt erst mit diesen unmöglichen Sachen in Zusammenhang gebracht hatte. Ich hämmerte mit den Fäusten auf ihn ein. Er stand einfach nur da und ließ es geschehen. Seine Hände umklammerten meine Schultern und seine dunklen Augen fixierten mein Gesicht. Verstehen Sie mich nicht falsch – erduldete meinen Ausbruch nicht mit Nachsicht, im Gegenteil, er war stocksauer. Aber er ließ zu, dass ich auf ihn einprügelte. Und er schlug nicht zurück. Das wollte, wie ich vermutete, bei Jericho Barrons schon etwas heißen.
»Was haben Sie gesehen?«, wollte er wissen, als ich mich endlich beruhigt hatte. Ich ersparte mir die Frage, wie er darauf kam, dass ich überhaupt etwas gesehen hatte. Wir wussten beide, dass ich nie wieder den Kontakt zu ihm gesucht hätte, wenn ich nicht irgendetwas von ihm gebraucht hätte, was ich sonst nirgendwo bekommen konnte – zum Beispiel Antworten, die ich bei unserer letzten Begegnung nicht hatte hören wollen. Irgendein Geschehnis musste meinen Sinneswandel bewirkt haben.
Ich spürte noch immer seine Hände auf den Schultern. Heute tat seine Nähe eine andere, aber nicht weniger beunruhigende Wirkung. Ich weiß nicht, ob Sie jemals bei einem Unwetter ganz in der Nähe eines umgestürzten Strommasten aus dem Auto gestiegen sind – ich schon. Man spürt die Energie, die die Luft zum Zischen und Knistern bringt, wenn die Kabel vom Sturm gepeitscht werden und auf der Erde aufschlagen, und man weiß, dass man neben roher Gewalt steht, die jede Sekunde mit tödlicher Kraft zuschlagen konnte. Ich versuchte, seine Hände abzuschütteln. »Lassen Sie mich los!«
Er gehorchte. »Sie sind zu mir gekommen, vergessen Sie das nicht.«
Daran würde er mich stets erinnern. Sie hatten die Wahl, rief er mir später ins Gedächtnis. Sie hätten nach Hause fliegen können. »Ich glaube, ich muss mich übergeben«, sagte ich.
»Nein, das werden Sie nicht. Sie möchten es, aber Sie tun es nicht. Mit der Zeit werden Sie sich an dieses Gefühl gewöhnen.«
Er hatte recht. Ich übergab mich an diesem Abend nicht, aber ich hatte ständig das Gefühl, als würde ich jeden Moment, die mit Ketchup getränkten Pommes wieder von mir geben.
»Kommen Sie.« Er führte mich zurück in den Ladenraum und begleitete mich zu dem kamelfarbenen Sofa, auf dem ich schon mal gesessen hatte. Er breitete eine Decke über das Leder aus, um es vor meinen nassen Jeans zu schützen. Bei uns im Süden ist ein Sofa niemals so wichtig wie die Person, die darauf sitzt – das hängt mit der Kleinigkeit zusammen, die man Gastfreundschaft nennt. Es war unmöglich zu
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