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Im Banne des stuermischen Eroberers

Titel: Im Banne des stuermischen Eroberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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ihr aufging, was sie beinahe gesagt hätte und vor wem. Als Stephen sie finster betrachtete, fuhr sie entschuldigend fort: „William hat mir erzählt, seine Mutter sei die Tochter des Schmieds gewesen.“
    „Ich bin die Tochter des Schmieds“, erwiderte Stephens Mutter trocken.
    „Oh.“ Helen schaute zwischen den beiden hin und her und verspürte einen Moment lang Angst. Wenn Stephen gar nicht der machtbesessene Bursche war, der so viel Unrecht getan hatte ...
    „Hat Hethe Euch angewiesen, George zur Strafe die Beine zu nehmen, oder hat er es nicht getan?“
    „Das weiß ich nicht.“
    Helen war hin- und hergerissen zwischen Entgeisterung und Entrüstung. „Was soll das heißen, Ihr wisst es nicht? Hat er den Befehl nun erteilt oder nicht?“
    „Ich habe derlei Befehle erhalten, aye , und sie alle waren von Hethe unterzeichnet.“
    Ihr war, als reiße ihr jemand das Herz aus dem Leib. „Dann war tatsächlich er es, der all diese Dinge angeordnet hat“, murmelte sie und hörte selbst, wie verzagt sie klang.
    „Da bin ich mir nicht sicher.“
    Verwirrt sah sie ihn an. „Aber Ihr habt doch gerade gesagt...“ „Dass diese Befehle auf den Sendschreiben vermerkt waren, die ich von Hethe erhalten habe“, erklärte er bedächtig.
    Verstört schüttelte sie den Kopf. „Das heißt doch wohl, dass er ...“
    „Sofern William nicht niedergeschrieben hat, was er selbst wünschte. Dinge, die Hethe eben nicht angewiesen hat.“
    „William? Weshalb sollte William die Botschaften verfasst haben, die Hethe Euch hat zukommen lassen?“
    „Weil Hethe weder schreiben noch lesen kann.“
    „Wie bitte?“, rief sie verblüfft.
    „Deshalb hat Vater uns doch überhaupt am Unterricht teilnehmen lassen“, meinte Stephen. „Hethe konnte nicht lesen, und Vater hat dies auf Faulheit zurückgeführt. Der Lehrer hat versucht, Vater begreiflich zu machen, dass er derlei schon früher erlebt habe. Dass es keineswegs an Faulheit liegt, sondern Hethe lediglich besonderen Unterricht benötigt. Dass er die Buchstaben manchmal spiegelverkehrt vor sich sieht und Hilfe braucht... Aber Vater wollte nichts davon hören. Stattdessen hat er uns gegen Hethe eingesetzt.“ „Doch Ihr habt ihn gedeckt“, murmelte Helen, als sie sich an das erinnerte, was sowohl William als auch Hethe ihr erzählt hatten. Keiner der beiden hatte ihr allerdings eröffnet, dass Hethe gar nicht lesen und schreiben konnte - nur dass er Schwierigkeiten damit habe.
    „Richtig. Einer von uns, William oder ich, war immer bei ihm und hat für ihn gelesen und geschrieben. Hethe hat stets nur unterzeichnet.“
    „Seinen Namen kann er also schreiben?“
    „ Aye. Auch ein wenig lesen kann er, jedoch nur langsam und mit viel Mühe. Es erleichtert ihm die Sache, wenn einer von uns es tut.“
    „Also war nie er es, der Euch schriftlich seine Befehle mitgeteilt hat?“
    „Nay, das war immer William.“
    „Grundgütiger.“ Sie sank auf die Kante der schmalen Pritsche. „Dann war es die ganze Zeit über William.“
    „Ich fürchte, so ist es.“ Er seufzte unglücklich. „Als ich die ersten dieser Verfügungen erhielt, habe ich ... Nun, ich konnte mir schlicht nicht vorstellen, dass Hethe dahintersteckte. Aber ich hatte nie Gelegenheit, ihn zu fragen. Er war nur selten auf Holden, und wenn, war er für gewöhnlich entkräftet von Kampf oder Reise und hat mich auf später vertröstet. Dann ist er entweder gleich wieder aufgebrochen und hat mir beschieden, ich solle ihm meine Anliegen schriftlich mitteilen, oder William hat mich fortgeschickt, dieses oder jenes zu erledigen, und ...“ Hilflos zuckte er mit den Achseln. „William hat immerzu behauptet, die Befehle stammten von Hethe. Daher habe ich sie nicht missachten können. Und als mich schließlich der Verdacht beschlich, dass William mich vorsätzlich von Hethe fernhielt, sind die Dinge auch schon außer Kontrolle geraten.“
    Als Helen fragend die Brauen hob, fuhr er erklärend fort: „An jenem Vormittag, als Lord Templetun zunächst Euch und später Hethe nach Holden gebracht hat, ist auch William zurückgekehrt. Er hat mich sogleich mit einer unwichtigen Aufgabe ins Dorf geschickt. Auf dem Rückweg zur Burg hat er mich abgefangen und mir mitgeteilt, dass er sich Sorgen um Hethes Geisteszustand mache, dass Hethe immer grausamer werde. Er sagte, er wolle sich mit mir unterhalten, und ich dachte, dass sich die Sache nun endlich aufklären werde. William schlug vor, die Lage bei einem Ausritt zu besprechen,

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