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Im Banne des stuermischen Eroberers

Titel: Im Banne des stuermischen Eroberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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klären, sagte sie sich und glitt vom Pferderücken.
    Kurz verharrte sie, um einen Dolch aus der Satteltasche zu ziehen - sie war keineswegs unvorbereitet aufgebrochen. Die Finger fest um den Griff geschlossen, marschierte sie auf die Tür zu. Davor blieb sie stehen, packte Goliaths Halsband mit der freien Hand und stieß mit der Dolchhand die Tür auf. Krachend flog diese auf, und Licht strömte ins Innere der beengten Kate, die nur aus einem Raum bestand. Licht fiel auch auf den nackten Mann, der sich just vom Bett hochstemmte.
    „Lady Helen!“, stieß Stephen keuchend aus, ehe er zusammensackte.
    Hethe schlug die Augen auf und starrte zum Betthimmel hoch. Er fühlte sich grässlich und fragte sich, was nun schon wieder mit ihm geschehen war. Seine Kehle war wie ausgedörrt; ihm war, als habe er tagelang Wolle im Mund gehabt. So wie damals, als ein Fieber ihn niedergestreckt hatte. War er krank? Er kramte in seinem Gedächtnis auf der Suche nach der letzten bewussten Erinnerung, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm und den Kopf zur Seite drehte.
    William stand mit dem Rücken zu ihm am Fenster und blickte hinaus. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und in die Hüften gestemmt. Seine Miene - soweit Hethe diese ausmachen konnte -war grimmig, seine Stirn unmutig gefurcht.
    „Du wirkst unglücklich.“ Hethe hatte die Worte laut sagen wollen, doch sie kamen als heiseres Flüstern heraus. Ich brauche Wasser, dachte er gereizt. Aber William hatte ihn gehört und fuhr herum.
    „Du bist wach.“ Das schien ihn zu erstaunen.
    „Aye, was ich bedaure.“ Hethe wollte seine Stellung ändern und zuckte zusammen, als sich ihm Schmerz in die Schulter bohrte. Er schaute an sich hinab, erkannte, dass seine Schulter verbunden war, und schloss die Augen. Jetzt erinnerte er sich wieder, dass er angeschossen worden war. Wie war er zurück nach Tiernay gelangt? Das Letzte, dessen er sich entsann, war der Gedanke, er werde dort draußen im Wald sterben, ohne Helen sagen zu können, was er für sie empfand.
    William trat ans Bett, die Miene beunruhigt, und riss Hethe aus seinen Gedanken. Irgendetwas machte William zu schaffen. Gewiss Stephens Verrat, dachte er unfroh. Sie drei waren gemeinsam aufgewachsen und standen sich so nahe wie Brüder. Er selbst jedenfalls hatte Stephen wie einem Bruder vertraut. In all den Jahren hatte er kein Anzeichen von Grausamkeit an ihm entdeckt; kein Anzeichen, das auf den Verrat hingedeutet hätte, der schließlich erfolgt war. Nicht eines. Stephen hatte Gewalt verabscheut. Nie hatte er Gefallen am Kampf gefunden, im Gegensatz zu William und Hethe. Wann immer nötig, hatte er an Hethes Seite gerungen und seine Sache gut gemacht. Stets jedoch hatte er dem Krieg die Verwaltung von Holden Castle und der dazugehörigen Besitzungen vorgezogen. Nie schien er Anstoß daran zu nehmen, zurückzubleiben und sich um alles zu kümmern, während William und Hethe in die Schlacht gezogen waren. Es hatte gar so ausgesehen, als sei ihm dies viel lieber. Der Krieg, hatte er einst erklärt, sei ihm zu blutig. Hatte ihm die unbarmherzige Verstümmelung hilfloser Leibeigener etwa besser gefallen als ein gerechter Kampf?
    Als das bittere Gefühl des Verrats ihn zu überwältigen drohte, regte Hethe sich verärgert und rang mit den Decken und Fellüberwürfen, um sich aufzusetzen.
    William musterte ihn zögernd, ehe er seinen schwachen Bemühungen ein Ende setzte, indem er ihm eine Hand auf die unversehrte Schulter drückte. „Du bist zu kraftlos. Bleib liegen, ruh dich aus.“ Seufzend gab Hethe den Versuch auf, eine würdevollere Haltung einzunehmen, und gestattete seinen geschwächten Muskeln, sich wieder zu entspannen. Er hätte sich ohnehin nicht aufsetzen können; schon jetzt zitterte er vor Anstrengung.
    „Also.“ Er seufzte, nachdem er wieder zu Atem gekommen war. Der bloße Versuch, sich aufzurichten, hatte ihm die Luft genommen. „Weshalb so niedergeschlagen? Werde ich sterben?“
    William zauderte und zuckte schließlich mit den Schultern. „Wie es aussieht, hast du wieder einmal überlebt. Du bist der glücklichste Bastard, den ich kenne.“
    Hethe schnitt eine Grimasse, denn besonders glücklich fühlte er sich derzeit nicht. Immerhin war er unter die Hufe eines Pferdes geraten, niedergeschlagen und die Treppe hinuntergestoßen sowie niedergeschlagen und von der Wehrmauer geschubst worden, um schließlich im Wald angeschossen und vermeintlich tot zurückgelassen zu werden. Vermutlich kam

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