Im Banne des stuermischen Eroberers
der königlichen Order nicht entziehen könne und sie daher ihre Zeit verschwende. Entnervt verzog er das Gesicht. Auseinandersetzungen lagen ihm nicht - zumindest nicht solche, die mit der Stimme ausgetragen wurden. Er führte das Schwert, als wäre er damit zur Welt gekommen, und schreckte vor keinem Kampf zurück. Aber Streitereien waren eine andere Sache, denn er war stets um Worte verlegen. Die Zunge seines Vaters war messerscharf gewesen, was Hethe als Heranwachsender wiederholt zu spüren bekommen hatte. Hatte er widersprochen, war er geschlagen worden. Als er endlich das Mannesalter erreichte, schien seine Zunge nicht mehr als ein schlaffes Stück Fleisch in seinem Mund zu sein, wenn es darum ging, sich zu verteidigen. Dabei wusste er immer genau, was er sagen wollte - nur schien er nicht in der Lage, dies auch in Worte zu fassen.
Früher hatte ihn dieses Unvermögen sehr gestört. Vermutlich empfand er nach wie vor so, aber zumeist mied er Wortgefechte und verließ sich auf sein Kampfgeschick. Eben dieses, beschloss er spontan, würde er auch jetzt einsetzen.
Obwohl er bereits einmal vermählt gewesen war, war er nicht sehr bewandert in der Rolle des Gemahls. Dies hier allerdings - dies war ein Krieg, und wenn es eines gab, was er, der Lord of Holden, beherrschte, dann die Kriegskunst.
Leise lachte Hethe in sich hinein, bis ihn ein beharrliches Jucken aus seinen Gedanken riss. Seufzend wandte er sich vom Bett ab und schritt zu dem wackligen Stuhl hinüber. Dort konnte er sich durch Kratzen Erleichterung verschaffen, während er sich seine Strategie zurechtlegte.
Als Helen aus der Küche trat, sah sie Lord Holden die Treppe herunterkommen und die Große Halle betreten. Kurz zögerte sie und wünschte, ihre Tante sei hier. Aber die hatte sich für ein Nickerchen zurückgezogen, um gestärkt in den „eigentlichen Kampf“ zu gehen, wie sie es ausgedrückt hatte. Also setzte Helen eine überraschte Miene auf - die sie in den Tagen vor Lord Holdens Ankunft geübt hatte - und eilte besorgt dreinblickend zum unteren Treppenabsatz.
„Ist etwas nicht in Ordnung, Mylord? Könnt Ihr nicht schlafen?“
Lord Holden strahlte sie an. „Ich habe es gar nicht erst versucht. Das Bad hat mich so sehr belebt, dass ich nun hellwach bin.“
Helen spürte ihr Lächeln schwinden, riss sich jedoch zusammen und hielt es aufrecht. „Oh, also ... Ist das nicht hervorragend? Habt Ihr ...? Würdet Ihr gern ...?“ Rasch schaute sie sich in der Großen Halle um und rang die Enttäuschung darüber nieder, dass er den besten Teil ihres Plans verpasst hatte - das verflohte Bett. Na, dann wird er eben heute Abend Bekanntschaft mit den Flöhen machen, beschwichtigte sie sich und überlegte, wie sie ihn bis zum Nachtmahl beschäftigen sollte. „Möchtet Ihr etwas trinken?“, bot sie ihm an, weil ihr nichts Besseres einfiel. Helen hasste es, wenn etwas nicht wie geplant lief. Es wurmte sie, dass dieser Kerl sich nicht einfach wie erwartet ins Bett gelegt hatte.
„Oh, sehr gern. Etwas mehr von dem köstlichen Bier wäre wunderbar.“
Helen fuhr ruckartig herum. Köstliches Bier? Heiliger Strohsack! Hatte er denn keinen Geschmackssinn? Dabei war sie so sicher gewesen, dass vorhin alles reibungslos verlaufen war. Das Bier sowohl in ihrem als auch in seinem Becher war sauer und schal gewesen. Der Käfer in seinem Gefäß war natürlich absichtlich hineingegeben worden, wobei sie allerdings erwartet hatte, dass Lord Holden das arme Tier entdecken und nicht fast schlucken würde. Und ihren eigenen Becher hatte sie ihm angeboten, um zu gewährleisten, dass er sich nicht an Templetuns oder Williams Bier vergriff. Den beiden war nämlich ein gänzlich anderes Gebräu kredenzt worden.
Und nun erklärte der Mann ihren raffinierten Betrug zu köstlichem Bier, und, herrje ...
„Ist etwas nicht in Ordnung, Mylady?“
Helen zuckte zusammen, als sie merkte, dass sie viel zu lange in ihre Grübeleien vertieft gewesen war. Sie räusperte sich, rang sich ein Lächeln ab und ging Lord Holden voran durch die Halle. „Keineswegs, Mylord. Bitte, setzt Euch doch. Ich werde das Gesinde anweisen, Euch Bier zu bringen.“
Ohne ihn noch einmal anzusehen, hastete sie zur Küchentür und stieß sie auf. Sobald die Tür hinter ihr zufiel, verfinsterte sich ihre Miene bedrohlich.
„Mylady?“ Sofort war Ducky bei ihr und blickte sie bang an. „Ist etwas vorgefallen?“
„Aye. Lord Holden wünscht mehr von unserem köstlichen Bier.“ Sie sprach die
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