Im Banne des stuermischen Eroberers
anzuwinkeln und die plötzlich juckende Wade mit den Fingernägeln zu bearbeiten. Kaum war dies geschehen, als er das andere Bein anwinkeln musste, weil der Juckreiz ihn jetzt am Knöchel quälte.
Nun war er hellwach, seine Müdigkeit verflogen. Jäh ziepte es am anderen Fuß, genau oberhalb des großen Zehs. Du lieber Himmel, jetzt war es sein Handgelenk. Er zog den Arm unter den dünnen Überwürfen hervor und kratzte sich gereizt. Als er am Handgelenk eine kleine Beule mit einer blutigen Mitte entdeckte, verharrte er in der Bewegung. Das ist der Biss eines Krabbeltiers, ging ihm empört auf. Hethe starrte kurz darauf, bis ihn das lästige Jucken an anderen Stellen erneut ablenkte. Mit einem Mal versteifte er sich und schlug die Überwürfe zurück.
Entsetzt riss er die Augen auf, als er die winzigen schwarzen Punkte sah, die umherhüpften. Sie waren nur auszumachen, wenn sie sich bewegten. Einer sprang Hethe vom Laken aufs Bein, ein anderer hopste ihm vom Knöchel auf die Wade. Schon auf den ersten Blick entdeckte er mehr als ein Dutzend von ihnen - sie sprangen und hüpften überall.
Flöhe! Das ganze Bett war davon befallen, und sie hatten ihn zu ihrer Mahlzeit erklärt! Diese Erkenntnis ließ ihn seine Liegestatt fluchtartig verlassen, wobei er sich mit den Füßen in den Decken verfing. Das allerdings bremste ihn nicht, sondern nahm ihm nur den Schwung, sodass er hart neben dem Bett auf dem Boden aufschlug.
Fluchend befreite sich Hethe aus den Überwürfen und setzte sich auf, wobei er wachsam das Bett beäugte, als erwarte er, von einer ganzen Armee der winzigen hüpfenden Plagegeister überrollt zu werden. Doch die Flöhe waren in Deckung gegangen. Auf dem Bett war nichts zu sehen außer einem kleinen dunkelbraunen Viereck. Vorsichtig kam er auf die Beine, beugte sich über die Matratze, um den Gegenstand näher zu mustern, und erstarrte. Das Viereck war ein Stück Fell - und darauf wimmelte es von Flöhen.
Abrupt richtete er sich auf und starrte den Stein des Anstoßes entgeistert an, während er zu begreifen versuchte, was es damit auf sich hatte. Er ließ den Blick durch die Kammer schweifen und betrachtete abermals das Fenster ohne Bespannung, den kalten Kamin und das Bad, das zunächst sengend heiß und dann eiskalt gewesen war. Auch die alte Hexe, das Bier, das fehlende Trockentuch und der Mundgeruch seiner Braut kamen ihm erneut in den Sinn. All dies verband sich plötzlich zu einem Gesamtbild.
Ungläubig lachte Hethe auf. Lady Tiernay, dieses gerissene Luder, schickte sich keineswegs so fügsam in die Ehe, wie sie einen jeden glauben machen wollte. Sie konnte sich dem Befehl zu heiraten nicht widersetzen und durfte ihre Abneigung nicht offen zeigen, und daher bediente sie sich einer anderen Strategie - nämlich der, ihre Gäste mit Kalkül zu schikanieren.
Womöglich in der Hoffnung, er werde sich gegen die königliche Anweisung verwehren. Zweifellos wünschte sie sich, dass er dagegen anging, und tat alles, um ihn eben dazu zu bewegen. Aber sie täuschte sich; er stand dem Befehl ebenso hilflos gegenüber wie sie. Wenngleich die Dame alles andere als hilflos ist, dachte er spöttisch. Sie hatte nicht nur den Schwefelatem eines Drachen, sondern auch die Klauen eines solchen Untiers. Als ihm dies bewusst wurde, ging es ihm gleich besser. Lady Helen of Tiernay war nicht auf den Kopf gefallen.
Hätte er die Wahl gehabt - wovon seine Braut offenbar ausging -, wäre ihr Plan vermutlich sogar aufgegangen. Wahrscheinlich hätte er alles getan, um sich der Ehe zu entziehen. Lady Helen hätte auf keine bessere Taktik sinnen können, um ihn abzuschrecken. Wahrlich nicht. Eine hässliche Gemahlin? Nun, in diesem Fall konnte ein Mann immer noch die Kerze löschen oder die Augen schließen. Eine fette Gemahlin? Auch hier half es, einfach die Augen zuzumachen ... und zudem hatten mollige Damen ihre Vorteile, boten sie doch ein weiches Ruhekissen. Ein widerspenstiges oder zeterndes Weib ließ sich prügeln oder auf den Tauchstuhl setzen, um es zu mehr Umgänglichkeit anzuhalten. Aber eine schöne Frau, die derart furchtbar stank? Das musste einen jeden Mann verzweifeln lassen. Die Kerze löschen oder die Augen schließen half hier nicht - ebenso wenig wie ein ganzer Badezuber voll Rosenwasser.
Aye , sie war gewieft. Offenbar besaß sie nicht nur Schönheit, sondern auch Verstand. Wie jedoch sollte er sich jetzt verhalten? Natürlich hätte er sie zur Rede stellen und ihr sagen können, dass auch er sich
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