Im Banne des stuermischen Eroberers
würde ihn gewinnen. Er hatte bislang keinen einzigen Krieg verloren. Eine Schlacht vielleicht, aber niemals einen Krieg ... Noch nicht.
Gerade hatte er sich in seinem Eigenlob gesonnt, als das Portal zum Wohnturm aufschwang und Lady Helens Kammerfrau mit dem riesigen zotteligen Wolfshund hereinkam, der bei Hethes Ankunft auf der Treppe gesessen hatte. Die Kammerfrau blickte - ein wenig bang, wie Hethe fand - zur Tafel herüber, ließ den Hund los, huschte rasch wieder hinaus und zog das Portal hinter sich zu.
Hätte ihn nicht schon die Miene der Magd davor gewarnt, dass etwas im Busch war, so wäre ihm spätestens Lady Helens Gebaren Hinweis genug gewesen. Als sie das Tier erspähte, entspannte sie sich lächelnd.
„Oh, schaut! Da ist Goliath. Ihr solltet ihn kennenIernen, Mylord.“ Lächelnd erhob sie sich und ging dem Zotteltier entgegen, das auf sie zusprang. „Kommt.“
Hethe zögerte, denn er argwöhnte, dass er es bereuen würde. Andererseits gab ihm sein Plan vor, so widerlich willfährig zu sein, wie er nur konnte. Also entschloss er sich, dem Untier das Genick zu brechen, sollte Lady Helen es darauf abgerichtet haben, auf Kommando zu beißen. Wachsam kam er auf die Füße und gesellte sich zu ihr. Ihr Lächeln wurde breiter, und als Hethe die hämische Befriedigung in ihrer Miene sah, wusste er, dass er tatsächlich einen Fehler begangen hatte.
„Sieh nur, Goliath - Lord Holden!“, rief sie ausgelassen und berührte Hethe am Arm. Der Hund bellte aufgeregt und jagte auf ihn zu. Einen Moment lang glaubte Hethe, sie habe ihn tatsächlich darauf abgerichtet, ihm an die Gurgel zu gehen. Das Tier sprang, und Hethe war drauf und dran, das hechelnde Biest bei seinem tumben Schädel zu packen und ihm wirklich das Genick zu brechen, als er Lady Helen neben sich begeistert juchzen hörte.
„Ach, seht nur, er mag Euch! Ist das nicht schön?“
Hethe erstarrte und richtete seine Aufmerksamkeit auf das, was der Hund tat. Goliath fiel ihn keineswegs an - zumindest nicht mit den Zähnen. Der verfluchte Köter seiner Braut war dabei, sein Bein zu beglücken!
5. Kapitel
Erschöpft begab sich Hethe am nächsten Morgen nach unten. Im Hinblick auf seinen Plan hatte er tags zuvor gute Fortschritte erzielt - nachdem Goliath mir seine Zuneigung bekundet hat, dachte er angewidert. Nie zuvor in seinem Leben war er so schreckensstarr gewesen wie in jenem Augenblick. Immer noch war er überzeugt davon, dass er, entgegen seiner Natur, sein Vorhaben aufgegeben und Lady Helen stattdessen erwürgt hätte, wäre nicht just in dem Moment Lord Templetun nach unten in die Große Halle gekommen.
Lady Helen hatte ihn als Erste ausgemacht und sogleich Goliath von Hethes längst eingeschlafenem Bein fortgezerrt, um sich hastig an der Tafel niederzulassen, ihren liebestollen Höllenhund zu Füßen. Hethe hatte wie versteinert dagestanden und sie von hinten mit einem wütenden Blick erdolcht, während er versucht hatte, seinen Zorn zu zügeln.
Als er sich endlich wieder in der Gewalt hatte, war Templetun auch schon fast bei ihm gewesen. Hethe hatte sich vorgenommen, Lady Helen für diesen bösen Streich büßen zu lassen. Er begrüßte den Boten des Königs recht unterkühlt und begab sich zurück zur Tafel, entschlossener denn je, seine Braut mit falschen Schmeicheleien zu überhäufen. Und eben das tat er: Er ertränkte sie regelrecht in Komplimenten, mit denen er ihren Atem, Speisen und Bier sowie all die übrigen unfeinen Waffen rühmte, die in dieser gegen ihn gemünzten Schlacht zum Einsatz kamen. Wobei seine „Komplimente“ allesamt halbherzig verhohlene Beleidigungen waren.
Begierig hatte er das Funkeln in ihren Augen ausgekostet, nachdem er angemerkt hatte, dass ihr Haar schimmere, als ob sie es mit Fett einreibe. Ihre Lippen wirkten so geschwollen, als habe eine Biene hineingestochen. Wie reifes Obst, ja überreif gar ... Wie Fallobst... Und wie alt sie eigentlich sei?
Müde lachte er in sich hinein, als er sich ins Gedächtnis rief, wie erbost sie darüber gewesen war. Bemerkungen über ihr Alter nahm sie keineswegs gut auf; offenbar war dies ihr wunder Punkt. Im Grunde hätte sie längst verheiratet sein und drei oder vier Kinder haben sollen. Das hätte dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprochen. Und doch war sie mit ihren zwanzig Jahren noch immer unvermählt und sich dessen sehr wohl bewusst. Fast hätte er sich dafür verachtet, weil er diesen Umstand gegen sie ins Feld führte - vor allem, weil dieser sich
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