Im Bannkreis Des Mondes
er spürte eine tiefgreifende Veränderung.
Er konnte nicht anders, als Abigail in seine Arme zu ziehen und sie festzuhalten, bis ihr Duft sich mit seinem vermischte. Ihre Körper schmiegten sich aneinander, als sei es so von jeher vorherbestimmt.
Dann küsste er sie. Weil er es konnte. Nein: weil er nicht anders konnte.
Sobald seine Lippen ihre berührten, überschwemmte ihn erneut die Hitze. Er hörte in seinem Kopf etwas, das wie ein leises Seufzen klang. Fühlte sein Wolf sich so zu ihr hingezogen, dass das Tier in ihm so völlig anders als sonst klang?
Diese Aussicht war alles andere als angenehm. Es fühlte sich zu sehr nach Schwäche an.
Schwäche war ihm ein Gräuel.
Er verbot sich, die Süße ihrer Lippen voll auszukosten, und machte einen Schritt zurück.
Sie schaute zu ihm auf. Er wusste nicht, wie er den Blick deuten sollte, mit dem sie ihn musterte. Und er weigerte sich, zu viel Zeit mit dieser Frage zu verschwenden.
Er wandte sich von ihr ab, um die Verbindung zu trennen, die er spürte. Er riss das Laken vom Bett. »Jetzt wird deine Mutter nichts mehr zu beanstanden haben.«
Er stürmte aus der Hütte und warf dem Baron das blutige Laken vor die Füße. Lady Hamilton bückte sich danach und unterzog es auch dann noch einer sorgfältigen Untersuchung, als Talorc in den Sattel stieg und sich suchend umschaute. War seine Frau ihm gefolgt? Ja. Er beugte sich herab und umfasste sie. Ohne zu protestieren, ließ sie sich von ihm heraufheben und vor sich in den Sattel setzen.
Er gab seinen Leuten das Zeichen zum Aufbruch. Sie ließen ihre Pferde in den Galopp fallen und lenkten sie nach Norden … in Richtung Heimat.
Abigail konzentrierte sich vor allem darauf, nicht vom Rücken des riesigen Pferdes zu fallen, das Talorc ritt. Ihre Nervosität ließ erst nach, als sie realisierte, dass sein Arm wie ein eisernes Band um ihre Taille lag und sie hielt. Die Pferde galoppierten so schnell, dass die grüne Schönheit der Landschaft kaum mehr als ein Flirren war.
Sie war noch nie zuvor so schnell geritten. Es war eine höchst beglückende Erfahrung.
Obwohl die Hochzeit und die anschließende Beinahe-Entjungferung eine traumatische Erfahrung für Abigail gewesen waren, konnte sie das selige Lächeln nicht unterdrücken, das sich auf ihr Gesicht legte. In ihr stieg ein übermütiges Lachen auf. Erst als der Körper, an den sie gepresst wurde, sich hinter ihrem Rücken überrascht versteifte, bemerkte sie, dass es kein stummes Lachen war.
Sie legte den Kopf in den Nacken und wandte sich zu Talorc um. Tatsächlich lag ein fragender Ausdruck auf seinen düsteren, attraktiven Zügen.
»Was ist los?«, fragte sie.
»Wieso lachst du?«
»Ich glaube, es gefällt mir, schottische Pferde zu reiten, mein Laird.«
»Das ist nicht bloß ein Pferd. Es ist ein Tier, das eines Chrechtekriegers würdig ist.«
Seine Arroganz brachte sie erneut zum Lachen. »Zweifellos.«
Hätte sie doch so viel Selbstvertrauen wie er! Abigail hatte so viel Zeit ihres Lebens damit verschwendet, sich davor zu fürchten, jemand könnte ihr wahres Wesen enthüllen, dass sie in der Gegenwart anderer Menschen fast alles Selbstvertrauen verlor. Aber just in diesem Augenblick empfand sie eine unverfälschte Freude, weil sie sich so rasch von einem Leben und einer Familie entfernte, die ihr immer und immer wieder Schmerzen zugefügt hatten.
»Du überraschst mich, Mädchen.«
»Vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen?« Sie konnte kaum glauben, dass sie so kühn sprach. Aber Abigail fühlte sich freier als in all den Jahren, seit sie als verängstigtes Kind in einer verstummten Welt aufgewacht war.
»Aye.« Er schaute sie ernst an. »Ich glaube, das ist es tatsächlich. Ich werde dich schon nicht auffressen, Mädchen.«
»Die Highlander sind also Kannibalen?«, fragte sie belustigt. Sie wusste, dass das nicht stimmte.
Er starrte sie an, als nähme er sie zum ersten Mal richtig wahr. »Nein. Aber meine Leute haben nur wenig Verständnis, wenn jemand Schwäche zeigt.«
»Du glaubst, ich bin schwach?« Sie wusste nicht, warum sein Urteil sie überraschte. Schließlich arbeitete sie hart an sich, um nicht aufzufallen. Es wäre in der Tat ein Schock, wenn er die Frau erkannte, die hinter der Fassade schlummerte. Statt also beleidigt zu sein, dass er sie so einschätzte, empfand sie fast so etwas wie Erheiterung.
Allerdings ließ sie ihn diesmal nicht sehen, wie sehr es sie amüsierte.
»In dir wohnt eine Menge Angst.«
Das konnte sie
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