Im Bannkreis Des Mondes
ihre Geste respektiert. Sie hatte es in seinen Augen gesehen. Dieses unbeschreibliche Blau, das Anerkennung und Wärme verströmt hatte, wenngleich nur für einen kurzen Moment. Eines Tages, vermutlich früher als später, würde dieses Blau eiskalt und verachtend werden – wenn er ihr Geheimnis entdeckte.
Und es gab absolut nichts, was sie dagegen tun konnte.
Talorc wusste nicht genau, was seine junge Braut dazu gebracht hatte, sich wieder ganz in ihre Gedanken zurückzuziehen. Aber er musste sich widerstrebend eingestehen, dass es ihm nicht gefiel.
Er hatte es genossen, wie viel Gefallen sie am Ritt fand. Und ihr Lachen hatte einfach wunderbar geklungen. Er schüttelte den Kopf. Er wurde noch so närrisch, wie sie es behauptet hatte, wenn er jetzt schon glaubte, das Lachen einer Engländerin würde wunderbar klingen.
Aber schließlich war sie jetzt keine Engländerin mehr, oder? Sie war sein.
Zumindest behaupteten das sein Wolf und sein König einhellig.
Das Tier in ihm hatte bisher noch nie so schnell und bestimmt jemanden für sich beansprucht. Weder die Mitglieder seines Rudels noch die seiner Familie. Der Wolf heulte, als sie endlich die Grenze zum Land der Sinclairs erreichten. Endlich konnte er Abigail auf die ursprüngliche und unwiderrufliche Art für sich beanspruchen. Worte konnte man von sich weisen. Aber wenn er seinen Körper mit ihrem vereinigte, war dies ein Akt, der nicht ungeschehen gemacht werden konnte.
Als Talorc den Männern befahl, für die Nacht anzuhalten, war Abigails Freude am schnellen Ritt einer dumpfen Erschöpfung gewichen. Sie hatten im Laufe des Tages lediglich zweimal Halt gemacht, um die Pferde zu tränken. Nur bei einer dieser Gelegenheiten waren sie aus dem Sattel gestiegen, um Brot und Käse zu sich zu nehmen, aber auch diese Rast lag bereits Stunden zurück. Doch auch wenn sie jetzt der Hunger plagte, war Abigail zu müde, um an Essen zu denken.
Sie stolperte in den Wald und erledigte rasch ihre Notdurft. Als sie zu den Männern und den Pferden zurückkehrte, waren Niall und ein anderer Krieger damit beschäftigt, ein kleines Zelt aus Tierhäuten zu errichten.
Er bemerkte sie, als sie sich näherte, und nickte ihr zu. Seine finstere Miene blieb unverändert, aber in seinen grauen Augen lag etwas Verständnisvolles, das sie beinahe zu Tränen rührte.
»Ich dachte, Highlander schlafen unter dem Sternenzelt«, fand sie schließlich die Kraft, ihn zu necken.
Er lächelte. Die Narben auf seiner linken Gesichtshälfte verzerrten sich zu einer hässlichen Grimasse. »Das ist für Euch, englisches Mädchen.«
»Oh.« Sie schluckte die unerklärlichen Tränen herunter. »Danke.«
Er zuckte mit den Schultern. Sie beschloss, das müsse wohl die Art sein, wie ein schottischer Krieger antwortete, wenn er sich nicht mit Worten aufhalten wollte.
Nachdem der andere Krieger zum Schluss noch Felle in das Zelt geschafft hatte, damit sie in der Nacht weich lag, zog auch er sich zurück. Und erst jetzt fiel der erschöpften Abigail ein, wie unhöflich es von ihr war, dass sie Niall nicht gebeten hatte, sie mit dem Mann bekannt zu machen. Als sie ihn darauf ansprach, warf ihr der große narbige Kämpfer einen merkwürdigen Blick zu.
»Talorc wird sie alle schon früh genug mit Euch bekannt machen.«
»Oh.« Sie wusste nicht, was das bedeutete. Aber sie war zu müde, um länger darüber nachzudenken.
Sie wandte sich dem Zelt zu und stolperte. Niall war schneller zur Stelle, als sie für möglich gehalten hätte. Er bewahrte sie davor, aufs Gesicht zu fallen.
Dankbar blickte sie zu ihm auf. »Ich danke Euch.«
Er hielt ihren Arm umfasst. Offenbar war er besorgt, sie könne erneut stolpern. »Geht es Euch gut?«
Wann hatte sie das zuletzt jemand gefragt? Die Chrechtekrieger mochten nicht besonders zivilisiert sein, aber sie waren um ihr Wohlergehen besorgter als ihre eigene Familie.
Abigail brachte ein Lächeln zustande, das so schwach ausfiel, wie sie sich fühlte. »Ich bin nur müde. Es waren zwei … komplizierte … Wochen.«
»So ist das, wenn Frauen sich auf ihre Vermählung vorbereiten. Habe ich gehört.« Er ließ ihren Arm los, blieb aber dicht neben ihr stehen, um jederzeit wieder beispringen zu können, wenn sie ihn brauchte.
»Ich habe nicht gewusst, dass ich mich auf meine Vermählung vorbereite. Ich habe geglaubt, ich reise nach Schottland, um meine Schwester Emily zu besuchen.« Sie war nicht sicher, warum sie ihm das erzählte. Vielleicht war es ihr Wunsch, so
Weitere Kostenlose Bücher