Im Bannkreis Des Mondes
ehrlich wie möglich zu sein. Wahrscheinlicher war aber, dass sie diesem großen vernarbten Krieger einfach vertraute. Schon nach einem Tag war er wie ein Freund für sie. Und das nur, weil ihr Herz ihr sagte, sie könne ihm vertrauen.
»Die Frau des Balmoral?«, fragte er. In seinen Augen las sie so etwas wie Verblüffung.
»Ja.«
»Das verstehe ich nicht. Euer Vater hat seinen König doch gebeten, Wiedergutmachung leisten zu dürfen, nachdem sie den falschen Laird geheiratet hatte. Eure Heirat mit unserem Anführer war daher nur noch eine Frage der Zeit. Zumindest was unser beider Monarchen angeht.«
»Das habe ich nicht gewusst.«
Niall blickte sie mitleidig an. In seinem Blick lag ein Ausdruck, der ihr sagte, dass es richtig war, ihm als Freund zu vertrauen: Verständnis.« Wann habt Ihr von Eurer Hochzeit erfahren?«
»Am Tag vor unserer Abreise.«
Jetzt sah Niall wütend aus. Er nickte, als habe Abigail etwas bestätigt, das er längst befürchtet hatte. Plötzlich wandte er den Blick von ihr ab und richtete ihn auf etwas hinter Abigails Rücken.
Kapitel 5
A bigail drehte sich um. Direkt hinter ihr stand ihr Ehemann. Normalerweise war sie sich der Menschen um sich herum bewusster. Es musste ihre Erschöpfung sein, die sie unachtsam werden ließ.
»Hallo Talorc.«
»Ich werde mich nicht entschuldigen.«
»Ich werde dich auch nicht darum bitten«, gab sie zurück und überlegte, warum er dachte, sie erwarte das von ihm.
»Es war ihre Idee, nicht wahr?«
Ah, darum ging es: Er hatte ihr Gespräch mit Niall mit angehört und natürlich die richtigen Schlüsse gezogen: dass Abigail die Machenschaften ihrer Mutter lange verborgen geblieben waren. Vielleicht hatte er Sybil auch wieder beschimpft?
Abigail kümmerte Letzteres nicht. »Ja. Sie hielt es für unnötig, mich in die Pläne für meine Zukunft einzuweihen.«
Keiner der beiden Männer fragte Abigail, warum ihre Mutter sie so behandelte. Gott sei Dank. Vermutlich erklärten sie sich Sybils grausames Verhalten damit, dass von einer Engländerin nichts anderes zu erwarten war.
Talorc verzog das Gesicht. »Als ich die erste Ehe meiner Schwester ausgehandelt habe, habe ich ihr davon erzählt, nachdem alles arrangiert war.«
Emily hatte Abigail stets daran erinnert, dass nicht nur die Worte bedeutsam waren, die jemand sagte. Auch der Tonfall war wichtig. Abigail konnte sich nicht daran erinnern, wie Stimmen klangen. Sie wusste aber, dass die Mimik eines Menschen ihr manches verriet, wenn sie nur aufmerksam genug darauf achtete.
Talorcs Miene war eine Mischung aus Zorn und Rechtschaffenheit. Beides schien nicht so recht zu seinen Worten zu passen.
»Das geschah in derselben Nacht, in der er sie mit seinem Stellvertreter verheiratet hat«, fügte Niall mit einem Zwinkern hinzu.
Nun, das erklärte natürlich alles. Talorc wollte nicht, dass sie glaubte, er sei um kein bisschen besser als die Engländerin, die er so freimütig eine Hexe schimpfte.
»Das war etwas ganz anderes. Ich habe nicht ihre Ehe mit einem Fremden aus einem fremden Land vereinbart. Caitriona kannte Sean, seit sie ein kleines Kind war, und sie mochten einander.« Aber etwas an Talorcs Gesichtsausdruck verriet Abigail, wie schuldig er sich allen Beteuerungen zum Trotz wegen dieses Vorgehens fühlte.
Und dafür mochte sie ihn. Es war ihm nicht egal, ob er seiner Schwester vielleicht Schmerzen zugefügt hatte. Das war schon mal etwas. Abigail konnte sich daran klammern, wenn sie an ihre eigene Zukunft dachte. Sie schöpfte Hoffnung.
»Das erste Mal, als sie vermählt wurde?«, fragte sie.
»Sean starb im Kampf. Cait hat danach Drustan geheiratet. Er ist der Stellvertreter des Balmoral.«
»Kein Wunder, dass ihr jetzt Verbündete seid.«
Niall schnaubte. Es war ein Ausdruck von Unglauben, den Abigail schon zu oft beobachtet hatte, um ihn nicht zu erkennen. Talorc warf seinem Soldaten einen harten Blick zu, der jedoch nur wenig Wirkung zeigte.
»Deine Schwester und meine Schwester hätten es nicht anders gewollt«, sagte Talorc schließlich.
Hinter dieser Bemerkung steckte offenbar mehr, als er jetzt sagen wollte, aber eine Wahrheit interessierte Abigail mehr als alle anderen. »Dann hast du auf die beiden gehört?«, fragte sie ehrlich überrascht.
Ihr Stiefvater hätte nie offen zugegeben, auf den Rat einer Frau zu hören. Auch dann nicht, wenn dieser Rat von Sybil kam.
»Es war eine gute Allianz, die sich mir da bot.«
»Aye, das war’s«, bestätigte Niall und sah
Weitere Kostenlose Bücher