Im Bett mit
darin Hof hielt, was selten genug der Fall war. Dadurch sollte dem Volk demonstriert werden, dass mit der königlichen Ehe alles zum Besten stand und dass die ersehnte Ankunft eines Thronfolgers getrost erwartet werden konnte. Tatsächlich allerdings war die königliche Bettpräsentation nichts weiter als ein Theatercoup. Denn waren die Bettvorhänge hinter dem letzten Besucher gefallen, begab sich seine Majestät schnurstracks in seine private Schlafkammer, um sich, von einem diskreten Kammerdiener betreut, zum Schlafen zurückzuziehen. Sein Bett darin war wohl nur weniger prächtig, hatte aber den Vorteil, dass er darin auf Wunsch jederzeit eine geeignete Schlafgefährtin vorfand, wenn er es nicht vorzog, in das ebenfalls pompöse und höchst private Bett einer seiner offiziellen Mätressen zu steigen.
Die große Bedeutung des Königsbettes findet sich im Krönungszeremoniell bestätigt: Der König musste im Bett liegen, wenn seine Herren eintraten und ihn aufforderten, aufzustehen und sich zur Krönung vorbereiten zu lassen. Der königliche Bettenkult reicht weit in die Vergangenheit zurück. Ludwig XII. hatte vom Bett aus Recht gesprochen, was diesem Möbel den Ehrentitel
lit de justice
eintrug und Friedrich Schiller zu dem pikanten Bonmot veranlasste: Das Bett der Gerechtigkeit ist das Bett, in dem die Gerechtigkeit schläft.
Was für den König recht war, wurde es auch für seine Untertanen, und so wurde das Schlafzimmer ganz allgemein ein Ort der Repräsentation, jedenfalls der am reichsten ausgestattete Raum der Wohnung. Adel wie wohlhabende Bürger gaben Unsummen für ein kunstvoll gestaltetes Bett aus, und weil alle Welt das Theater und vor allem die spezielle Erfindung des Barock, die Oper, liebte, konnte zur Zeit des englischen Königs Charles II. Nell Gwynne, eine extravagante Schauspielerin, die es zur Mätresse des Königs gebracht hatte, sich ein Bett leisten, das mit getriebenen Silberfiguren und einem verspiegelten Baldachin geschmückt war.
Überhaupt bot das Bett vor allem den Damen reichlich Gelegenheit, sich darin zu präsentieren. Sie empfingen im oder besser auf dem Bett ihre Freunde und Bekannten, flirteten mit ihren Verehrern, plauderten geistreich und ließen sich währenddessen von ihren Zofen bedienen. Im 18. Jahrhundert, als das kraftvoll ausschweifende und zuweilen bizarre Barock in das tändelnd verspielte Rokoko überging, wurden all diese Aktivitäten aus dem ursprünglichen Schlafzimmer in das Boudoir verlegt. Das eigentliche Bett rückte in den Hintergrund und verbarg sich hinter einem Schwall von prächtigen Vorhängen, während sich die Damen – in verführerischem Morgengewand, versteht sich – malerisch auf einer Chaiselongue, einem eleganten Tagesbett, räkelten und, umgeben von einer Schar Bediensteter, Händler und Verehrer ihr Möglichstes taten, um mit ihren Reizen zu paradieren. Zuweilen erschien auch der Gatte zu dieser äußerst koketten weiblichen Selbstdarstellung, doch im Allgemeinen schliefen die Paare getrennt. Der Ehemann verbrachte im Galanten Zeitalter seine Nächte nur selten mit seiner angetrauten Frau, die ihrerseits sich öffentlich lieber mit einem ihrer Galane zeigte. Im späten 18. Jahrhundert war das Bett mehr oder weniger »weiblich« geworden und diente in erster Linie der theatralischen Demonstration weiblicher Reize. Die Bettenbauer der Zeit mussten ein hohes Maß an Fantasie aufbringen, um dafür einen möglichst aufwendigen und oft auch ausgefallenen Rahmen zu kreieren.
Da gab es Betten in Form einer riesigen silbernen Muschel, in dem sich seine Besitzerin als rosige Venus bewundern ließ, oder auch Betten aus Ebenholz, deren Baldachine von muskulösen Mohrenfiguren getragen wurden. Als die Besitzerin eines solchen Bettes Zwillinge von verdächtig dunkler Hautfarbe bekam, behauptete sie, dass sie die Mohren ihres Bettes zu oft betrachtet habe. Mit dem Aufkommen des orientalischen bzw. chinesischen Geschmacks wurde es üblich, den Betthimmel mit Büschen von Straußenfedern zu schmücken und das Schlafzimmer mit mehr oder minder erlesenen Chinoiserien zu schmücken. In der bürgerlichen Gesellschaft versuchte man, viele dieser Extravaganzen nachzuahmen. Doch sind die Ausschweifungen der »großen Welt« dort nie richtig angekommen. Für die »anständige Bürgerin« wäre es auch im 18. Jahrhundert ganz undenkbar gewesen, wie ihre aristokratische Geschlechtsgenossin Besuche im Morgenrock zu begrüßen, wenn es sich dabei nicht um echte
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