Im Bett mit
hatte, ließ das Bett, das mit so zwielichtigen Erinnerungen verknüpft war, in der Wohnung des Dichters abliefern. Es begleitete Shakespeare zunächst in seine verschiedenen Wohnungen in London. Später, als er sich mehr oder weniger endgültig nach Stratford in sein neu erworbenes Haus New Place zurückzog, wird er es dorthin mitgenommen haben. Southampton, der das Bett seinerzeit in Auftrag gegeben hatte, besaß einen kostspieligen Geschmack, und so wird dieses Bett wohl als das beste im Hause Shakespeares betrachtet werden müssen. Shakespeare wird es vielleicht in seinem eigenen Zimmer für sich selbst verwendet oder es als Gästebett für hochgestellte Besucher benutzt haben. Für seine Ehefrau blieb nur das »zweitbeste Bett«, ihr gemeinsames Ehebett, das der Dichter im Verlauf der Jahre immer seltener aufsuchte.
Leider war über den Verbleib des »besten Bettes« nichts zu erfahren. Vermutlich war es in der Gesamtmasse der Erbschaft enthalten, die Shakespeares Lieblingstochter Susanna gemeinsam mit allem Haus- und Grundbesitz schließlich zugefallen war. Für Anne hingegen blieb mit dem Vermächtnis des zweitbesten Bettes der bittere Beigeschmack, dem größten Genie Englands eine nur wenig geliebte Gattin gewesen zu sein.
Intermezzo V
Repräsentation im Bett
Auftritt: das 17. Jahrhundert! Ein neuer Lebens- und Kunststil verbreitet sich über den alten Kontinent. In Italien wird das Barock zum neuen Lebensgefühl. Das Gefüge des gesellschaftlichen Lebens wird dadurch in seiner Gesamtheit verändert: es wird bis in die feinen Verästelungen des Privaten theatralisch. Schaustellung wird die oberste Richtlinie des sozialen Zusammenspiels. Das gilt natürlich in erster Linie für die Oberschicht, setzt sich aber, an deren Beispiel orientiert, weit ins Bürgertum hinein fort, ja, strahlt selbst in die ländliche Bevölkerung hinein. Und wenn es schon nicht bis in die bäuerlichen Wohnstuben vordringen kann, spätestens beim allwöchentlichen Besuch der Dorfkirche stößt auch das Landvolk auf diese barocke Theatralik, wird es mit einem Himmel voll schwebender Stuckengel und mit auf Wolken thronenden Scharen von bunten Heiligen konfrontiert. Und auch an unserem speziellen Thema, dem Bett, ging diese Entwicklung – weg vom Privaten, hin zum Theatralisch-Repräsentativen – nicht spurlos vorüber.
War die Schlafkammer und vor allem das Bett bisher eine Art von Rückzugsgebiet ins Private, ja Intime, gewesen, so trat es nun ins Rampenlicht. Es wurde zum Repräsentationsobjekt. Das begann ganz oben, bei den Betten der Herrscher. Für die französischen Könige etwa war das Bett neben dem Thron der Sitz der Macht. Am deutlichsten wurde dies mit dem Paradebett Ludwigs XIV. demonstriert. Die gesamte Anlage von Versailles ist so konzipiert, dass das königliche Schlafzimmer den Mittelpunkt der Schlossanlage bildet. In der Mitte eines großartig ausgestatteten Raumes stand das Bett auf einer Estrade, ganz in rot-goldenen Brokat gehüllt. Wenn sich der König nicht darin befand, trug es einen Hermelinüberwurf; auf einem Kissen darauf lagen die königlichen Insignien. Eine weitläufige Balustrade sollte verhindern, dass ein Unbefugter dem königlichen Bett zu nahe kam. Um dieses Bett versammelte sich morgens und abends alles, was in Versailles Rang und Namen hatte, doch nur wenige der höchsten Hofherren hatten das Privileg, beim täglichen Lever oder Coucher dem König beim An- und Ausziehen auch tatsächlich zu assistieren. Das Ganze lief als gigantisches Theater ab, über das sich der geniale Spötter Molière nicht genug lustig machen konnte, was aber nicht verhinderte, dass sich die Könige und Fürsten Europas daran ein Beispiel nahmen und versuchten, es dem »Roi soleil« gleichzutun. Ja, die Nachwirkungen des königlichen Bettes reichten weit ins 19. Jahrhundert, sah sich doch der bayerische König Ludwig II. dazu veranlasst, auf der Insel Herrenchiemsee ein zweites, womöglich noch großartigeres Versailles nachbauen zu lassen. Das königliche Schlafzimmer entsprach in allen Details dem des Sonnenkönigs. Sein Bewunderer aber hat – aus Respekt vor seinem Vorbild – nie in dessen Paradebett-Kopie geschlafen.
Doch zurück zum Original. Was dem Adel so gut wie jeden Tag erlaubt war, am Aufstehen und Schlafengehen des Königs teilzunehmen, wurde manchmal auch zum Privileg einer Handvoll auserwählter Bürger. Die durften dann am Bett des Königs vorbeidefilieren, wenn dieser gemeinsam mit seiner Königin
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