Im Bett mit
herein, und sie bereicherte sie mit ihrer überbordenden Fantasie.
Große Sorgfalt verwendete sie darauf, sich für diese Welt, die sich als ein nie ganz abreißender Besucherstrom erwies, präsentabel zu machen. »Sorgsam frisiert, das ausdrucksvolle Gesicht von einer Wolke irisierenden Puders umweht, lag sie, von einem Gebirge weißer gestickter Kopfkissen gestützt, auf ihrem Diwan-Bett inmitten eines von Blumenduft durchtränkten Raumes, mit all den Dingen um sich herum, durch die sie ihre kleine Welt der großen draußen entgegenzusetzen vermochte«, schrieb eine Freundin nach einem Besuch bei ihr.
Dieser ihr »Salon«, wie sie es nannte, war zugleich ihr Arbeitszimmer. Ungeachtet der täglichen Leiden, mit denen sie sich auseinanderzusetzen hatte, war sie eine fleißige Arbeiterin. Oft schrieb sie für das Feuilleton von Hochglanzmagazinen, die ihr zwar wenig zusagten, doch dafür recht beachtliche Honorare boten. Sie unterschied sehr genau zwischen den Stunden, die der emsigen Arbeit vorbehalten waren, und den Zeiten des gesellschaftlichen Umgangs. Ein besonderes Unterscheidungsmerkmal war ihre Kleidung. Nie empfing sie Besucher in ihrem Morgenmantel, dem Kleidungsstück, in dem sie sich am wohlsten fühlte, wenn sie arbeitete. »Ich mag beim Schreiben nicht wie eine Dame gekleidet sein«, erklärte sie. Schließlich war es kurz nach dem Krieg auch für jemanden wie sie nicht einfach, an eine veritable Damengarderobe zu kommen. Ihre Liegestätte, die des Tags als Diwan, des Nachts als Bett diente, nannte sie ihr Floß. Darauf thronte sie untertags, den Blick auf das Fenster gerichtet, durch das das Leben in hellen Wogen zu ihr hereinströmte. Ihre Besucher, auf einen nicht eben bequemen Gobelinstuhl gebannt, konnten ihr Gesicht meist nur im Gegenlicht wahrnehmen, in dem ihr gekraustes Haar wie eine säkularisierte Gloriole wirkte.
Noch während des Krieges begann sie, über ihr begrenztes Leben im Carré du Palais Royal zu berichten. Zu einer Zeit, in der ihr nur noch spärliche Bewegungen möglich waren, sah sie die Jahreszeiten vorbeiziehen und erinnerte sich dabei an andere, längst vergangene.
Infolge der deutschen Besatzung und der damit verbundenen Gefahren war der Zusammenhalt der Bewohner des Carrés intensiver geworden. Colette, die darüber lange geschwiegen hatte, sprach nun offen darüber, wie viele von den Besatzern und der Polizei des Vichy-Systems Verfolgte dort Zuflucht gefunden hatten: Juden, denen die tödliche Deportation drohte, gestrandete englische Fallschirmjäger, Franzosen, die sich der Résistance verschrieben hatten, Katzen und Hunde, die unter den Arkaden und Gärten des Palais Royal streunten – und nicht zuletzt auch ihr dritter Ehemann, Maurice Goudeket, der sie bis zu ihrem letzten Atemzug begleitete. Trotz ihrer zu Zeiten heftigen Schmerzen, die sie immer wieder zu neuen Kuren trieben, von denen sie sich Linderung erhoffte, arbeitete sie unermüdlich weiter an Büchern und Projekten. Als Mitglied der Jury für den renommierten Prix Goncourt versäumte sie trotz aller Beschwerden dessen Zusammenkünfte doch nie. »Ich kann mich noch so sehr als betagter Junggeselle geben, ich genieße noch immer das sehr weibliche Vergnügen, dort die einzige Frau zu sein inmitten eines Aeropags von Männern.« In ihrem letzten Jahr fanden diese Treffen in ihrem Zimmer statt, wo sich der »Areopag« um ihren Diwan versammelte.
In
Le Fanal bleu
beschreibt sie den Bett-Schreibtisch, den ein findiger Tischler für sie angefertigt hatte. Es war ein schwenkbares breites Brett, auf dem sich Papiervorräte und Schreibutensilien stapelten. In einer Schrankwand, die vom Bett aus erreichbar war, hortete sie ihre Lieblingsdinge, vor allem Bücher. Sie benützte ihre Krücken als Angelhaken, wenn sie eines dieser Dinge an sich heranziehen wollte. Sie habe alles, was sie zum Leben brauche, versicherte sie ihren Besuchern. Alles – das war ihr Blick auf die im Wechsel der Jahreszeiten sich verändernden Gärten, ihre Welt der kleinen Dinge, ihre Bücher und natürlich der immer verständnisvoll getreue Maurice, den sie voll Dankbarkeit einen Heiligen nannte.
»Ich gehe nur noch selten aus«, schrieb sie an eine besorgte Freundin, »aber ich langweile mich keinesfalls. Selbst die heftigsten Schmerzen können meinen Geist nicht davon abhalten, mich zu zerstreuen.« Vermutlich halfen ihr ihre Arbeit und diese Kunst, sich zu zerstreuen, im Verein mit ihrer lebhaften Fantasie immer wieder, das Tal der
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