Im Blut vereint
ihn?
Walker erwiderte den Blick; seine Miene besagte: »Entschuldige, aber das musste gesagt werden.« Ethan versuchte sich zu entspannen. Der Mann machte nur seine Arbeit. Jeder im Revier wusste über Vickys verblüffendes Namensgedächtnis Bescheid. Sie nicht einzubeziehen wäre fahrlässig.
»Okay, rufen Sie sie an, falls das Opfer nicht die Tochter von Richterin Carson ist«, sagte Ethan.
»Und«, warf Redding ein, »ich habe eine Zeugin gefunden, namens …« Er warf einen Blick auf seine Notizen. »… Shonda Bryant, die das Opfer unten in der Gottingen Street gesehen haben will. Etwa um 22:00 Uhr gestern Nacht.«
»Was hat das Mädchen da gemacht?«
»E gekauft. Aber dann ging ihr das Geld aus, und sie wollte nach Hause.«
»Also könnte der Mörder sie in sein Auto gelockt und ihr Ecstasy angeboten haben …«, murmelte Lamond.
»Sie hat es genommen und war dann so high, dass er sie mühelos strangulieren konnte.«
»Sie ist stranguliert worden?«, fragte Redding.
Ethan nickte. »Ihr Gesicht ist voller Petechien.« Sie alle wussten, was das bedeutete. Petechien waren kleine Blutungen, die durch Sauerstoffmangel verursacht wurden – ein typisches Anzeichen für Tod durch Strangulation.
»Die Theorie klingt nicht schlecht«, sagte Ferguson energisch. »Halten wir uns daran, bis wir das Ergebnis der Autopsie haben.« Sie wandte sich an Redding. »Kannte diese Shonda Bryant das Mädchen?«
»Ihren Namen weiß sie angeblich nicht. Sie lügt, aber mehr war aus ihr nicht herauszubekommen.«
»Wer hat die Drogen verkauft?«
Mit der Lockerheit des ehemaligen Basketballstars zuckte Redding die Schultern. »Sie sagt, es war ein Typ namens Darrell, aber laut meinen Quellen dealt sie selbst.«
»Holen wir sie her. Vielleicht verrät sie uns dann, wie das Mädchen heißt. Und klappern Sie das übrige Jungvolk in der Agricola Street ab. Sagen Sie ihnen, sie sollen aufpassen, dass …«
Das Telefon klingelte. Normalerweise wäre die Besprechung weitergegangen, während einer von ihnen den Anruf entgegennahm. Aber heute nicht. Alle verstummten.
Ethan sprintete zum Tisch am hinteren Ende des Raumes. Er kramte unter den Fotos vom Fundort nach einem Notizblock, griff nach einem Stift und kritzelte Datum und Uhrzeit darauf. Das Telefon klingelte zum dritten Mal. Er nahm ab. »Detective Drake, Major Crime Unit.«
»Hier ist Richterin Carson. Sie haben eine Nachricht hinterlassen.«
Ethan konzentrierte sich. »Ja, Euer Ehren. Wir untersuchen den Mord an einem jungen Mädchen …«
»Ist es Lisa?«
»Das wissen wir nicht. Das Opfer hatte keinen Ausweis dabei.«
»Warum meinen Sie dann, dass Ihr Mordopfer meine Tochter sein könnte?«
»Wir haben einen Hinweis bekommen, dass Ihre Tochter vermisst wird.«
Am anderen Ende der Leitung war es so still, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
»Wer hat Sie benachrichtigt?«, fragte sie dann mit erstickter Stimme.
»Es tut mir leid. Das darf ich Ihnen nicht sagen.« Er räusperte sich. »Können Sie Ihre Tochter beschreiben?« Er betete, dass Kate sich geirrt hatte, dass Richterin Carsons Tochter dick und blond war, nicht dünn und dunkelhaarig.
»15 Jahre alt, 1,65 m, schwarze Haare.« Sie machte eine Pause. »Mit einem lächerli… – mit einem blonden Streifen in der Mitte. Und sie hat eine Narbe am linken Unterarm.«
Das mit der Narbe konnten sie nicht überprüfen, aber der Rest der Beschreibung traf genau zu. Ethan begegnete Lamonds Blick und nickte leicht. Lamond schloss die Augen und bekreuzigte sich.
»Euer Ehren.« Es erschreckte ihn, wie heiser seine Stimme klang, aber, Herrgott, der Anblick der Toten war mit das Verstörendste gewesen, was er in seinem Beruf bisher erlebt hatte. »Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber Ihre Beschreibung passt auf das Mordopfer. Ich muss Sie bitten, zur Leichenhalle zu kommen, um die Tote zu identifizieren …«
»Wie ist sie gestorben?«
»Wir gehen davon aus, dass es sich um vorsätzlichen Mord handelt.«
»Ich will keine Phrasen, Detective. Ich will Fakten. Sagen Sie mir genau, wie sie getötet wurde. Sofort.« Sie sprach schnell und hart. Diese Methode setzte sie auch auf der Richterbank mit großem Erfolg ein.
Ethan versuchte, sich die Gesprächsführung nicht entreißen zu lassen. »Bis ihre Identität feststeht, kann ich Ihnen leider nichts Genaueres sagen.«
Er hörte sie scharf Atem holen. Aber wenn jemand begriff, dass die Polizei solche Informationen zurückhalten musste, dann
Weitere Kostenlose Bücher