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Im Café der verlorenen Jugend - Modiano, P: Im Café der verlorenen Jugend

Im Café der verlorenen Jugend - Modiano, P: Im Café der verlorenen Jugend

Titel: Im Café der verlorenen Jugend - Modiano, P: Im Café der verlorenen Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Modiano
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gestehen. An jenem Abend hätte ich fast einen Lachanfall bekommen.«
    »Sie hätten sich nicht zurückhalten dürfen«, sagte er vorwurfsvoll. »Lachen ist ansteckend. Wir hätten alle zusammen gelacht im Dunkeln.«
    Er schaute auf seine Uhr.
    »Ich muss Sie jetzt leider verlassen. Ich habe noch mein ganzes Gepäck vorzubereiten. Ich reise morgen wieder ab. Und ich habe nicht einmal Zeit gehabt, Sie zu fragen, was Sie inzwischen machen.«
    Er zog ein Notizbuch aus der Innentasche seines Jacketts und riss ein Blatt heraus.
    »Ich gebe Ihnen meine Adresse in Mexiko. Sie sollten mich wirklich besuchen.«
    Plötzlich sprach er in gebieterischem Ton, als wollte er mich fortziehen mit sich und mich retten vor mir selbst. Und vor der Gegenwart.
    »Und außerdem mache ich dort weiter mit den Treffen. Kommen Sie. Ich rechne mit Ihnen.«
    Er hielt mir das Blatt hin.
    »Da steht auch meine Telefonnummer drauf. Diesmal dürfen wir uns nicht wieder aus den Augen verlieren.«
    Als er schon im Auto saß, streckte er noch einmal den Kopf durch das heruntergekurbelte Fenster.
    »Sagen Sie … Ich denke oft an Louki … Ich habe nie verstanden warum …«
    Er war bewegt. Er, der immer ohne zu stocken und auf so klare Weise sprach, er suchte nach Worten.
    »Es ist dumm, was ich Ihnen sage … Es gibt nichts zu verstehen … Wenn man jemanden wirklich liebt, muss man seine geheimnisvolle Seite akzeptieren … Genau darum liebt man ihn ja … Nicht wahr, Roland? …«
    Er ist schnell losgefahren, wahrscheinlich, um seine Rührung zu unterdrücken. Und meine auch. Er konnte gerade noch sagen: »Bis ganz bald, Roland.«
    Ich stand allein vor dem Lederwarengeschäft Au Prince de Condé. Ich habe die Stirn gegen das Schaufenster gepresst, um zu sehen, ob noch irgendein Überrest des Cafés vorhanden war: ein Stück Mauer, die Tür ganz hinten, durch die man zum Wandtelefon kam, die Wendeltreppe hinauf in die kleine Wohnung von Madame Chadly. Nichts. Alles war glatt und mit orangefarbenem Stoff bespannt. Und so war es überall im Viertel. Wenigstens lief man nicht Gefahr, irgendwelchen Gespenstern zu begegnen. Auch die Gespenster waren tot. Nichts zu befürchten beim Metroausgang Mabillon. Keine Pergola mehr und kein Mocellini hinter der Glasfront.
    Ich ging leichten Schrittes dahin, als wäre ich eines Juliabends in einer fremden Stadt angekommen. Ich hatte ein mexikanisches Lied zu pfeifen begonnen. Aber diese falsche Unbekümmertheit hat nicht lange angehalten. Ich kam am Gitterzaun des Jardin du Luxembourg vorüber, und der Refrain von Ay Jalisco, no te rajes erstarb mir auf den Lippen. Ein Plakat klebte am Stamm eines der großen Bäume, die uns beschirmen mit ihren Blättern bis zum Eingang des Parks, drüben, am Boulevard Saint-Michel. »Dieser Baum ist gefährlich. Er wird demnächst umgeschlagen. Schon im Winter wird ein neuer gepflanzt.« Ein paar Sekunden lang glaubte ich, ich hätte einen bösen Traum. Ich stand da, wie versteinert, und las nur immer wieder dieses Todesurteil. Ein Passant sprach mich an: »Fühlen Sie sich nicht wohl, Monsieur?« Dann ging er weiter, sicher enttäuscht von meinem starren Blick. In dieser Welt, in der ich immer mehr den Eindruck hatte, ein Überlebender zu sein, köpfte man also auch die Bäume … Ich setzte meinen Weg fort und versuchte, an etwas anderes zu denken, aber es fiel mir schwer. Ich konnte dieses Plakat nicht vergessen und diesen zum Tode verurteilten Baum. Ich fragte mich, wie die Köpfe der Mitglieder dieses Tribunals aussahen und der des Scharfrichters. Langsam habe ich meine Ruhe wiedergewonnen. Um mich zu trösten, stellte ich mir vor, Guy de Vere spaziere neben mir her und raune mit seiner sanften Stimme: »Nein, nein, Roland, das ist nur ein böser Traum … Bäume werden nicht geköpft …«
    Ich war am Eingangstor des Parks vorüber und folgte nun dem Teil des Boulevards, der zur Metrostation Port-Royal führt. Eines Abends hatten wir, Louki und ich, einen Jungen in unserem Alter, den wir aus dem Condé kannten, bis hierher begleitet. Er hatte auf das Gebäude der École des Mines zu unsrer Rechten gezeigt und mit trauriger Stimme verkündet, so als laste dieses Geständnis schwer auf ihm, er studiere an dieser Schule.
    »Glauben Sie, dass ich weitermachen soll?«
    Ich hatte gespürt, dass er auf eine Ermunterung unsererseits lauerte, um den Absprung zu wagen. Ich hatte gesagt: »Nein, mein Lieber, machen Sie nicht weiter … Suchen Sie das Weite …«
    Er hatte sich zu Louki

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