Im Club der geheimen Wünsche
lesen konnte, ohne lästige Fragen beantworten zu müssen. Wickhams Handschrift bedeckte die ganze Seite.
Ich habe in der vergangenen Nacht den Club durchsucht. Mrs Brougham erwischte mich, als ich soeben dabei war, in ihr Büro einzubrechen - und bedrohte mich mit einer Pistole.
Es ist mir gelungen, mich aus dieser gefährlichen Lage herauszureden. Die Bordellwirtin bestreitet natürlich, irgendetwas über Dels Verschwinden zu wissen, aber sie händigte mir eine Liste mit Dels Liebhabern aus. Von jetzt an überlassen Sie diese Angelegenheit mir und tauchen nicht wieder im Club auf. Sie werden auch keine Erkundigungen über die Gentlemen einziehen, denen Sie dort begegnet sind.
Nebenbei bemerkt: Von der Köchin erfuhr ich, sie erwarte, ein Gasthaus zum Geschenk zu erhalten. Ich werde mir die Freiheit nehmen, diese Angelegenheit zu klären, meine liebe, kriegerische Lady Jane.
Jane legte den Brief neben ihren Teller.
Genau eine solch herrische Nachricht hätte sie von dem Mann erwartet, der sie aus dem Theater gezerrt und ihr angedroht hatte, sie gefangen zu halten. Andererseits fand sie seinen Befehlston höchst erstaunlich für den ersten Gentleman in ihrem Leben, der versucht hatte, sie zu beschützen.
Sie verstand Wickham nicht. Er hatte England vor acht Jahren verlassen und kein einziges Mal geschrieben.
Dennoch war er jetzt zurückgekommen, weil er Del retten wollte. Und er war bereit, ein Gasthaus zu kaufen, um an eine Information zu gelangen.
„Wer steht auf dieser Liste?", flüsterte sie vor sich hin. Wie sehr sie sich wünschte, einen Blick auf die Namen werfen zu können!
Ob Del tatsächlich in Petersborough verliebt gewesen war? Konnte die sittsame, süße Del wirklich einen dieser schäbigen Kerle lieben?
Jane wusste, sie durfte diese Sache nicht allein Wickham überlassen. Wie konnte sie die Sorge um Dels Sicherheit allein einem Mann anvertrauen, den sie nicht verstand?
Aber es war nicht nötig, noch einmal in den Club zu gehen und sich in Gefahr zu begeben. Sie konnte in ihrer eigenen Welt Nachforschungen anstellen: in der Welt der Bälle, der Essenseinladungen und der Nachmittagsspaziergänge im Hyde Park.
Sie würde die Ehefrauen aushorchen.
Jane wusste genau, wo sie Charlotte höchstwahrscheinlich antreffen würde. Seit etwa einem Jahr war Charlotte besessen vom Einkaufen. Jeden Tag kaufte sie sich irgendetwas Neues -Kleider, Schmuck, Kutschen - und nichts von dem, was sie sich anschaffte, interessierte sie länger als eine Woche.
Als Jane die Tür zu Madame Lauriers Geschäft öffnete, klingelte leise ein Glöckchen. Eine Verkäuferin entschuldigte sich bei einer älteren Dame und ihren Töchtern und eilte herbei.
„Ich muss mit Lady Dartmore sprechen", erklärte Jane.
Hinter einem Vorhang ertönte ein Aufschrei, gefolgt von einer Frauenstimme, die sanft tadelte: „Mylady, wenn Sie sich so plötzlich bewegen, werde ich Sie mit einer Stecknadel stechen. Falls Sie nicht in den Busen gepikst werden möchten, stehen Sie bitte still."
„Legen Sie Ihre verdammten Stecknadeln weg."
Der Vorhang zum Anprobezimmer flog auf, und Charlotte kam zum Vorschein - spärlich bekleidet mit einem Hauch von eisblauer Seide. Sie hielt das noch unfertige Mieder vor ihrer Brust zusammen.
„Was tust du hier, Jane?" Ihre blonden Locken wippten, unter ihren Augen lagen dunkle Schatten, und ihre sonst rosigen Wangen waren kreidebleich.
Jane wandte sich der Modistin zu. „Ich muss einen Augenblick allein mit Lady Dartmore sprechen."
Die Französin hatte einige Stecknadeln zwischen den Lippen. Ganz offensichtlich ließ sie sich in ihrem eigenen Geschäft nicht gern Befehle erteilen. Sie sagte lieber zitternden Engländerinnen, was sie zu tun hatten.
Jane nahm Charlotte beim Ellbogen und schob sie zurück ins Anprobezimmer. Mit einer energischen Handbewegung zog sie den Vorhang zu. „Du musst mir alles über den Club erzählen, Charlotte. Gestern Abend habe ich entdeckt, dass dort noch zwei weitere Frauen verschwunden sind."
„Ver...Verschwunden?" Charlotte, die gerade dabei gewesen war, sich von einem Silbertablett Tee zu nehmen, wart mit ihren zitternden Händen die Tasse um. „Das ist völlig unmöglich. Ich habe noch nie gehört, dass eine der Damen verschwunden wäre. Alles, was im Club geschieht, ist nur ein Spiel, Jane. Niemandem wird wirklich wehgetan."
„Es tut also nicht weh, ausgepeitscht zu werden? Hast du mich nicht davor gewarnt, mich von meinem Ehemann dorthin mitnehmen zu lassen?
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