Im Club der geheimen Wünsche
kümmern."
„Das wird mein Bruder nicht tun. Das kann er nicht."
Jane hockte sich hin und griff nach Dels Hand. „Er wird es tun. Er ist deinetwegen zurückgekommen. Als ich ihn das erste Mal im Club getroffen habe, war er völlig außer sich vor Sorge."
„Du warst im Club?" Vor Entsetzen riss Del die Augen weit auf.
„Ja. So haben wir dich gefunden. Der Marquis of Salaberry verriet uns, dass Treyworth dich in Mrs Broughams Sanatorium geschickt hat. Allerdings erst, nachdem dein Bruder dreißigtausend Pfund für seine Schuldscheine bezahlt und das kleine Frettchen mit vorgehaltener Pistole in Angst und Schrecken versetzt hat."
Tee schwappte über den Rand der Tasse, die Del in ihrer zitternden Hand hielt. „Das hat er für mich getan? Aber verstehst du es denn nicht, Jane? Christian hätte nicht zurückkommen sollen. Ich hätte ihm nicht schreiben dürfen.
Er hat bei einem Duell einen Mann erschossen. Deswegen könnte es immer noch eine Gerichtsverhandlung geben.
Ich habe ihn hierhergeholt, und nun ..."
„Denk jetzt nicht darüber nach", beruhigte Jane sie. Ihr selbst war dieser Gedanke noch gar nicht gekommen. Wenn ein Mann bei einem Duell getötet wurde, gab es eine Anklage und eine Gerichtsverhandlung. Christian war nicht der erste Gentleman gewesen, der davor geflohen war.
„Es wird erzählt, der andere Mann, der Earl, hätte als Erster geschossen", flüsterte Del. „Er hat die Regeln gebrochen. Doch anschließend schoss Christian ihm kaltblütig direkt ins Herz. Vater sagte mir, Christian habe nicht einmal versucht, daneben zu schießen. Manche Männer tun das ... um einen Mord zu vermeiden."
Christian hingegen hatte das nicht getan. Jane dachte an die dunkle Seite seines Wesens. Sie hatte sie an diesem Abend gesehen, als er offensichtlich nach jemandem gesucht hatte, den er verprügeln konnte. Aber er hatte niemanden erschossen, obwohl er die Gelegenheit dazu gehabt hätte.
Doch was würde geschehen, wenn man ihn in einem Gerichtsverfahren wegen des Duells schuldig sprach? War es möglich, dass er gehängt wurde?
„Du musst etwas essen", drängte Jane ihre Freundin. Wenn Christian zum Tode verurteilt wurde oder man ihn einsperrte, würde sie Del beschützen. So wie sie es von Anfang an geplant hatte. Aber dann sah sie vor sich, wie Christian zum Galgen geführt und die Schlinge um seinen muskulösen, gebräunten Hals gelegt wurde. Ihr Magen hob sich ...
Del schüttelte den Kopf. „Ich habe keinen Hunger. Sie haben mir genug zu essen gegeben. Ich bin einfach nur müde. Furchtbar müde." Ganz langsam stand sie auf, und Jane führte sie zum Bett und half ihr hinein.
Eine Sekunde später schloss Del die Augen.
Jane betrachtete die düstere Einrichtung in Braun und Grün, die vergilbten Tapeten und die schweren Vorhänge.
Das hier war immer Dels altes Zimmer, und es war immer schrecklich gewesen. Der verstorbene Earl of Wickham hatte sich seinen beiden Kindern gegenüber kühl und distanziert gezeigt. Er hatte sich praktisch immer in der Bibliothek aufgehalten. Seiner Meinung nach war es die Pflicht eines Gentleman, ständig sein Wissen zu erweitern.
Er hätte sich den einen oder anderen Augenblick Zeit für sein Herz nehmen sollen.
„Jane, meine Liebe? Geht es euch beiden gut?"
Beim Klang von Christians Stimme schreckte Jane aus ihren Gedanken auf und fuhr herum.
Sie griff nach der Kerze, die neben dem Bett stand, und hielt sie hoch. Das Licht fiel auf die geöffnete Tür und auf ihn, Christian, der dort stand. Er hatte ein blaues Auge. Seine Nase, das Kinn und der rechte Wangenknochen waren ebenfalls blau und geschwollen. Doch all das unterstrich nur noch sein gefährlich attraktives Aussehen.
Erschaudernd sah Jane, dass jemand mit ein paar Stichen den Schnitt an seiner rechten Wange genäht hatte.
„Sie schläft." Jane wollte ihm nicht erzählen, dass Del vorhatte, mit Treyworth zu reden, wenn er hierherkam, um nach ihr zu suchen. Christian und sie hatten nie darüber gesprochen, was geschehen sollte, nachdem sie Del entdeckt hatten. Sie überhaupt erst zu finden, war zunächst am wichtigsten gewesen.
Sie strich sich eine Locke zurück, die ihr in die Augen gefallen war. Ihr Haar war vollkommen zerzaust, und Dreckspritzer verunzierten ihr schwarzes Kleid.
„Nun bist du an der Reihe, meine Liebe. Warum nimmst du kein Bad, und dann bringe ich dich ins Bett?"
Bei Christians Worten erstarrte sie. Hinter ihm konnte sie die Hausmädchen sehen, die mit Eimern voll dampfendem Wasser
Weitere Kostenlose Bücher