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Im Dienst des Seelenfängers

Titel: Im Dienst des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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zuschnürte, steckte Raven den Kopf herein. »Fertig?« »Eine Minute noch. Wie kalt ist es draußen?« »Frisch.«
»Einen Mantel mitnehmen?«
»Kann nicht schaden. Kettenhemd?« Er berührte meine Brust. »Jau.« Ich zog meinen Mantel über, nahm meinen Bogen auf, ließ ihn auf der Handfläche wippen. Einen Augenblick lang lag Goblins Amulett kalt auf meinem Brustbein. Ich hoffte, daß es funktionieren würde.
Raven lächelte kurz. »Hab ich auch.«
Ich grinste zurück. »Los, holen wir sie uns.« Seelenfänger wartete auf dem Hof, wo wir uns im Bogenschießen geübt hatten. Aus der Kompaniemesse fiel Licht auf ihn. Die Bäcker waren schon schwer am Schuften. Fänger stand in steifer Ruhestellung da und hatte ein Bündel unter den linken Arm geklemmt. Er starrte zum Wolkenwald hinüber. Er trug nur sein Lederzeug und den Morion. Im Gegensatz zu einigen anderen Unterworfenen trägt er nur selten Waffen bei sich. Er zieht es vor, sich auf sein thaumaturgisches Geschick zu verlassen. Er sprach mit sich selbst. Unheimliches Zeug. »Will ihn fallen sehen. Habe vierhundert Jah- re darauf gewartet.« »Wir können nicht so nahe heran. Er wird unser Kommen riechen.«
    »Legt alle Macht ab.« »Oh! Das ist zu riskant!« Ein ganzer Stimmenchor mischte sich ein. Es
wurde richtig gespenstisch, wenn zwei zur gleichen Zeit sprachen. Raven und ich tauschten einen Blick. Er zuckte die Achseln. Fänger brachte ihn nicht aus der Ruhe. Andererseits war er im Herrschaftsbereich der Lady aufgewachsen. Er hatte schon alle Unterworfenen gesehen. Angeblich gehört Seelenfänger zu denen, die noch am wenigsten bizarr sind.
Wir hörten einige Minuten lang zu. Es wurde nicht vernünftiger. Schließlich knurrte Raven: »Herr? Wir sind bereit.« Seine Stimme schien ein wenig zu zittern. Ich selbst konnte kaum sprechen. Ich konnte nur noch an einen Bogen, einen Pfeil und einen Auftrag denken, den ich ausführen sollte. Innerlich ging ich das Spannen, das Loslassen und den Flug meines Pfeiles wieder und immer wieder durch. Unwillkürlich rieb ich über Goblins Geschenk. Dabei ertappte ich mich noch häufig. Seelenfänger schüttelte sich wie ein nasser Hund und richtete sich auf. Ohne uns anzusehen, winkte er, sagte: »Kommt«, und setzte sich in Bewegung. Raven drehte sich um. Er brüllte: »Darling, geh wieder hinein, wie ich es dir gesagt habe. Geh sofort.«
»Wie soll sie dich denn hören?« fragte ich und sah zu dem Kind zurück, das uns aus einem dunklen Eingang heraus hinterherblickte. »Gar nicht. Aber der Hauptmann hört es. Geh hinein.« Er winkte heftig. Kurz darauf tauchte der Hauptmann auf. Darling verschwand. Wir folgten Seelenfänger. Raven brummte in sich hinein. Er machte sich Sorgen um das Kind. Mit raschen Schritten eilte Seelenfänger aus dem Lager, dann aus Lords und über die Felder, ohne sich einmal umzudrehen. Er führte uns zu einem ausgedehnten Waldstück, das einige Bogenschüsse weit vor den Stadtmauern lag, und auf eine Lichtung mitten im Forst. Am Ufer eines Baches war ein schäbiger Teppich, ungefähr sechs mal acht Fuß groß, auf einem groben Holzrahmen aufgespannt, der etwa einen Fuß hoch war. Seelenfänger sagte etwas. Der Tep- pich regte sich, bebte ein bißchen, straffte sich. »Raven, du sitzt hier.« Seelenfänger deutete auf die rechte Ecke vor uns. »Croaker, dort drü- ben.« Er deutete auf die linke Ecke.
Raven setzte vorsichtig einen Fuß auf den Teppich; offenbar war er überrascht, daß der Rah- men nicht zusammenbrach.
»Setz dich hin.« Seelenfänger plazierte ihn im Schneidersitz, seine Waffen am Rand des Teppichs abgelegt. Mit mir machte er das gleiche. Überrascht stellte ich fest, daß der Teppich völlig steif war. Als ob man auf einem Tisch saß. »Es ist lebenswichtig, daß ihr euch nicht bewegt«, sagte Fänger und ließ sich in der Mitte vor uns nieder. »Wenn wir nicht im Gleich- gewicht bleiben, fallen wir runter. Verstanden?« Ich stimmte Raven zu, als er ja sagte.
»Fertig?«
Wieder bejahte Raven die Frage. Wahrscheinlich wußte er, was nun geschah. Ich wurde
    vollkommen überrascht.
Seelenfänger legte die Hände mit den Flächen nach oben neben sich auf den Teppich, sagte einige seltsame Worte, hob dann langsam die Hände. Ich japste auf, beugte mich vor. Der Boden wich zurück.
»Sitz still!« fauchte Raven. »Willst du uns umbringen?« Der Boden war nur sechs Fuß unter uns. Noch. Ich setzte mich gerade hin und versteifte mich. Aber ich wandte den Kopf weit genug, daß ich im

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