Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
mit Geld und Aufmerksamkeiten. Das Sonderbare an dieser Beziehung war, dass der Umworbene kein Geheimnis aus der Tatsache machte, wie gleichgültig ihm sein glühender Verehrer war. Nur widerwillig ließ er sich ins Schlafgemach des Königs führen - um es so bald wie möglich wieder zu verlassen.
    »Kaum den Armen seines erlauchten Gönners entflohen, pflegt der schöne Henri im Galopp davonzureiten, um den reichlichen Goldsegen in Spielsalons und Bordellen auf den Kopf zu hauen«, tuschelten die Kammerherren des Monarchen und machten missmutige Gesichter dabei.
    Sooft der König nämlich von den Eskapaden seines Schätzchens erfuhr, ließ er seine schlechte Laune nicht etwa an seinem »Mignon« aus, sondern an seiner Dienerschaft. Diese wiederum sah keinen Grund, es nicht den Domestiken Annas weiterzuerzählen. So blieb es nicht aus, dass auch
die Königin im Bilde war - wenngleich nicht ganz so »lückenlos«.
     
    Am 21. September 1640 brachte Anna - dieses Mal ohne größere Schwierigkeiten - mit neununddreißig Jahren einen zweiten Sohn zur Welt, den sie nach ihrem Vater und ihrem Bruder »Philippe« nannte. Ihr Gemahl hatte ihr dieses Mal gnädig erlaubt, den Namen für den zweiten Prinzen auszusuchen … Der Kleine erhielt außerdem den Titel eines Herzogs von Anjou.
    Ludwig XIII. schien sich über die Geburt Philippes fast noch mehr zu freuen als über die des Dauphins. Das Glück, zwei Söhne zu haben, hatte er sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorgestellt, nachdem er schon befürchten musste, überhaupt keine Nachkommen mehr zu zeugen.
    Und wieder einmal sah Anna eine Verbesserung ihrer Lage in greifbare Nähe gerückt …
     
    Ludwig ließ sich wieder häufiger bei seiner Gemahlin und seinen kleinen Söhnen sehen. Im Laufe der letzten Monate war fast so etwas wie Normalität im gegenseitigen Umgang der beiden Ehegatten eingekehrt. Anna begann bereits aufzuatmen.
    Zaghaft nährte sie die Hoffnung, ihren Gemahl vielleicht doch noch zum Einlenken zu bewegen, was Marie de Chevreuse anbetraf. Ihre Hoffnungen zerstoben allerdings bald darauf wie Sandkörner im Wind, als ihr ein unliebsamer Vorfall erneut das unberechenbare Wesen Ludwigs vor Augen führte:
    Eines Abends suchte der König seinen Ältesten in dessen Kinderzimmer auf. Man schrieb das Jahr 1641 und der Dauphin war inzwischen zweieinhalb Jahre alt. Ludwig trug ob der
späten Stunde bereits seinen Schlafrock und eine Nachtmütze auf dem Kopf.
    Der Knabe erschreckte sich sehr über die ungewohnte »Verkleidung« seines Vaters und fing zu weinen an, als dieser nahe an ihn herantrat. Der Königin, die ihn im Arm hielt, stockte, nach einem Blick in das Gesicht ihres Mannes, der Atem.
    So wütend hatte sie den König schon lange nicht mehr erlebt.
    »Ihr erzieht den Thronfolger mit Absicht zur Abneigung gegen mich, seinen Vater, Madame!«, warf er ihr zornig vor. »Ich erwäge daher ernsthaft, Euch beide Knaben wegnehmen zu lassen, um Euren unheilvollen Einfluss auf die Kinder zu unterbinden.«
    Dies war selbst für Anna zu viel. Die Drohung, sie von ihren Kindern zu trennen, den einzigen Menschen am Hof, die ihr in bedingungsloser Liebe zugetan waren, trieb sie zum Äußersten: Zum ersten Mal in ihrer nun fünfundzwanzig Jahre dauernden Ehe wagte Anna es, dem Monarchen mit deutlichen Worten ihre Meinung zu sagen. Die wenigen anwesenden Damen und Herren des Hofstaats hielten erschrocken den Atem an.
    Alle befürchteten einen entsetzlichen Wutausbruch König Ludwigs. Aber zu ihrem Erstaunen schien dieser sogar heimlich entzückt darüber, dass seine Frau es endlich wagte, den Mund aufzumachen und für ihre Rechte als Königin und Mutter einzutreten.
    »Endlich, Madame, habt Ihr gezeigt, dass Ihr von königlichem Blute seid und es wohl versteht, Eure Interessen durchzusetzen. Das lässt mich hoffen, dass Ihr später einmal, wenn ich nicht mehr bin, ebenso vehement für die Rechte des Dauphins von Frankreich eintreten werdet«, brach es aus Ludwig
hervor. Anna blieb indes starr vor Schreck und Verwunderung. Sie konnte es selbst kaum glauben, dass sie es gewagt hatte, dem König Paroli zu bieten.
     
    Es war dies auch das erste Mal, dass der König seinen frühen Tod andeutete und eine Regentschaft Annas für den noch minderjährigen Dauphin. Besorgte Hofleute hatten während der »Diskussion« des Königspaares diskret den zufällig im Schloss von Saint-Germain-en-Laye anwesenden Kardinal Richelieu informiert und ihn gebeten, zwischen den beiden

Weitere Kostenlose Bücher