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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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ein kopulierendes Paar in völliger Nacktheit zu erleben.
    Die Liebespaare in den Gängen und Alkoven des Louvre und im Park des Palais Royal pflegten bekleidet zu sein - wenn sie sich sozusagen im Vorübergehen »der Entspannung hingaben«. Und dann noch die Erkenntnis zu verarbeiten, dass es sich dabei um die eigene, angebetete Mutter handelte, die in den Armen eines Mannes lag, auf den er sowieso schrecklich eifersüchtig war - das musste für den Kleinen schier unerträglich sein.
    Marie war um Schadensbegrenzung bemüht. Es durfte einfach nicht sein, dass der zutiefst verletzte Knabe sich jetzt von seiner Mutter ganz zurückzog und den Ersten Minister dafür hasste, dass er ihm die Frau, die er am meisten liebte, »gestohlen hatte«.
    Die Chevreuse sprang über ihren Schatten und vergaß für den Augenblick ihre eigene Abneigung gegen den Kardinal. »Nun«, begann sie behutsam und zog den jungen König an
sich, um ihm über sein goldenes Haar zu streichen. »Ihr habt da etwas gesehen, was eigentlich nicht für Eure Augen bestimmt war, Majestät.
    Aber nicht etwa, weil die beiden sich dafür schämen müssten, sondern weil dies ein Akt ganz besonderer Intimität ist, der nur die zwei Menschen etwas angeht, die ihn ausüben. Sie sind erwachsen und sie haben sich schätzen und lieben gelernt während der langen Zeit, in der sie schon zusammenarbeiten für das Wohl des Reiches - Eures Reiches wohlgemerkt, Majestät.
    Es ist gut, dass Ihr bereits ein großer und verständiger junger Mann seid, der begreifen kann, was ich Euch nun zu erklären versuche: Ihr seid Zeuge von etwas geworden, das zu den schönsten Erlebnissen zweier Menschen gehört, denen Gott die Gabe der Liebe geschenkt hat.
    Sie vereinigen sich im schöpferischen Akt der Zuneigung zwischen Mann und Frau. In einigen Jahren werdet auch Ihr, Majestät, dieses wunderbare Gefühl der Liebe zu einer Frau kennenlernen und Ihr werdet erleben, dass diese Liebe keineswegs das Gefühl für Eure Mutter beeinträchtigt.
    Ihr müsst also nicht befürchten, dass Euch die Zuneigung Eurer geliebten Maman durch ihre ganz besondere Beziehung zu Kardinal Mazarin verloren geht oder nur im Geringsten geschmälert wird, Majestät.«
    Die Herzogin, der Ludwig nach seiner Maman und Madame Mère Céleste am meisten von allen Menschen vertraute, hatte mit so ruhigem Ernst gesprochen und so eindringlich und ohne dass auch nur der Schatten von Peinlichkeit aufgekommen war, dass der Knabe, wie von einer schweren Last befreit, aufatmete.
    »So habe ich das noch gar nicht gesehen, Madame la Duchesse«, meinte er nach einer kleinen Pause des Nachdenkens. »Ich danke Euch sehr.« Außerdem fühlte er sich geschmeichelt,
dass man ihn für »erwachsen« genug hielt, um diese Dinge zu begreifen.
    »Meinem kleinen Bruder werde ich nichts davon erzählen«, sagte er mit kindlicher Ernsthaftigkeit und Marie beeilte sich, ihm beizupflichten.
    »Natürlich, Majestät. Es sollte Euer Geheimnis bleiben. Monsieur Philippe ist noch viel zu jung, um das verstehen zu können.«

KAPITEL 66
    IM SPÄTHERBST DES Jahres 1649 kehrte der Hof mitsamt Regentin und Kindern nach Paris zurück, obwohl die Lage in der Hauptstadt sehr angespannt war.
    »Ein Funke wird genügen und die gesamte Sprengladung geht hoch«, warnte Kardinal Mazarin die Königin. »Paris wird neuerdings geradezu überschwemmt von Flugblättern und Hetzschriften gegen mich«, berichtete er seiner Geliebten. »›Zum Teufel mit Mazarin‹, das ist im Großen und Ganzen der Inhalt dieser Pamphlete, Gedichte und Lieder, die das Volk Mazarinaden nennt, aber auch Schriften gegen Euch, Madame, machen die Runde und was sie verbreiten, ist nicht viel liebenswürdiger, als was in den gegen mich gerichteten steht.«
    »Ich erlebe es leider täglich, Monseigneur.«
    Die Königin war um Sachlichkeit bemüht, obwohl es ihr sehr schwerfiel. Sie vermochte den Unmut der Massen nicht zu begreifen. »Das Volk murrt und rottet sich in den Markthallen zusammen, wobei es dem Palais Royal bedrohlich näher
rückt. Ein Glück, dass die Musketiere zu uns halten und uns beschützen.«
    »Leider, Madame, muss ich Euch gerade in diesem Punkt enttäuschen«, widersprach der Kardinal. »Jeden Tag zeigt sich deutlicher, dass Teile der früher so treuen Musketiereinheiten in ihrer Loyalität zu wanken beginnen.«
    »Oh mein Gott! Was soll dann aus dem König werden?«, rief die Regentin verzweifelt aus. Ganz selbstverständlich erwartete sie von ihrem Geliebten einen

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