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Im Dienste Der Koenigin

Titel: Im Dienste Der Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Machthunger bringen diese Leute dazu, alles zu tun, um sich die eigenen Taschen zu füllen.«
    Der sterbende Kardinal wusste genau, wovon er sprach. Auch er würde - gleich seinem Vorgänger Richelieu - als ungeheuer reicher Mann diese Welt verlassen.
    Manchmal fragte er sich fast selbst, woher all die Paläste und Güter kamen, die exquisite Kunstsammlung, die Reitställe und Prunkkarossen, die er im Laufe seines Lebens erworben hatte, während die Finanzen Frankreichs stets im Argen gelegen hatten … So ganz falsch hatten seine Feinde zu Zeiten der Fronde wohl nicht gelegen.
    Kaum ging es ihm wieder ein wenig besser, setzte der Kardinal sich erneut an seinen Schreibtisch. In seiner England-Politik war Schadensbegrenzung vonnöten und auch sonst wollte Mazarin die politischen Geschäfte so geordnet wie möglich hinterlassen.
     
    Die Besserung in Mazarins Befinden war jedoch nur eine scheinbare; kurz darauf lag er wieder auf dem Krankenbett. Sorgenvoll besuchte ihn Ludwig XIV. Ganz leise empfahl der Kardinal dem Monarchen - der wohl bald auf seinen Berater würde verzichten müssen - Monsieur Jean-Baptiste Colbert als verlässlichen Minister, wohingegen er ihn vor dem Oberintendanten der Finanzen, Monsieur Nicolas Fouquet, ausdrücklich warnte …
     
    Zu ihrer großen Freude hatte die Herzogin Marie de Chevreuse zwischenzeitlich die Erlaubnis erhalten, sich wieder am Hof einzufinden.
    Eine Überraschung war dies für Marie zwar nicht mehr,
aber das ließ sie sich vor Anna nicht anmerken. Sie war sich der besonderen Gunst bewusst und würde sie durch unbedachte Reden nie wieder leichtfertig aufs Spiel setzen.
    »Lieber lasse ich mir die Zunge herausreißen, als mir noch einmal den Mund zu verbrennen und durch meine Ungeschicklichkeit den Unwillen der Königin zu erregen«, schwor sie ihrer Schwester. »Das Leben auf dem Land ist für mich eine Vorstufe zur Hölle.
    Aus schöner Landschaft habe ich mir noch nie etwas gemacht. Und ob es regnet oder die Sonne scheint, ist mir inzwischen ziemlich gleichgültig. Hauptsache, in den Räumen, in denen ich mich aufhalte, brennen genügend Kerzen und im Kamin lodert ein ordentliches Feuer.
    Und was den Louvre anlangt, könnte ich in dem alten Gemäuer - zusammen mit Anna - den Rest meines Lebens verbringen.«
    Céleste vernahm dies mit Genugtuung. Sie war erleichtert, dass Anna ihrer Schwester offensichtlich die verletzenden Äußerungen verziehen hatte. Und tatsächlich: Das erste Wiedersehen der beiden Frauen verlief harmonisch, zu Tränen gerührt lagen sich die Freundinnen in den Armen und Annas Hoffnungen erfüllten sich: Der unliebsame Zwischenfall, der sie vorübergehend entzweit hatte, war zwar vielleicht noch nicht vergessen, aber er hatte doch keine Bedeutung mehr.
    Die Königinmutter erschien fortan zum Erstaunen der Hofleute immer in Begleitung Maries am Krankenbett des Kardinals. Und die Chevreuse, die bis jetzt tief in ihrem Herzen Vorbehalte gegen Mazarin gehegt hatte, erlebte diesen - nach dem König mächtigsten Mann Frankreichs - als unmenschlich Leidenden, der in den schlimmsten Augenblicken seiner Qual Gott anflehte, ihn doch endlich von seinen Schmerzen
zu erlösen. Des Nachts schrie er oft laut wie ein gemartertes Tier.
    »Monseigneur Jules versteht zumeist kaum noch, was die verzweifelte Anna ihm sagen will«, berichtete sie völlig aufgewühlt ihrer Schwester.
    Céleste sah, wie sich Maries immer noch auffallend schöne, meergrüne Augen mit Tränen füllten - eine Tatsache, die sie im Zusammenhang mit Mazarin niemals für möglich gehalten hätte … Aber Marie konnte diesem Mann ihren aufrichtigen Respekt nicht versagen, wenn auch erst auf dem Sterbebett.
    »Heute Nachmittag erschien Seine Majestät, der König, am Krankenlager des Kardinals, wo Anna in Tränen aufgelöst saß, und ersuchte ihn um Rat in einer politischen Angelegenheit. Aber der im Sterben liegende Mazarin sah Ludwig nur mit leerem Blick an und flüsterte nach einer Weile so schwach, dass man es fast nicht vernahm:
    ›Sire, Ihr verlangt Unmögliches von mir: Rat von einem Menschen - der seinen Verstand verloren hat.‹
    Da hat auch der König geweint.«
     
    Der Kardinal hauchte in den frühen Morgenstunden des 9. März 1661 sein Leben aus. Es war ein langsamer und qualvoller Erstickungstod, verursacht durch ein Lungenödem. Wie sein Vorgänger und Förderer Jean Armand du Plessis, Duc de Richelieu, hatte auch Jules Mazarin achtzehn Jahre seines Lebens dem aufreibenden Dienst für

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