Im Dienste Der Koenigin
und nahezu angstfrei. Ein Rest von Missbehagen im Umgang mit dem launischen König blieb immer …
Die Königin plauderte charmant zwischen den einzelnen Gängen des Abendessens - sie hatte darauf geachtet, ihrem Gemahl, seiner ständigen Verdauungsprobleme wegen, nur leichte Speisen servieren zu lassen; nach seiner üblichen Gewohnheit hörte Ludwig meistens zu und flocht selbst nur hin und wieder eine Bemerkung - meist einen Halbsatz - ein.
So wie er kein starker Esser war, so zurückhaltend war der Monarch auch im Gespräch. Anna bestritt die Unterhaltung fast alleine, denn sie wusste, dass Ludwig wenig und sehr bedachtsam redete - aus Angst, vor Aufregung zu stammeln. Ebenso war ihr bekannt, dass Ludwig sie um ihren herzhaften Appetit beneidete und dass er viel dafür gegeben hätte, gleich ihr über die Gabe der flüssigen Rede zu verfügen.
Kurz bevor das Dessert aufgetragen wurde, ergriff die Königin unvermittelt die Hand ihres Mannes und drückte sie fest. »Schön, dass Ihr zu mir gefunden habt, Sire. Ich danke Gott für dieses Unwetter«, sagte sie und lächelte ihn ganz offen an. Als hätte Anna etwas Ungehöriges getan, zog Ludwig seine Hand zurück. Wie ein unreifer Knabe war er rot angelaufen.
»Keine Vertraulichkeiten vor der Dienerschaft, Madame. Muss bald wieder weg. Wird sonst zu spät. Will morgen früh los zur Jagd.«
An der Art seines Sprechens erkannte Anna, wie durcheinander der König war; aber am Glitzern seiner Augen hatte sie längst bemerkt, dass er lieber bei ihr bleiben wollte. Auf ein von ihm unbemerktes Zeichen der Königin hin trat der Leibarzt Annas auf den Herrscher zu, verneigte sich devot, hüstelte und warnte dann den König:
»Ich bitte vielmals um Verzeihung, Sire, aber ich sehe es
als meine Pflicht an, Euch dringend davon abzuraten, Euch heute noch einmal den stürmischen Elementen auszusetzen. Der Regen hat zwar aufgehört, aber dafür herrscht jetzt dichter Nebel, Sire. Und gerade dieser feuchtkalte Dunst würde Eurer Majestät unendlich schaden und mit Sicherheit ein gefährliches Fieber hervorrufen, Sire. Ich muss Eure Majestät ernstlich davor warnen.«
Die Königin warf ihrem Medicus einen dankbaren Blick zu und der häufig kränkelnde König, überdies von jeher an Hypochondrie leidend, ließ sich nur allzu gerne überreden, diese Nacht im Louvre zu schlafen - im gemütlichen Boudoir der Königin, in ihrem bequemen Himmelbett …
Marie de Hautefort, immer noch Mätresse des Königs - wenngleich sie sich augenblicklich die Gunst des Monarchen mit einem jungen Mann teilen musste -, hatte es geschickt vermieden, dem Monarchen an diesem »Schicksalsabend« unter die Augen zu kommen - er sollte gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen. Der König selbst hatte es zum Glück unterlassen, sich nach ihr zu erkundigen.
Die kluge Marie de Hautefort hatte in weiser Voraussicht von der Ersten Kammerzofe ein wunderschönes, mit Spitzen verziertes, hauchdünnes Nachtgewand aus nachtblauer Seide für die Königin bereitlegen lassen. Bei all seiner filigranen Beschaffenheit war das Nachthemd dennoch nicht durchsichtig - das hätte der König für zu »gewöhnlich« befunden. Den großzügigen Ausschnitt hatte die besonnene Anna sozusagen »entschärft«, indem sie ihn noch mit einer silbernen Lilienbrosche zusammengesteckt hatte.
Nichts sollte ihrem sich prüde gebenden Ehegatten einen Vorwand liefern, sich schockiert von seiner Gemahlin fernzuhalten. Er sollte zwar angeregt, aber keinesfalls durch irgendein ordinäres Detail vor den Kopf gestoßen werden.
Wenig später lag Ludwig bereits zu Bett und beobachtete heimlich seine Gemahlin, die vor dem Spiegel stand und ihre Frisur löste. Bewusst hatte Anna auf die gewohnten Dienste ihrer Ersten Kammerzofe verzichtet - nichts sollte die vertrauliche Atmosphäre zwischen ihr und Ludwig stören.
Ohne ein Wort zu sagen, bewunderte der König seine Frau. Das fließende Nachtgewand betonte zwar ihre Brüste und die Hüften, wirkte aber dennoch züchtig durch den hochgeschlossenen Kragen mit den silberfarbenen, breiten Spitzenbändern, die bis zu ihrer Taille herabfielen. Und ihr offenes blondes Haar war einfach göttlich in seiner jugendlichen Fülle …
Ja, Seine Majestät hatte heute Abend durchaus Lust, seine Frau ihrer Nachtbekleidung zu berauben. Ludwig XIII. war sogar in der Stimmung, den jahrelangen Ärger mit ihr für kurze Zeit zu vergessen. »Außerdem muss ich mich doch dankbar erweisen für ihre Güte, mir bei diesem
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