Im Dienste Der Koenigin
Hundewetter Unterschlupf zu gewähren. Das ist vermutlich das Mindeste, was sie von mir erwartet«, dachte er mit dem ihm eigenen Zynismus.
Am nächsten Morgen brach der König nach Saint-Maur auf. Das Wetter hatte sich entscheidend gebessert. Es war zwar noch kalt, aber Sturm und Regen hatten aufgehört und der Nebel hatte sich verzogen. Eine blasse Dezembersonne kämpfte sich durch die dichte Wolkendecke.
Königin Annas Hofleute und die Begleiter des Königs, allen voran Hauptmann Guitaut, beobachteten heimlich das Paar. Was sie sahen, ließ die meisten von ihnen aufatmen. Sowohl Ludwig als auch Anna sahen ziemlich vergnügt aus - wenngleich ein wenig unausgeschlafen.
Marie de Hautefort umarmte nach des Königs Aufbruch ihre Herrin stürmisch und lachte ihr mitten ins Gesicht:
»Madame, ich denke, Ihr habt auf ganzer Linie einen Sieg errungen. Jetzt muss nur noch Euer ganz spezieller Wunsch in Erfüllung gehen, dann braucht Ihr Euch nie mehr Sorgen um Eure Zukunft in Frankreich zu machen.«
»Und wenn nicht, lässt sich vielleicht ein andermal wieder etwas arrangieren.« Anna lächelte verschämt. »Ehe Seine Majestät heute Morgen mein Boudoir verlassen hat, war er so freundlich, mich einzuladen, ihn in den nächsten Tagen in Saint-Maur zu besuchen.«
»Oh, das klingt ja außerordentlich vielversprechend, Madame! In diesem Jagdschloss sind nämlich nur die Möbel des Königs untergebracht. Das würde ja bedeuten, dass …«
»Ja, so ist es, meine liebe Marie. Es bedeutet, dass mein Gemahl und ich uns erneut ein Bett teilen müssten.«
Die Kinderlosigkeit des französischen Königs bereitete vor allem seinem Ersten Minister zunehmend Kopfzerbrechen. Sollte diese Ehe unfruchtbar bleiben, warf das sämtliche Pläne Kardinal Richelieus über den Haufen.
Sollte der kränkliche Ludwig frühzeitig sterben, wäre Gaston der Thronerbe. Dieser würde Richelieu niemals als Minister und Berater haben wollen. Im Gegenteil, der Kardinal müsste um sein Leben fürchten und auf dem schnellsten Wege aus Frankreich verschwinden, ehe Gaston ihn verhaften und einsperren oder gar ermorden ließe.
Die fatale Kinderlosigkeit des Königs bescherte Richelieu daher so manche schlaflose Nacht. Die Königin war zwar noch von jugendlicher Schönheit, aber immerhin schon sechsunddreißig, und ihre fruchtbaren Jahre gingen unaufhaltsam dem Ende entgegen.
Da eine Scheidung seines Erachtens nach unmöglich war, käme letztendlich bloß noch ein Giftanschlag auf die Habsburgerin
Anna infrage, um den Weg für eine jüngere Gemahlin frei zu machen. Aber dieser Schritt sollte wirklich die »Ultima Ratio« sein. Die Furcht vor den Konsequenzen und die Schwierigkeiten der Planung eines solchen Komplotts waren es dabei aber vor allem, die den Kardinal zögern ließen, nicht so sehr die moralischen Bedenken …
K APITEL 42
EIN ARTIKEL DER Gazette , der kürzlich von einem Monsieur Renaudot gegründeten, ersten französischen Tageszeitung, die selbstverständlich - wenn auch mit einigen Tagen Verspätung - auch in Madrid mit Interesse gelesen wurde, enthüllte eine wahre Sensation:
»Am 30. Januar 1638 begaben sich alle Prinzen, Pairs und Leute von Stand nach Saint-Germain, um Ihre Majestäten zu der Hoffnung auf ein freudiges Ereignis zu beglückwünschen, worüber wir, so Gott will, bald berichten werden«, stand da ganz lapidar. Dies konnte nur eines bedeuten:
Nach zweiundzwanzigjähriger, unfruchtbarer Ehe war Königin Anna in der Tat erneut schwanger geworden! Alle erhofften sich einen Sohn, denn nach französischem Recht war eine Tochter nicht legitimiert, den Thron zu besteigen.
Anna war selig. Am liebsten hätte sie vor Freude getanzt, nahm sich aber bei jedem Schritt sehr in Acht. Sie trug ständig eine der ehrwürdigsten Reliquien, den ihr von den Kapuzinerpatern von Notre Dame geliehenen Gürtel der Heiligen Jungfrau Maria, um einen Sohn zur Welt zu bringen.
Noch mehr als sonst dachte sie an ihre Vertraute im Exil, an Marie de Chevreuse. Obwohl diese selbst nur immer sehr unwillig Mutter geworden war, wusste Anna doch genau, wie sehr die Herzogin sich mit ihr freuen würde! »Eure und meine Gebete sind in Erfüllung gegangen, liebste Freundin«, flüsterte sie gerührt.
Anfangs war auch der König sehr beglückt, ungewöhnlich liebenswürdig und äußerst besorgt um seine Gemahlin - wie er es auch schon bei den letzten Schwangerschaften gewesen war.
»Madame, ich halte es für besser, wenn Ihr in den heißen
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