Im Dienste Der Koenigin
Sohn Ludwigs des Heiligen.
Die Bevölkerung Frankreichs liebte die Bourbonen und ihren Charakter, der im Allgemeinen heiter, offen und voller Lebenslust war - der jetzige Monarch bildete eine traurige Ausnahme -, während die Habsburger insgesamt zu »Engstirnigkeit,
Bigotterie und Verschlossenheit« neigten, wie Kardinal Richelieu einmal zynisch festgestellt hatte.
»Die Franzosen wünschen sich von mir einen Sohn, einen bourbonischen Sohn « - das wusste die Königin ganz genau. »Und ich hoffe, ich enttäusche die Menschen nicht«, sagte sie ein ums andere Mal zu ihren Damen. Wichtiger aber war, den König nicht zu enttäuschen. Anna war sich sicher: Wenn es ihr gelang, einem Knaben das Leben zu schenken, konnte sie damit rechnen, nicht mehr wie eine Gefangene behandelt zu werden - und sie dürfte sich etwas wünschen.
Sie wusste auch schon, welcher Wunsch es sein würde, dessen Erfüllung ihr Ludwig zugesagt hatte: Die Rückkehr ihrer liebsten Freundin und Vertrauten, Marie de Chevreuse.
Am vierten September 1638, an einem Sonntag kurz nach Mitternacht, verspürte die Königin die ersten Wehen. Das setzte eine wahre Prozession von Menschen in Bewegung, die alle ein gemeinsames Ziel hatten: Annas Schlafgemach.
Als Zeugen der erblichen Königswürde war es ihre Pflicht, bei jeder Phase der Geburt anwesend zu sein, um später beschwören zu können, es habe keinerlei Kindesvertauschung stattgefunden - falls jemand irgendwann diesen ungeheuerlichen Vorwurf erheben sollte.
Als die Nachricht von der beginnenden Niederkunft der Königin bis in den Louvre vorgedrungen war, machte sich der König umgehend auf nach Saint-Germain. Es ging immerhin um den Bestand der Dynastie seiner Familie, der Bourbonen. Da musste er sich eben - wenn auch ungern - für eine Weile von seinem »Mignon« trennen.
Als er allerdings feststellte, dass es noch dauern würde mit der Geburt, und, wie der Erste Leibarzt ihm versicherte, sich die Wehen tagelang hinziehen konnten, reagierte der Monarch
höchst ungnädig. Beinahe schien es so, als kreide Ludwig diesen Umstand wieder einmal der Königin als besondere Bosheit an.
»Am liebsten würde er wieder zurückkehren nach Paris, in die Arme seines jugendlichen Liebhabers, wagt dies aber denn doch nicht«, murmelte Marie de Hautefort sehr leise, aber um nichts weniger verdrießlich, als Céleste ihr erneut ein Riechfläschchen reichen musste. Die Luft im Gebärzimmer war bereits zum Schneiden …
Die Königin musste sich schrecklich quälen. Das Kind schien sehr groß und kräftig zu sein und vermochte den engen Geburtskanal nicht zu passieren. Die Wehen waren äußerst schmerzhaft, ließen schließlich nach und Anna wurde zusehends schwächer.
Sie hatte keine Kraft mehr und vermochte der Anweisung der Ersten Hebamme, doch »um Himmelswillen nicht aufzuhören mit dem Pressen«, nicht mehr nachzukommen. Es schien Ärzten wie Wehmüttern, als schwinde die Königin förmlich vor ihren Augen dahin.
Allmählich bekamen es die studierten Medici und die erfahrenen Hebammen mit der Angst zu tun, die Königin könne diese Entbindung nicht lebend überstehen: Ihr Herzschlag war längst nicht mehr so kräftig wie zu Anfang der Geburt.
Alle bangten um ihr Leben, nur ihr Gemahl Ludwig erschien an ihrem Schmerzenslager, blickte ungerührt nieder auf seine totenbleiche Frau, musterte sie verkniffen und wandte sich danach ohne jede innere Regung an Marie de Hautefort:
»Ich wünsche vor allem, dass man alles unternimmt, um mein Kind zu retten.«
Darauf erhob sich ein Raunen im Gebärzimmer. Allen war klar, dass dies nichts anderes als Annas Todesurteil war. Falls
sich nichts änderte, würden die Ärzte demnächst den Leib der Königin aufschneiden, um wenigstens zu versuchen, den Thronfolger lebend ans Tageslicht zu holen. Bei Schnittentbindungen gelang es jedoch nur in den seltensten Fällen, der Leibesfrucht ins Leben zu verhelfen, für die Mutter bedeutete es dagegen immer den Tod.
Viele der Anwesenden waren empört über die Entscheidung des Königs, aber niemand wagte einen Widerspruch. Es war dies das Recht des Ehemanns und Vaters.
Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, das Ungeborene im Mutterleib zu töten - man nannte dieses von französischen Ärzten entwickelte Verfahren Embriothomie, eine zugegebenermaßen barbarische Vorgehensweise, bei der man den Schädel des Kindes zertrümmerte und meist auch dessen Körper zertrennte, um die Einzelteile besser aus dem Leib der Mutter
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