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Im Dunkel der Nacht (German Edition)

Im Dunkel der Nacht (German Edition)

Titel: Im Dunkel der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Carr
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Frau ging an ihnen vorbei und trat ans Mikrofon. Sie war klein. Obwohl sie High Heels trug, reichte sie den meisten Beamten, an denen sie vorbeikam, nicht einmal bis zur Schulter.
    Auch sie war hübsch. Nicht so hübsch wie Marianne, nicht so exotisch. Sie hatte ein rundes Gesicht, weiches rotbraunes Haar und ein leicht spitzes Kinn. Sie trug eine schwarze Hose und eine komplizierte Bluse, die um sie gewickelt und verknotet war.
    Sie bog das Mikrofon nach unten und sagte: »Mein Name ist Veronica Osborne, und ich bin … war … Max Sheldens Schwester.«
    Garys Welt geriet etwas ins Straucheln. Max’ Schwester? Er schaute genauer auf den Fernseher. War das die kleine Schokostreusel? Sie musste es sein. Wer sollte es sonst sein? Max hatte nur von einer Schwester gesprochen. Von dieser allerdings sehr häufig. Was für ein großartiges Kind sie war. Wie klug sie war. Wie witzig sie war.
    Nur ein einziges Mal hatte er erwähnt, dass sie es war, die ihn verraten hatte, dass sie die Schuld daran trug, dass er in der Sierra School für Jungen geendet war und sich einer Behandlung ausgesetzt sah, die man keinem Hund wünschte.
    Gary schob eine Kassette in den Videorekorder und startete die Aufnahme. Er würde sich dies noch einmal ansehen müssen. Vielleicht mehr als einmal.
    Nach dem Interview wurde wieder auf Marianne geschaltet. »Das war es also, Evelyn. Die Bitte der Schwester dieses toten Jungen um jede Information, die der Polizei dabei helfen könnte aufzuklären, wie seine Leiche in der Baugrube gelandet ist.« Marianne sah sehr ernsthaft aus, so als wäre es extrem wichtig gewesen, dass jeder von Max’ Schicksal erfuhr. Sie hatte recht. Die Leute sollten davon erfahren.
    »Danke, Marianne«, sagte die Nachrichtensprecherin. »Hier sind die Kontaktdaten für jeden, der etwas über Max Shelden weiß.« Am Bildschirm erschienen eine kostenlose Rufnummer und eine Internetadresse, und Gary notierte beide schnell mit.
    Was würden sie tun, wenn er anrief? Er könnte über das letzte Mal berichten, als er Max gesehen hatte. Über das Blut und die Verletzungen und seinen überdehnten Kopf. Gary wusste nicht, wie Max’ Knochen in der Baugrube gelandet waren, doch er entwickelte langsam die eine oder andere Theorie dazu. Vielleicht sollte er diese auch anbringen.
    Als Erstes wollte er sich aber über Schokostreusel klar werden. Er schaltete die Herdplatte unter seiner Bratpfanne ab, wusch sich die Hände und ging zu der Truhe, die er als Beistelltisch verwendete. Er räumte den Deckel frei und öffnete sie. Er nahm die Decken heraus, die obenauf lagen, und stieß auf einige Schuhschachteln. Die orange-braune ganz unten nahm er ebenfalls heraus und machte sie auf. Darin waren eine Armbanduhr, eine Gürtelschnalle, ein Ring und ein Foto eines afroamerikanischen Jungen, der sich mit einem kleinen blonden Mädchen am Strand befand.
    Er nahm das Foto mit in die Küche, spulte das Videoband zurück und sah sich Veronica Osbornes Pressekonferenz noch einmal von vorne an. Diesmal hielt er das Foto neben den Fernseher.
    Sie war es also. Max’ Schokostreusel.
    Ein Flüstern regte sich in seinem Hinterkopf. Schokostreusel war eine Verräterin. Sie war die Erste und vermutlich die Schlimmste, und das Schicksal hatte sie nun zu ihm gebracht. Das Universum hatte sie direkt vor sein Gesicht gestellt. Es musste eine Bedeutung haben.

9
    Es war vorbei. Wie machten das Politiker nur jeden Tag? All die Lichter. All die Kameras. All die Augen. Es war grauenvoll.
    In der Sekunde, in der es vorbei war, hatte sie sich vom Podium in die stillste Ecke eines Hinterzimmers geflüchtet.
    »Sie waren großartig.« Zach kam auf sie zu.
    »Klar, ganz bestimmt.« Ihr Herz raste noch immer, und sie zitterte derart, dass sie das Wasserglas kaum an ihre Lippen brachte.
    »Ernsthaft, Sie waren perfekt. Besorgt. Mitfühlend. Ruhig.« Er lehnte sich an die Wand neben ihr und lächelte.
    Sie fühlte, wie sich ihre Schultern etwas entspannten. Sie reichten jetzt nicht mehr bis unter ihre Ohren. »Warten Sie nur ab, bis der Angstschweiß meinen Blazer durchtränkt hat. Dann ändern Sie Ihre Meinung.«
    Er lachte. Es war ein nettes Lachen. Ein tiefes, rasselndes Kichern. »Man steckt sofort in einer Art Überlebenskampf, nicht wahr? Wenn ich auf die ganzen Kameras und Mikrofone blicke, überkommt mich grundsätzlich der Drang, schnellstmöglich durch die Hintertür zu verschwinden.«
    »Haben Sie schon viele Pressekonferenzen gehalten?«
    Er schüttelte den

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