Im Dunkel der Nacht (German Edition)
Gedanken ständig Leute. Sie wissen gar nicht, wie viele Krankheiten ich schon im Arden-Fair-Einkaufszentrum diagnostiziert habe. Nur noch meine Kolleginnen aus dem Krankenhaus wollen mit mir einkaufen. Aber zurück zur Pressekonferenz. Sagen Sie mir, was ich tun muss.«
Gary Havens schnitt Frühlingszwiebeln. Er kochte gerne. Er fand es interessant zu sehen, wie sich die Dinge verbanden, wie sich verschiedene Aromen ergänzten, welche Zutaten sich kombinieren ließen und welche besser nicht.
Es war aus der Not geboren, nicht zu verhungern, als er schließlich ausgezogen war. Die Alternative wäre die McDonald’s-Diät gewesen, doch von Fastfood hatte er für den Rest seines Lebens genug. Er fand eine alte Ausgabe von »Freude am Kochen« in einem Trödelladen, und ihm eröffnete sich plötzlich ein ganz neues Universum.
Nach einer Weile wurde das Kochen weniger Notwendigkeit und vielmehr Hobby. Er besuchte nun Bauernmärkte und fuhr an Sonntagen oft schon frühmorgens nach Davis, um die frischesten Produkte zu bekommen. Dann durchforstete er das Internet auf der Suche nach Rezepten, um herauszufinden, was er mit den magischen Dingen anstellen konnte, die er gefunden hatte. Ackerbohnen? Wer hatte je von Ackerbohnen gehört? Sie waren eine Offenbarung mit ihrer besonders dicken Schale und dem fasrigen Innenleben. Und von Mangold hatte er damals noch nie gehört, geschweige denn ihn gegessen. Jetzt aß er ihn regelmäßig, wenn er Saison hatte.
Alles war zu seiner Zeit am besten. Man musste Geduld haben. Man musste warten, bis alles seinen jeweiligen Höhepunkt erreichte, und dann die Gelegenheit beim Schopf packen.
Er schaltete die Abendnachrichten ein, während er kochte. Er bevorzugte Kanal 14, hauptsächlich wegen Marianne Robar. Sie war eine der Reporterinnen und fast jeden Abend auf Sendung.
Es erübrigt sich zu erwähnen, dass sie sehr hübsch war. Welche Nachrichtensprecherin war das nicht? Sie waren alle hübsch, mit kräftigem Haar, perfekten Zähnen und makelloser Haut. Gary wusste, dass einiges der Schminke geschuldet war. In manchen Nahaufnahmen von Evelyn Martinez, einer Moderatorin, konnte man erkennen, dass ihre Haut den Panzer aus Make-up oft zu durchbrechen versuchte. Bei Marianne sah die Haut nie so gestresst aus. Oder von zu wenig Schlaf gezeichnet. Auch ihr Lachen war großartig. Es klang nicht so aufgesetzt wie das der meisten Nachrichtensprecher. Marianne glaubte man, dass sie ihre Arbeit gerne machte, selbst wenn man sie an die Interstate 80 bei Truckee stellte, um über den neuesten Schneesturm zu berichten. Gary schnaubte. Als ob Schnee im Januar in den Sierras eine bahnbrechende Nachricht gewesen wäre.
Manchmal stellte sich Gary vor, er würde das Abendessen für Marianne zubereiten, wenn er kochte und sie im Fernsehen sah. Er mochte es, sich auszumalen, dass sie nach ihrer Arbeit im Sender zu ihm kommen würde und dass sie gemeinsam zu Abend essen und über die Sendung sprechen würden. Sie würde ihm lustige Geschichten über die Kameramänner erzählen, und er würde sie für ihre großartige Arbeit loben. Dann würde sie ihn mit diesen wunderschönen dunklen Augen ansehen und ihm versichern, wie viel ihr seine Meinung bedeutete.
Einmal hatte er tatsächlich vor dem Sender auf sie gewartet. Als sie ging, war er ihr gefolgt, allerdings nicht bis ganz nach Hause. Sie war in ein bewachtes Wohnviertel abgebogen, und er wusste nicht, wie er ihr hätte folgen sollen, nachdem sich die Tore hinter ihr geschlossen hatten. Es war eine Schande. Er hatte gehofft zu sehen, wo sie wohnte. Dann hätte er ab und an vorbeikommen können und sich um Dinge kümmern, die einer Reparatur bedurften. Natürlich ohne ihr Wissen. Er wäre ihr besonderer Schutzengel gewesen.
Er schnitt die Frühlingszwiebel in ganz kleine Würfel. Er war sich sicher, dass Marianne es so am liebsten hätte. Sie ging gerade auf Sendung, und Gary griff nach der Fernbedienung, um die Lautstärke zu erhöhen.
»Wir sind jetzt live auf der Pressekonferenz, Evelyn«, sagte Marianne. »Die Schwester des Opfers wird gleich sprechen.«
»Weiß man schon, was die Schwester zu sagen hat?«, hakte Evelyn nach.
Es gab eine kurze Pause, da Marianne auf Evelyns Übertragung lauschte. Dann antwortete sie: »Nein, das weiß man noch nicht, Evelyn. Ich lasse es dich wissen, sobald wir etwas erfahren. Es geht jetzt los.«
Mariannes Gesicht verschwand aus dem Bild, und man sah nun ein Podium, hinter dem einige Polizisten standen. Eine
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