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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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zählte, war, dass der B8 wendig war und überall einsetzbar. Die Gartenwege waren schmal und steil – es gab kein besseres Gerät dafür.
    Die Sonne kam zwischen den dicken Wolken im Westen hervor und schien ihm warm auf den Rücken. Gleich halb fünf. Der Mann mit der Flasche müsste bald kommen. Komischer Kauz. Halbbruder? Kaum zu glauben. Vielleicht hätte er Frau Seidel trotzdem verständigen sollen. Aber wenn sie ahnungslos war, wollte er nicht derjenige sein, der ihr eine solche Geschichte erzählte. Ach was, sie hätte ihm sowieso kein Wort geglaubt. Halbbruder. Das war doch garantiert gelogen!
    Buschert versuchte den Radlader zu starten. Na bitte, schon röhrte das Maschinchen los. Dann aber bockte und heulte es auf. Aus. Noch ein Versuch. Nichts.
    Seufzend kletterte er vom Fahrersitz und kratzte sich am Kopf. Es gab verschiedene Möglichkeiten. Entweder es war die Zylinderkopfdichtung, oder er musste die Ventildeckeldichtung erneuern. Oder aber es war tatsächlich das Öl. Das war schon lange fällig, ebenso die Überprüfung des Bremssystems. Schrottmühle, elende.
    Grummelnd machte er sich am Messstab neben dem Führerhaus zu schaffen. Er saß fest. Verdammt.
    Â»Ein Hanomag, ich glaub es nicht!«, hörte er eine Stimme hinter sich.
    Der Flaschenmann. In Wahrheit hatte er nicht mehr mit ihm gerechnet. Die Flasche war ja weg, es gab eigentlich nichts mehr zu bereden. Was ging ihn überhaupt die verdammte Familiengeschichte an, wenn er sie sowieso nicht weitererzählen durfte? Komischer Vogel, wirklich. Hoffentlich war das keine Schnapsflasche in der Plastiktüte, die er hinter seinem Rücken versteckte.
    Die Sonne verzog sich wieder hinter die Wolken, ein scharfer Wind kam auf.
    Â»Ungemütlich. Gibt es irgendwo ein Plätzchen?« Der Fremde lächelte, es sah irgendwie verwegen aus. Wie in einer Reklame für Bergsteigerkleidung. Oder für Beck’s Bier.
    Sein Hals wurde wieder rau, wie auf Kommando.
    Â»Moment noch«, murmelte er und sammelte alle Kraft für den blöden Deckel. Da, endlich. Der Messstab war kaum benetzt. Das war nicht gut.
    Wahrscheinlich mussten auch die Filter gewechselt werden. Vieles hatte ihm sein Vater noch gezeigt, sonst hätte er die Mühle längst verschrotten müssen. Für eine neue war kein Geld da, ebenso wenig für eine fachmännische Reparatur. Nur noch teure Spezialisten kannten sich mit den alten Hanomags aus. Einen hatte er per Internet in der Nähe von Bremen ausfindig gemacht. Der wollte sogar für einen online-Ratschlag schon fünfzig Euro.
    Â»Schrottmühle!«
    Â»Das Öl?«
    Â»Weiß nicht. Kennen Sie sich aus?«
    Der Mann lachte. »Eigentlich nicht. Aber Öl reinkippen hilft doch immer, oder?« Das Lachen wurde leiser. »Oder wie wär’s hiermit?«
    Der Mann stülpte die Plastiktüte ein Stück weit um. Der bekannte lange Flaschenhals mit Schraubverschluss ragte heraus.
    Buschert schluckte trocken und schüttelte den Kopf.
    Er ließ den Mann stehen und ging ins Gewächshaus. In einer Ecke stand der Schrank mit dem Werkzeug, darin befand sich auch eine Dose Öl für den Radlader, das wusste er. Die hatte er letzten Herbst gekauft, weil er schon damals den Verdacht gehabt hatte, dass es die Maschine nicht mehr lange ohne neues Öl tun würde.
    Er schnappte sie sich und wollte zurück, da stand der Kerl schon hinter ihm.
    Â»Es regnet gleich. Haben Sie sich an unsere Abmachung gehalten?«
    Â»Welche Abmachung?«
    Der Mann kniff die Augen zu einem schmalen Schlitz zusammen, und ihr ungewöhnliches Dunkelblau wirkte fast schwarz, irgendwie bedrohlich.
    Â»Haben Sie Ebba informiert?«
    Â»Frau Seidel? Bis jetzt nicht. Sie haben die Flasche ja noch am Samstag weggenommen. Ich hätte es Ihnen gar nicht erlauben dürfen, sie dazulassen. Mein Chef war in Urlaub, also war ich für alles verantwortlich. Hätte nicht haben wollen, dass sich jemand beschwert, was da alles auf den Gräbern rumliegt. Fällt ja alles auf mich zurück.«
    Der Mann nickte leicht. Er setzte sich auf einen der umgedrehten Pflanzkübel und schraubte die Flasche auf. Das Glas funkelte, die durchsichtige Flüssigkeit schwappte leicht. Er hielt die Flasche hoch.
    Â»Wirklich nicht? Auch nicht einen winzigen?«
    Am liebsten hätte er dem Mann den Schnaps aus der Hand gerissen.
    Â»Nein!«, brüllte er stattdessen.

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