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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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Frage, die anderen drei Seiten wurden von dem Aktenschrank, einem Fenster und der Tür unterbrochen. Sie kniff die Augen zusammen und nahm Maß, drehte sich um, ging zum Fenster, schaute auf den tristen, grau gepflasterten Innenhof hinaus, nahm noch einmal Maß. Das Ungeheuer in ihr regte sich nicht, sie konnte ohne Schwindelgefühl, Magenkrämpfe oder Brausen im Kopf die Bilder durchgehen. Da war eines: braun-schwarz-olivgrün. »Krüppelkiefer im Sturm« hatte sie es immer genannt, obwohl man darauf nicht unbedingt etwas Gegenständliches erkennen konnte.
    Unter der Schicht lag Rosie mit verdrehtem Bein, darunter ein schwarzes Loch mit einem hellen Punkt, der ihre eigenen Haare darstellen sollte.
    Â»Oh, Ebba«, sagte Thomas leise lachend und zeigte auf ihren Kopf. »Worüber regst du dich auf?«
    Sie merkte, dass sie eine Gänsehaut bekommen hatte, und riss sich zusammen.
    Â»Ich glaube, ich weiß, welches passen würde«, sagte sie langsam, und die Worte schienen sich wie eine Python aus ihrem Mund zu winden und sich um ihren Hals zu legen.
    Â»Wunderbar. Wir werden uns doch bestimmt über den Preis einig, oder? Ich meine, wenn du ja sowieso nicht verkaufen magst, geht es dir sicher nicht ums Geld. Kann ich es morgen holen? Kathrin trifft der Schlag, wenn sie am Montag ihr Büro betritt.«
    Davon war Ebba überzeugt. »Vielleicht ist es zu trist. Schade, dass ich Sibylle Wagners ›rotlischattn‹ nicht mehr habe.« Sie stockte. Was hatte sie da gerade gesagt? »rot-licht-schatten«, wiederholte sie betont langsam. »Das hätte gepasst.«
    Â»Ich habe immer ein Bild deines Vaters besitzen wollen. Er war ein begnadeter Maler, egal, was für ein Schwein er menschlich war.«
    Â»Wenn du es deiner Schwester schenkst, gehört es dir aber nicht.«
    Thomas runzelte die Stirn. »Seine Motive und Farben passen doch zur düsteren Stimmung in diesem Haus, findest du nicht? Darf ich dich kurz herumführen?«
    Â»Ich hab es mir überlegt, ich würde doch lieber wieder nach Hause …«
    Â»Es dauert nicht lange, und danach gehen wir essen. Oder lieber ins Kino?«
    Seine Stimme klang irgendwie komisch, wie weit entfernt. Oder lag das an ihren Ohren? Ebba versuchte sich zu konzentrieren.
    Â»Was wird denn gespielt?«
    Â»Keine Ahnung. Komm. Du wirst dich wundern, wie groß unser Betrieb ist. Der gesamte Hof ist unterkellert, über den Garagen befindet sich das Sarglager, weiter hinten, neben dem Andachtsraum für verschiedene Religionsgemeinschaften, haben wir sogar einen Saal, in dem die Angehörigen ihre Trauerfeiern abhalten können. Bis zu vierzig Personen passen hinein. Beste Ausstattung, inklusive moderner Küche.«
    Er stieß eine weitere Tür auf. »Hier ist der Showroom mit den Mustersärgen. In den Schränken die passenden Decken, Kopfkissen und Leichenhemden. Spitze, Damast, Öko-Baum wolle – was das Herz begehrt.«
    Â»Nicht unbedingt das, was ich mir unter einem netten Abend vorgestellt hatte.«
    Er grinste schief. »Man kann sich im Leben nicht immer alles aussuchen, meine Liebe. Jetzt das Sarglager. Achtzig haben wir immer vorrätig. Wir bekommen sie als Rohlinge, und ein Mitarbeiter macht sie dann gebrauchsfertig.«
    Â»Wie sich das anhört!«
    Â»Gebrauchsfertig bedeutet, er schlägt sie mit Stoff aus, schraubt die Griffe dran …«
    Â»So genau wollte ich das gar nicht wissen.«
    Â»Tja, so ging mir das auch mal. Glaubst du, ein Kind will so etwas wissen? Geschweige denn tun !« Er schrie das Wort förmlich hinaus.
    Was war nur los mit ihm? Seit sie das Gebäude betreten hatten, war er verändert. Wahrscheinlich würde es ihr genauso gehen, wenn sie plötzlich wieder im Atelier ihres Vaters stünde.
    Vor einem eingebauten Lift blieb er stehen und drückte den Knopf. Leise öffneten sich die Türen. Ebba machte einen Schritt zurück, und er lachte leise.
    Â»Stimmt, die Seidels mögen keine Aufzüge. Also dann die Treppe. Darf ich vorgehen?«
    Ebba wusste nicht, ob sie folgen oder weglaufen sollte. Sie fühlte sich immer unbehaglicher. Sie wusste längst, dass er diese Arbeit hasste. Warum also schleppte er sie hier herum? Wollten sie nicht ins Kino?
    Â»Wann fangen die Vorstellungen denn an? Sollten wir nicht langsam los?«
    Er machte eine ausladende Armbewegung.
    Â»Nach dir.«
    Zögernd stieg sie die Treppe

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