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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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fähig. Also gab Ebba Auskunft, so gut sie es mit dem Aufzug im Blickfeld konnte.
    Der Mediziner sah irgendwann hoch und schüttelte den Kopf. »Den Todeszeitpunkt würde ich grob auf Freitagabend legen, kurz vor Mitternacht. Ich kann keine äußeren Anzeichen eines unnatürlichen Todes feststellen«, sagte er. »Wir obduzieren ihn.«
    Ebba schluckte. Unnatürlicher Tod? Wer sollte Georg denn etwas zuleide tun wollen, und warum?
    Hatte sein Tod mit den Sabotagefällen zu tun? Aufgeregt informierte sie die Polizei über die merkwürdigen Vorfälle, aber auch darüber, dass Georg in erster Linie seine Frau verdächtigt hatte und diese, seit sie Georg das letzte Mal lebend gesehen hatten, ununterbrochen bei ihr gewesen war.
    Etwas anderes kam ihr allerdings sehr merkwürdig vor. »Er hatte Angst vor Aufzügen«, berichtete sie dem Hauptkommissar, einem korpulenten Mittfünfziger mit misstrauisch zusammengezogenen dunklen Augenbrauen. »Niemals wäre er freiwillig in einen Lift gestiegen.«
    Der Ermittler nickte. »Ich habe mich auch schon gefragt, was er da wollte. Seine Aktentasche und sein Mantel befinden sich noch im Büro, und das hatte er abgeschlossen und trug den Schlüssel bei sich. Wir werden den Aufzug untersuchen lassen. Gehen Sie nach Hause. Wir melden uns, wenn es etwas Neues gibt oder wenn wir noch Fragen haben. Können Sie die Nacht bei Ihrer Schwägerin bleiben?«
    Natürlich konnte sie das. Wieder und wieder fragten sie sich in den nächsten Stunden, was wohl passiert war. Offenbar hatte Georg Überstunden gemacht, aber warum? Das sah ihm gar nicht ähnlich. Und dann die Sache mit dem Lift.
    Aber sosehr sich Ebba auch den Kopf zerbrach – sie fand keine Antwort.
    Auch Jörg, den sie angerufen hatte und der sofort zu ihnen gekommen war, wusste keine plausible Erklärung. Er nahm Ebba in den Arm, gab Maria eine gut verträgliche, schnell wirkende Schlaftablette, und saß den Rest der Nacht wie ein Fremdkörper auf dem beigefarbenen Kunstledersofa in Georgs sterilem Eichenholz-Wohnzimmer.
    Ebba fror erbärmlich. Grund dafür war nicht nur die Anspannung, sondern auch die Nachtabsenkung, die das Haus auf 15 Grad auskühlen ließ. Auch abends waren es nie mehr als 18 Grad. Der weiße Fliesenboden und das Fehlen von Gardinen, Decken, Kissen oder Teppichen ließen den Raum noch mehr wie eine Kühlkammer wirken.
    Jörg kochte in der blitzblanken Küche einen Tee und suchte die Schränke nach etwas Essbarem ab.
    Â»Knäckebrot, fettarmer Joghurt und ein Stück Gurke, mehr finde ich nicht«, stöhnte er. »Soll ich den Pizzadienst rufen?«
    Ebba schüttelte den Kopf. »Nimm mich lieber in den Arm«, bat sie und war schon fast getröstet, als sie sich in seinen flauschigen Rollkragenpullover kuschelte, der nach seinem Rasierwasser und nach Terpentin roch. Sie schnupperte noch einmal und verzog das Gesicht.
    Â»Wonach riechst du denn? Was hast du am Wochenende gemacht?«
    Er lachte lautlos und hätte mit dem Grübchen im schwarzen Dreitagebart glatt als italienischer Filmschauspieler durchgehen können.
    Â»Lisa wird nächsten Monat zwölf. Da ist Rosa so was von megaout oder uncool oder wie das gerade heißt. Weiße Wände, hellblaue Polster – das ist jetzt in. Was macht also der böse Scheidungspapa an seinem unverhofft freien Wochenende? Er streicht das Mädchenzimmer in seiner Wohnung um, während seine Geliebte ohne ihn durchs frühlingshafte Paris flaniert. Oh, entschuldige, ich wollte nicht herzlos sein.«
    Er strich ihr sanft über den Kopf und murmelte: »He, deine Haare! Völlig elektrisch.«
    Ebba machte sich steif. »Das waren sie schon immer. Das elektrische Kind haben sie mich früher genannt. Es war schrecklich für mich, als ich klein war.«
    Â»Erzähl.«
    Ebba schüttelte den Kopf. »Da gibt es nicht viel zu sagen. Ich habe mich ja nicht sehr verändert. Damals war ich noch durchscheinender, fast wie ein Albino. Die Leute wurden still und starrten mich an, sobald ich einen Raum betrat. Wie ich das gehasst habe! Und weil ich mich aufregte, standen mir die Haare zu Berge, und alle fingen an zu lachen. Allen voran mein Vater. Manchmal zwang er Georg, sich hinter mich zu stellen, die Hände seitlich an meinen Kopf zu halten und dann langsam nach oben zu heben. Meine Haare gingen mit, und alle lachten noch lauter.

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