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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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umschlang ihre Knie und schaukelte vor und zurück wie ein unglückliches Kind. Tränen rollten ihr über die Wangen und den Hals hinab, und sie konnte nicht mehr aufhören, sich mit der Vorstellung zu geißeln, dass sie allein es war, die die schwere Schuld der Familie Seidel aushalten und die Konsequenzen dafür tragen musste.
    Immer tiefer sank sie in sich zusammen, griff sich an den Kopf, als könne sie sich vor den Teufeln schützen, die immer zahlreicher auf sie niederfuhren und sie piesackten.
    Ãœber Stunden verharrte sie in dieser Haltung, legte sich irgendwann, ohne etwas zu essen, in ihren Kleidern aufs Bett, schloss die Augen und betete, der Herr möge ihrer Qual ein gnädiges Ende setzen und sie endlich zu sich nehmen.

Zwölf
    Dienstag, 3. Februar 2009
    Aber ihr Herrgott hatte kein Erbarmen.
    Stöhnend rutschte sie nach durchwachter Nacht von der Bettkante auf die Knie, faltete erneut die Hände und betete: »Der Herr ist die Kraft meines Lebens: Vor wem sollte ich bangen? Mag ein Heer mich belagern: Mein Herz wird nicht verzagen. Mag Krieg gegen mich toben: Ich bleibe dennoch voller Zuversicht …«
    Das Schrillen der Türglocke riss sie aus den Psalmen, die ihre Lippen seit Stunden formten, die aber ihr Herz nicht erreichten, was sie noch mehr verzweifeln ließ. Konnte es möglich sein, dass sie ihren Glauben verloren hatte?
    Die Klingel, schon wieder.
    Sie sah an sich hinunter und drehte sich halb zur Spiegeltür im Schlafzimmerschrank. Wie sie aussah! Verknittert, schmutzig, ungekämmt, verweint. Jemand Fremdes würde einen Schreck bekommen, wenn sie in diesem Zustand die Tür öffnete. Aber es konnte kein Fremder sein, der sich da so hartnäckig bemerkbar machte. Es konnte aber auch kein alter Freund sein, denn ihre früheren Freunde hatte sie längst verloren. Es gab also nur eine Person, die in Frage kam.
    Mühsam und mit der Hand an der Hüfte rappelte sie sich hoch, humpelte zur Tür und merkte, wie ihre Lippen spannten, als würde das Salz ihrer Tränen darauf zerspringen, während sie sich zu einem freudigen Lächeln formten.
    Â»Sie! Das ist ja nett. Was ist mit Ihrer Hand geschehen? Die ist ja verbunden.«
    Ihr Besucher legte lächelnd den Zeigefinger der gesunden Hand auf seine Lippen. »Schscht! Was sollen die Leute denken, wenn Sie um diese Uhrzeit Herrenbesuch empfangen.«
    Das war ein geflügelter Scherz zwischen ihnen, und er heiterte Frieda tatsächlich etwas auf.
    Â»Kommen Sie herein. Wissen Sie, dass Sie heute mit diesem Hemd und der Krawatte meinem Georg ähnlich sehen? Oh, ich fürchte, ich kann Ihnen nichts zum Frühstück anbieten …«
    Ihr Besucher lächelte freundlich zurück und hob seine gesunde Hand.
    Â»Macht doch nichts. Ich habe Tee dabei, eine neue Mischung, und dann möchte ich Sie bitten, mir zu helfen. Ich habe mich schrecklich geschnitten, und die Hand tut mir so weh, dass ich etwas dagegen einnehmen will, aber ich schaffe es einfach nicht, mit links die Packung zu öffnen. Sie ist in meiner Jackentasche. Würden Sie bitte so freundlich sein? Aber vielleicht vorher noch Teewasser aufsetzen?«
    Â»Natürlich.« Frieda ging in die Küche und schaltete den Wasserkocher ein. Dann setzte sie sich an den Tisch. »Wie viele Tabletten brauchen Sie? Eine? Zwei?«
    Â»Würden Sie mir wohl gleich alle rausdrücken? Es ist eher ein Beruhigungs- als ein starkes Schmerzmittel. Ich werde es sicherlich ein, zwei Tage lang nehmen müssen und möchte Sie nicht jedes Mal belästigen.«
    Â»Sie belästigen mich nie. Heute schon gar nicht.« Sie konnte nichts dafür, aber ein neuer Weinkrampf kündigte sich an, auch wenn sie sich einredete, dass es nur Selbstmitleid war, das aus ihr hinausdrängte.
    Ihr Besucher war mit einem Satz bei ihr. »Meine Güte, was ist denn los? Und wie sehen Sie überhaupt aus? Kommen Sie, das Wasser kocht. Ich gebe Ihnen eine meiner Tabletten, das wird Ihnen guttun.«
    Â»Auf keinen Fall! Ich habe noch nie Tabletten genommen.«
    Â»Ach was, ich löse sie im Tee auf – sehen Sie hier, so.«
    Â»Aber nur eine.«
    Â»Natürlich.«
    Sie mochte gar nicht hinsehen.
    Zum Glück schüttete er noch Zucker aus der Zuckerdose hinzu, viel Zucker.
    Fast zu viel.
    Frieda rührte unschlüssig in dem breiigen Satz des Bechers, dessen Inhalt nach Pfefferminze und etwas Undefinierbarem

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