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Im Dunkel der Schuld

Im Dunkel der Schuld

Titel: Im Dunkel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hampp
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Küche, und es wäre eine Sünde, den Abend allein zu verbringen. Meine Frau interessiert sich nicht sehr für Kunst, wissen Sie.«
    Er lächelte nachsichtig und ließ Ebba hinaus in die frische Luft. »Ich habe Sie mit meinem Verlangen aufgewühlt«, stellte er an der Tür fest und verbeugte sich noch einmal. »Das tut mir leid. Wenn Sie wollen, lotse ich Sie nach draußen und besorge Ihnen Ihren Mantel und ein Taxi.«
    Erleichtert drückte Ebba ihm die Hand. »Ich werde über unser Gespräch nachdenken«, versprach sie und ignorierte das feine Vibrieren, das sich in ihrer Handtasche bemerkbar machte. Wer sollte sie schon mitten in der Nacht anrufen? Rosie ganz gewiss nicht. Das waren nur ihre Nerven.

Zweiundzwanzig
    Faschingsdienstag, 8. März 2011
    Der Bahnsteig war überfüllt. Ebba nahm um sich herum keine einzelnen Personen wahr, sondern nur eine wogende Masse. Gleich würde ihr Zug einfahren. Wie gut, dass Bahnreisen, anders als Flüge, ihr trotz ihrer Platzangst nichts ausmachten. Georg an ihrer Stelle hätte da Zustände bekommen. Und Rosie … Ach, Rosie!
    Â»Mädche, jang mal än Stück zur Sigg.«
    Rote Nase, glasige Augen, Alkoholdunst. Sofort rebellierte ihr Magen. Auch das noch. Sie konzentrierte sich darauf, beim Zurückweichen nicht zu stolpern.
    Jemand packte ihren Arm, und sie blickte in Michael Maurers ernstes Gesicht. Am liebsten hätte sie ihren Kopf an seine Schulter gelehnt, so erleichtert war sie innerlich, ihn zu sehen.
    Â»Ebba, schaffst du das wirklich allein? Soll ich dich nicht doch nach Schleswig fahren? Es ist viel bequemer mit dem Auto. Deine arme Schwester; es tut mir so leid. Der Picasso-Deal ist doch jetzt nebensächlich. Kann ich denn gar nichts für dich tun?«
    Sie zwang sich zu lächeln, obwohl sie sich am liebsten vor Kummer auf den Boden geworfen und ihr Entsetzen hinausgeschrien hätte. Rosie tot? Das war undenkbar, nein, das konnte nicht sein. Sie musste sich mit eigenen Augen davon überzeugen, sonst würde sie es nie und nimmer glauben.
    Â»Schon gut, Michael, danke. Ich muss das erst einmal verdauen. Außerdem glaube ich nicht, dass es Rosie ist. Das kann gar nicht sein. Nie im Leben hätte sie sich von einem Balkon gestürzt. Wie kommen die bei der Polizei darauf? Wie können die es wagen, mich so in Angst und Schrecken zu versetzen? Warum hat Rosie nur kein Handy gekauft? Sie hatte es mir doch versprochen. Ich kann sie nicht erreichen, und Inken auch nicht. Das ›Eulennest‹ hat bis Mittwoch zu, heißt es auf dem Anrufbeantworter. Dabei dachte ich immer, in Norddeutschland gäbe es keinen Fasching.«
    Â»Du bist ganz durcheinander. Komm her.« Zwei Arme zogen sie an ein tröstend flauschiges Stück Kamelhaarstoff, dann strich Maurer ihr über den Kopf, während er ihr mit der anderen Hand sacht auf den Rücken klopfte. Trost tat gut, aber er war trotzdem unwillkommen. Sie wollte ihre Fassung nicht verlieren. Es war schon alles schlimm genug.
    Oder auch nicht. Es war nicht Rosie. Niemals.
    Und deshalb wollte sie nach Schleswig. Sie wollte die tote Frau sehen, um den Polizisten zu sagen, dass sie auf der falschen Spur waren. Rosie brachte sich nicht um. Nicht auf diese Weise.
    Ihre Gedanken drehten sich im Kreis.
    Â»Halte du heute Mittag Kaufmanns Einladung ein. Ich glaube, er ist offen für den Picasso-Deal. Richte ihm aus, dass ich in diesem Fall gern über sein Angebot nachdenken werde. Da kommt mein Zug. Ich ruf dich an, wenn ich Genaueres weiß.«
    Wie benommen kletterte Ebba mit ihrem Koffer in den Waggon. Sie hatte zwar nur zwei Nächte in Köln bleiben wollen, aber vorsichtshalber hatte sie etwas mehr Kleidung zum Wechseln mitgenommen. Das hatte sie sich vor Jahren angewöhnt, als sie einmal vier Tage länger als geplant in Paris hatte ausharren müssen, um einen störrischen Händler zu überzeugen, ihr ein bestimmtes Werk zu vermitteln. Sie hatte sich neu einkleiden müssen, und seitdem nahm sie lieber Reservekleidung mit, denn sie mochte keine unnützen Einkaufsbummel.
    Erschöpft ließ sie sich auf einen freien Platz fallen und breitete sich auch auf dem Nachbarsitz aus. Bitte jetzt keine Gespräche, keinen Nachbarn, bitte einfach nur allein bleiben dürfen. Sie hatte gleich nach dem Aufstehen, als sie auf der Mailbox die Bitte der Kriminalpolizei Schleswig um Rückruf abgehört und dann die

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