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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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nichts zu bemerken. An ihren leicht schrill klingenden Stimmen merkt man, daß sie beide etwas angeheitert sind.
    »Auf Wiedersehen, Lise!«
    »Bis bald!«
    Man verabschiedet sich von mir, klopft mir lässig auf die Schulter. Was denken sie wohl wirklich von mir, von meiner stummen und starren Anwesenheit? Ich gähne herzhaft, zumindest habe ich das Gefühl.
    »Maman, Yvette! Helft uns, die Tische ins Haus zu tragen!«
    »Wir kommen!«
    Die beiden machen sich nützlich, ohne jedoch dabei ihre Unterhaltung zu unterbrechen, und glucksen noch immer wie Schülerinnen vor sich hin. Es muß sehr spät sein. Ich bin wirklich zum Umfallen müde.

    Urplötzlich schrecke ich aus dem Schlaf auf. Wo bin ich? Im Dunkeln natürlich, aber wo? Ich höre kein Geräusch. Ich liege ausgestreckt. Aber nicht in meinem Bett. Ich spüre Leder. Ein Sofa? Vielleicht. Ein Gerät brummt. Ein Kühlschrank? Übernachten wir etwa bei den Fanstens? Es ist unerträglich, nicht die Augen aufmachen und sich umsehen zu können. Ruhig, Elise, ruhig, entspann dich, atme tief durch. Ich bin sicher bei Paul und Hélène. Yvette war vermutlich zu müde, um noch nach Hause zu gehen.
    Schritte. Ich höre Schritte. Ein leichtfüßiges Tapsen. O nein, das wird jetzt doch nicht schon wieder von vorne anfangen, ich …
    »Elise! Schläfst du?«
    Es ist Virginie. Ich bin erleichtert. Automatisch hebe ich den Zeigefinger.
    »Du lügst! Wenn du schläfst, wie kannst du mich dann hören?«
    Kein Zeigefinger. Ich warte.
    »Yvette hat sich den Knöchel verknackst, als sie zur Toilette gegangen ist, also hat Papa gesagt, daß ihr heute nacht besser hier bleibt, weil sie sich sehr weh getan hat. Der Knöchel war ganz dick, Papa hat Eiswürfel in einen Beutel getan und ihr gesagt, sie soll sich hinlegen und die Eiswürfel um den Knöchel tun, und Omi und ich, wir haben dich auf das Sofa im Wohnzimmer gelegt. Du hast wie ein Baby geschlafen. Und dann, als ich wach geworden bin, habe ich mir gedacht, daß du vielleicht ganz allein im Dunkeln wach geworden bist, also bin ich mal lieber gucken gekommen. Das passiert mir oft, daß ich nachts im Dunkeln aufwache, ich weiß, daß man da Angst hat.«
    Braves Mädchen. Yvette hat sich also den Knöchel verknackst. Ich hoffe, es ist nichts Schlimmes, sonst … Ich habe keine Lust auf eine neue Krankenschwester, noch dazu eine Unbekannte. Natürlich mußte das ausgerechnet jetzt passieren … Virginie senkt die Stimme noch mehr, ihre Worte sind fast nicht zu verstehen, nur ein leises Murmeln an meinem Ohr:
    »Weißt du, ich glaube, die Bestie der Wälder wird es bald wieder tun müssen. Die Bestie kann nicht lange untätig sein, verstehst du? Ich glaube, daß sie eifersüchtig ist, weil ich mit dir spreche. Sie will, daß ich mich nur mit ihr abgebe. Aber ich hab dich gern. Ich bete jeden Tag, daß sie dich nicht anrührt. Ich habe ihr sogar einen Zettel mit mehreren Kindernamen hingelegt, damit sie auf andere Gedanken kommt.«
    Ich erstarre vor Entsetzen. Nein, ich bin entsetzt. Von Kopf bis Fuß. Meine Gedanken rasen mit hundert Stundenkilometern wie wild durch meinen Kopf. Entweder ist dieses Kind komplett verrückt, oder es gibt hier tatsächlich einen gefährlichen Irren, der frei herumläuft. Sie hat ihm eine Nachricht hingelegt! Der Bestie der Wälder! Meine Damen und Herren, nach Robin Hood, der die Reichen bestahl, um die Taschen der Armen zu füllen, präsentieren wir Ihnen nun die Bestie der Wälder, der die Lebenden beseitigt, um das Paradies zu füllen! Das ist kompletter Wahnsinn! Aber Virginie hätte sich Ort und Zeitpunkt des Verbrechens an dem kleinen Michael nicht ausdenken können und …
    »Ich muß wieder nach oben, sonst könnte es gefährlich werden!«
    He! He, warte! Ich höre, wie sie mit kleinen, raschen Schritten die Treppe hinaufhuscht. Gefährlich? Warum ›gefährlich‹? Ist hier jemand, der uns beobachtet? Haben sie wenigstens daran gedacht, die Haustür abzuschließen? Virginie, laß mich nicht allein, komm zurück! Komm zurück! Es ist unglaublich, wie oft ich schweigend brülle, dabei war ich immer ein sehr ruhiger Mensch.
    Ich lausche. Der Kühlschrank brummt. Eine Uhr tickt. Draußen ist es windig. Das Rascheln der Blätter, das Geräusch umherfliegenden Papiers. Und mein eigener Herzschlag. Wenn hier jemand wäre, hätte Virginie mich nicht allein gelassen.
    Das einzige, was ich mit Bestimmtheit sagen kann, ist, daß dieses Kind ein ernstes Problem hat. Man könnte fast meinen, daß sie – bis

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