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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Gesicht.
    »Da wären wir!«
    Er öffnet die Tür mit einer Hand, beinahe rutsche ich dabei auf den Boden, er kriegt mich gerade noch zu fassen und bugsiert mich auf den Sitz. Es muß der Rücksitz sein, denn ich liege ausgestreckt.
    »Ich komme gleich zurück.«
    Ich möchte ihm zurufen, daß er mich nicht allein lassen soll, mir tut der Schädel entsetzlich weh, mir ist kalt, ich zittere am ganzen Leib, vermutlich die Reaktion auf den Schock. Aber was ist eigentlich passiert? Wo ist Steph? Hoffentlich kommt der gute Mann rasch zurück … warum hat er eigentlich kein Autotelefon? Wenn ich bedenke, daß ich mein Leben einer Dose mit Ködern verdanke … Das Prasseln des Regens auf dem Autodach übertönt jedes andere Geräusch, ich bin allein, außerhalb der Zeit, in einer Kugel eingeschlossen, und ich verstehe nicht, was mit mir geschieht, man könnte meinen, ein Unglück kommt selten allein.

    Ich sitze, in ein Federbett eingemummelt, mit trockenen Strümpfen an den Füßen in meinem warmen Wohnzimmer. Mein Retter trinkt Kaffee mit Yvette, und ich unterhalte mich mit Kommissar Yssart, genannt Bonzo. Als die Polizei kam, haben sie uns als erstes ins Krankenhaus gebracht. Dort liefen sie zum Glück gleich Raybaud in die Arme. Zum Glück, weil es sonst ewig gedauert hätte, bis sie meine Identität festgestellt hätten. Kurz und gut, der gute Raybaud hat mich untersucht, festgestellt, daß alles in Ordnung ist, daß ich eine Ertrunkene in bester Verfassung bin, und daß man mich nach Hause bringen könne. Ich weiß nicht, wer Yssart verständigt hat, aber er tauchte eine Stunde später bei mir auf.
    Mein Retter – er heißt Jean Guillaume und ist Klempner – hat darauf bestanden, mich zu begleiten. Yvette hat sich vor Dank überschlagen, ihm ihr Mißgeschick mit dem Knöchel berichtet und schon saßen die beiden, in ein anregendes Gespräch vertieft, in der Küche. Yssart sitzt wahrscheinlich auf dem Sofa und fixiert mich bestimmt mit kleinen Schweinsäuglein. Ich bin erschöpft, ich möchte allein sein. Schlafen. Ich habe die Nase voll. Seine leise, höfliche Stimme peinigt mich wie ein winziger, aber lästiger Mückenstich.
    »Nun, Sie können sich also nicht erklären, durch welchen Zufall Sie in diesen Teich geraten sind? Im übrigen an der einzigen Stelle, an der er ungefähr zwei Meter tief ist.«
    Nein, das kann ich nicht, also kein Zeigefinger. Yssart seufzt.
    »Es war Stéphane Migoin, der Ihren Rollstuhl schob, nicht wahr?«
    Zeigefinger.
    »Er ist mit einem stumpfen Gegenstand niedergeschlagen worden, mit dem man ihm leicht den Schädel hätte zertrümmern können. Man fand ihn ohnmächtig und blutüberströmt im Gebüsch. Er behauptet, sich an nichts erinnern zu können.«
    Steph! Niedergeschlagen! Aber dann war das ja gar kein Unfall … Es war …
    »Ein Mordanschlag, so würde ich diesen Überfall werten, dem Sie, Mademoiselle Andrioli, zum Opfer gefallen sind. Sehr ungewöhnlich, ein Mordversuch an einer behinderten Person, die keine Lebensversicherung abgeschlossen hat und die nicht in der Lage ist, irgend etwas über irgend jemanden preiszugeben. Sie verstehen meine Verwirrung.«
    Und ich? Was bin ich? Man stiehlt mir meine Arme, meine Beine, mein Sehvermögen, meine Stimme und jetzt versucht man, mich zu töten? Was soll ich denn sagen, ich, die ich nicht einmal schreien kann, die einfach nur wie ein Sandsack einstecken und noch mehr einstecken kann. Ich hasse Sie, Kommissar Yssart, ich hasse Ihre freundliche und zuckersüße Stimme, Ihre übertrieben höfliche Art, Ihre Versessenheit, sich für Hercule Poirot höchstpersönlich zu halten, lassen Sie mich in Ruhe, laßt mich alle in Ruhe!
    »Ich nehme an, Sie sind erschöpft und wollen sich etwas ausruhen. Ich muß Ihnen sehr aufdringlich erscheinen. Aber glauben Sie mir, daß ich nur in Ihrem ureigenen Interesse so aufdringlich bin. Mich hat man heute morgen nicht versucht zu töten. Und ich bin es auch nicht, bei der man es vielleicht noch einmal versucht, verstehen Sie mich?«
    Zeigefinger. Mistkerl. Ich hab schon genug Schiß, da muß er mir nicht noch zusätzlich Angst einjagen!
    »Mademoiselle, ich kann Ihnen sagen, in den meisten Fällen sind die einzelnen Fakten wie Puzzleteile, man muß sie nur richtig zusammenfügen. Wenn sie sich nicht zusammenfügen lassen, hat man entweder ein Teilchen übersehen oder sich in die Irre führen lassen. Es kommt im menschlichen System höchst selten vor, daß etwas ohne Logik geschieht. Doch bei dem,

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