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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Joe Hill haben Songs über Wanderarbeiter geschrieben, über die Anfänge der Gewerkschaftsbewegung und ähnliche Sachen.«
    »Ich kapier’s nicht«, sagte sie.
    »Was?«
    »Marsallus, der ist kein Mafiatyp. Er denkt nicht wie einer. Das Zeug in dem Tagebuch, das macht mir zu schaffen.«
    »Meinst du die Massaker in den Dörfern?«
    »Isses da drunten wirklich so zugegangen?« fragte sie.
    »Jeder, der dort war, erzählt die gleichen Geschichten.«
    »Marsallus sagt da etwas über die Erinnerung, das mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist. ›Mein Zellengenosse hat mir heute erklärt, daß mein Kopf eine schlechte Gegend wäre, in die ich mich nicht alleine begeben sollte.‹ In meinem Leben gab’s mal ’ne Zeit, wo ich ganz genauso drauf war. Ich hab bloß nicht gewußt, wie ich’s ausdrücken soll.«
    »Aha«, sagte ich und konzentrierte mich auf einen Punkt irgendwo zwischen uns in der Luft.
    Sie tippte mit den Fingerspitzen auf den Aktenordner.
    »Hast du Lust, was mit essen zu gehen?«
    »Nein, danke. Sag mal, wo steckt denn der wandelnde Quadratarsch derzeit?«
    »Wie bitte?«
    »Clete Purcel.«
    »Oh, der treibt sich irgendwo rum ... Soll ich ihm etwas bestellen?«
    »Reine Neugier.«
    Ich nickte mit ausdrucksloser Miene. Sie stand von der Schreibtischkante auf, reckte die Schulter, zog den Bauch ein und stopfte ihre Bluse mit beiden Daumen unter den Hosengürtel.
    »Hast du irgendwas?« fragte sie.
    »Ich nicht.«
    »Ich war zu hart zu dem Typ, das ist alles. Ich mein, als er seinerzeit in deinem Büro gewesen ist«, sagte sie.
    »Er hat’s vermutlich schon vergessen, Helen.«
    »Ihr zwei geht viel fischen?«
    »Ab und zu. Hast du Lust, mal mitzukommen?«
    »Ich steh da nicht so drauf. Aber du bist ein Schatz«, sagte sie, ließ ihre Finger über meine Schulter wandern und ging hinaus.
    Moleen Bertrands Camp lag auf einem sogenannten Chenier drunten in den Marschen, einem Stück Schwemmland aus Muschelschalen, die vom Meer zu Pulver zermahlen und vom Gezeitenstrom abgelagert und wie ein Wallriff geformt worden waren. Von dem Anwesen einmal abgesehen, einem Holzhaus mit vier Schlafzimmern, einem Blechdach und einer mit Fliegengitter umgebenen Veranda, war das Chenier, auf dessen schwarzem Erdreich Pilze, Butterblumen und blaue Lupinen wucherten, völlig unberührt, nicht anders als zu der Zeit, da die ersten spanischen und französischen Entdecker nach Louisiana gekommen waren. Die Wälder waren wie Parks, mit weiten Abständen zwischen den Bäumen, deren Stämme und Zweige von Ranken, dick wie eine Boa constrictor, umschlungen waren, und der Boden unter den moosverhangenen, himmelhoch aufragenden immergrünen Eichen war mit Zwergpalmen bestanden und lag voller verrottender Pecansçhalen. Am Rande des Chenier war Sumpf, bewachsen mit Alligatorgras und Gummibäumen, aus denen sich Blaureiher über die blühenden Wasserhyazinthenfelder aufschwangen, die kein Boot passieren konnte, und im Süden sah man die graugrünen, schaumgekrönten Wogen des Golfs und das Wetterleuchten, das über dem Wasser tanzte wie Stromfunken in einem Metallkasten.
    Moleen und seine Frau Julia waren tadellose Hausherren. Ihre Gäste waren lauter sympathische Leute, Anwälte, der Besitzer einer Zuckerfabrik, ein Manager, dessen Firma scharfe Soßen herstellte, dazu ihre Frauen und Kinder. Moleen bereitete an einer Bar auf der Veranda Drinks zu, hatte eine riesige Eisbox mit Selters und Importbier bereitstehen, grillte in einem mit Blech gedeckten Schuppen Schwein am Spieß und briet ganze Ofenbleche voller tiefgekühlter Wildenten. Wir ballerten mit seinen Schrotflinten auf Tontauben, die Kinder spielten Volleyball und ließen Frisbees segeln; die Luft roch nach wilden Blumen, salziger Gischt und dem brenzligen Kupferdunst eines fernen Gewitters. Es war ein herrlicher Frühlingstag, ideal für ein Beisammensein unter Freunden auf einem unberührten Stück Land im alten Süden, das sich irgendwie dem Einfluß des zwanzigsten Jahrhunderts entzogen hatte.
    Bis auf Julias unnatürlich strahlende, allzu selbstsichere Miene, ihr hektisches Augenzucken, wenn sie bestimmte Worte oder Aussagen nicht gleich verstand, und Moleens ununterbrochenes Geschwafel, das allem Anschein nach nur vom Elend seiner Frau ablenken sollte. Ein ums andere Mal kehrte sie zur Bar zurück, goß sich vier Fingerbreit Scotch in ihr Glas, ohne Wasser oder Soda, gab eine halbe Tasse Eis, einen Teelöffel Zucker und frische Minze hinzu. Wir saßen im Wohnzimmer beim

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