Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
und lassen Ihren Mitmenschen raten, was gemeint ist«, sagte er. Er wartete. »Könnten Sie das bitte genauer erklären, Dave?«
»Von mir aus gibt’s da nichts zu erklären, Sir.« In der Ferne, draußen bei der Zufahrtsstraße, sah ich einen Jogger, einen stämmigen, gedrungenen Mann in Shorts und T-Shirt, der ein Handtuch um den schweißglänzenden Hals geschlungen hatte.
»Ich finde dieses ständige Herumorakeln irgendwie lästig«, sagte er. Er legte die Schrotflinte an, folgte mit dem Lauf einer fliegenden Seeschwalbe und ballerte im letzten Moment die Köpfe eines Büschels Pampagras ab. Er klappte die Flinte auf, nahm die leeren Hülsen heraus und warf sie in den Schlamm.
»Ich glaube, ich geh lieber wieder rein«, sagte ich.
»Sie haben eine Andeutung gemacht, die ich alles andere als angenehm finde. Ich bestehe darauf, daß wir das klären.«
»Ich war diese Woche noch mal auf Ihrer Plantage. Ich weiß nicht genau, was da draußen vorgeht, aber es hat zumindest teilweise etwas mit Ruthie Jean Fontenot zu tun.«
Er schaute mir in die Augen. »Könnten Sie sich vielleicht deutlicher ausdrücken?«
»Sie wissen ganz genau, was ich meine. Wenn Sie eine persönliche Beziehung verheimlichen wollen, ist das Ihre Sache. Aber Sie verheimlichen auch noch was anderes, Moleen, etwas, das mit der Plantage zu tun hat. Ich weiß bloß nicht was.«
Er riß die Flinte an die Schulter und schoß auf eine hinter einem halbversunkenen Baumstamm schwimmende Nutria, so daß rundum das Wasser unter den Schrotkugeln aufspritzte. Die Nutria tauchte ab und kurz darauf wieder auf, aber sie war eindeutig verletzt, schwamm krampfhaft aufs Ufer zu. Moleen klappte die Flinte auf und warf die Hülsen ins Wasser.
»Ich lasse mich ungern auf meinem eigenen Grund und Boden beleidigen«, sagte er.
»Wenn hier jemand beleidigt sein darf, dann ist es die Frau auf der Plantage. Sie hatten nicht einmal den Anstand, Ihren Namen unter das Foto zu schreiben, das Sie ihr geschenkt haben.«
»Sie gehen zu weit, mein Freund.«
»Und zu Tieren sind Sie genauso grausam wie zu Menschen. Sie können mich mal«, sagte ich und ging zurück zum Camp.
Bootsie war auf der Veranda.
»Wir müssen los«, sagte ich.
»Dave
, wir haben grade erst gegessen.«
»Ich habe mich bereits verabschiedet. Ich hab daheim noch am Bootsanleger zu tun.«
»Nein. Das gehört sich nicht.«
Zwei Frauen, die in unmittelbarer Nähe ihren Kaffee tranken, versuchten unser Gespräch tunlichst zu überhören.
»Okay, ich zieh mir jetzt Turnhosen und Tennisschuhe an und geh ein bißchen joggen. Du kannst mich am Fahrweg auflesen.« Sie schaute mich mit gequälter Miene an. »Ich erklär’s dir später.«
Wir waren mit Bootsies Toyota hergefahren. Ich schloß den Kofferraum auf, holte meine Turnschuhe und die Shorts heraus und zog mich im Schutz des Wagens um. Dann trabte ich los, über eine Lichtung voller Butterblumen, an einer Reihe Persimonbäume vorbei, die am Waldrand standen, und hinaus auf den Fahrweg aus festgebackener Erde, der zu dem Chenier führte.
Der Wind war warm, und der mit gelben und rotbraunen Wolken gesprenkelte Nachmittagshimmel wirkte wie aus Marmor. Ich wandte mein Gesicht in den Wind, lief steten Schrittes eine Viertelmeile und legte dann zu, bis mir der Schweiß über die Stirn lief und das Blut in meinen Adern sang – bis Moleen Bertrands Worte, all die Hochmütigkeit und Arroganz, die darin lagen, in weite Ferne gerückt waren.
Ich lief an einem Hain aus Pecanbäumen vorbei, in deren Schatten dicht an dicht Zwergpalmen wuchsen. Dann nahm ich aus dem Augenwinkel einen anderen Jogger wahr, der auf den lichtgesprenkelten Fahrweg trat und neben mir in Gleichschritt fiel.
Ich roch ihn, bevor ich ihn sah. Seine Ausdünstung war wie Nebel – muffig, penetrant, so als schieden seine Drüsen tierische Sekrete aus. Sein Kopf war braungebrannt und kugelrund, die Schulter so breit wie ein Axtstiel, die Hüfte war schmal und ging in einen kleinen Hintern über, den eine Frau vermutlich mit beiden Händen hätte umfassen können. Sein T-Shirt war zerfranst, aus den dunklen Achselhöhlen troff der Schweiß, und auf der flachen Brust wucherte ein Pelz aus nassen schwarzen Haaren.
Seine Zähne sahen aus wie bei einem Totenschädel, als er grinste.
»Sie legen zwischendurch Spurts ein, stimmt’s?« sagte er. Seine Stimme war tief und kratzig, so als hätte er Kehlkopfkrebs. »Ich auch.«
Seine Schulter war nur Zentimeter entfernt, seine Tennisschuhe
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