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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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›Ehrlich gesagt, hab ich das Politessendasein satt.‹ Er hat das ziemlich komisch gefunden.«
    Ich wartete darauf, daß sie fortfuhr.
    »Ende der Geschichte«, sagte sie. »Ich bin da nie wieder hin.«
    »Warum nicht?«
    »Das weißt du ganz genau.«
    »Immer noch besser als im Kaffeesatz lesen.«
    Sie zog einen Kamm aus der hinteren Tasche ihrer Jeans und fuhr sich damit durch die Haare. Ihre Brüste zeichneten sich wie kleine Bälle unter ihrer Bluse ab.
    »Rück deinen Schlips zurecht. Du wirst in den Abendnachrichten zum Jux der Woche«, sagte sie.
    »Helen, würdest du das bitte lassen?«
    »Sei frohgemut, Streak.«
    »Genau das sagt Clete Purcel auch immer.«
    »Der Quadratarsch? Ohne Scheiß?« sagte sie und grinste.
    Zwanzig Minuten später durchtrennten zwei Taucher, die Gummianzüge, Sauerstoffflaschen und OP-Handschuhe trugen, die verhedderte Nylonschnur, die kreuz und quer um den im Wasser versenkten Körper geschlungen und durch eine Kette aus Alteisenteilen gefädelt war. Sie hielten die Leiche an den Armen, so daß das verweste Hinterteil durch das Schilf schleifte wie ein eingesunkener kittfarbener Ballon, und schleppten sie mühsam ans Ufer.
    Ein junger Fernsehreporter wandte bei laufender Kamera das Gesicht vom Sucher und würgte.
    »Entschuldigung«, sagte er verlegen und schlug die Hand vor den Mund. Dann drehte er sich zur Seite und übergab sich.
    Die Taucher legten die Leiche bäuchlings auf eine schwarze Plastikplane. Die Rückseite der Oberschenkel wimmelte von Blutegeln. Einer der Taucher ging weg, nahm einem Deputy in Uniform die Zigarette aus dem Mund und rauchte sie, während er uns den Rücken zukehrte.
    Der Pathologe war ein großer weißhaariger Mann mit Fliege, Hosenträgern und einem Strohhut mit breiter Krempe und schmalem schwarzem Hutband.
    »Ich frag mich, wieso sie ihn nicht gleich ausgeweidet haben«, sagte er.
    Der Leichnam war nackt. Die Finger und Daumen an beiden Händen waren an den Gelenken glatt abgetrennt, vermutlich mit einem Bolzenschneider. Der Kopf war rund zwei Zentimeter über dem Schlüsselbein abgesägt worden.
    Helen biß einen Niednagel an ihrem Daumen ab. »Was meinst du?« fragte sie.
    »Schau dir an, wie groß er ist. Wie viele Jungs mit so einer Statur enden als Wasserleiche?« sagte ich.
    Selbst im Tod und im Zustand fortgeschrittener Verwesung, bei dem sich in tropischen Gewässern die Haut gräulich verfärbt, sah man anhand der Muskelstränge an Schulter, Rücken und Hüfte, daß es sich um einen kräftigen, sehnigen Mann gehandelt hatte, jemanden, dessen Körper durch jahrelanges Training gestählt war, der es gewohnt war, vierzig Kilo schwere Tornister durch den Busch zu schleppen, das jähe Rucken der Fallschirmgurte abzufedern und keine Miene zu verziehen, während der Stahlhelm die Nase zerschrammt.
    Ich streifte mir ein Paar weiße OP-Handschuhe über und kniete mich neben die Leiche. Ich versuchte die Luft anzuhalten, aber der Geruch legte sich wie klamme Wolle auf die Haut – ein alles durchdringender Gestank nach salzigem Tanggeschling, auf heißem Sand vertrocknetem Fischlaich und altem Schweinefleisch, das grünlich angelaufen und vergammelt ist.
    »Sie müssen das nicht machen, Dave«, sagte der Pathologe.
    »Bis fünf Uhr hab ich ihn auseinandergenommen.«
    »Ich suche bloß die Einschuß wunde, Doc«, sagte ich.
    Ich schob beide Hände unter den Oberkörper und wälzte die Leiche auf den Rücken.
    »O Scheiße«, sagte der Nachrichtenmann.
    »Vielleicht hat sich der Typ weibliche Organe einpflanzen lassen wollen«, sagte ein Deputy in Uniform.
    »Halt’s Maul, du Arschloch«, sagte Helen.
    Unmittelbar über der Leistengegend war eine Wunde. Ein Aal hatte sich hineingefressen, so daß sein Kopf tief im Fleisch steckte, während der Schwanz wie eine silberne Peitsche durch die Luft schlug.
    »Möglicherweise stoßen Sie auf eine Neunmillimeterkugel, Doc«, sagte ich.
    »Kennen Sie den Mann?« fragte er.
    »Meiner Meinung nach handelt es sich um einen gewissen Jack«, sagte ich.
    Helen strich mit einem zusammengefalteten Stück Pappkarton über seinen Schenkel. »Da ist ’ne Tätowierung, die seine Freunde übersehen haben«, sagte sie.
    Es war der verblichene, an einem aufgeblähten Fallschirm hängende grün-rot-goldene Globus mit dem Anker, das Abzeichen des Marine Corps.
    »Der arme Blödmann hat beim Wäscheappell wahrscheinlich nicht mal gewußt, wer er war«, sagte Helen.
    Helens Therapeut hatte ihr eine der Fragen gestellt, auf

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