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Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ernsthaft darauf an und rollen Sie diesen tödlichen Unfall von seiner Frau noch mal auf.«
    »Würden Sie das tun?« fragte er.
    »Nein. Aber wenn Sie jemandem Dampf machen wollen, dann ist das der Zündstoff, den sie ihm vorhalten sollten, Sheriff. Es ist bloß einfacher, wenn man nicht Bertrand heißt.«
    »Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen«, sagte er und ging hinaus.
    Manchmal hat man Glück.
    In diesem Fall handelte es sich um den Anruf eines alten Kreolen, der mit einem Drillingshaken, einer Eisenschraube als Senkblei und Hühnergedärm als Köder an einem sumpfigen Flußarm drunten an der Vermilion Bay gefischt hatte.
    Helen und ich fuhren auf einem Damm durch die weite, mit Riedgras bestandene Senke und trafen noch vor den Tauchern und dem Gerichtsmediziner ein. Der Regen hatte inzwischen aufgehört, die Sonne stand hoch und gleißend am Himmel, und das Wasser tropfte von den Zypressen, unter denen der alte Mann geangelt hatte.
    »Wo ist es?« fragte ich ihn.
    »Ganz da drüben, gleich hinter den Rohrkolben«, sagte er.
    Seine Hautfarbe erinnerte an staubige Ziegelsteine, die Augen waren trüb vom Star. »Meine Schnur hat geruckelt, und ich hab erst gedacht, ich hätt ’n Alligatorhecht am Haken. Ich hab dran gezerrt, und auf einmal hab ich gemerkt, daß es kein Alligatorhecht is. Dann bin ich rauf zum Laden gefahren und hab euch angerufen.«
    Seine von Schlick und Algen dunkelgrün verfärbte Wurfleine war um einen Zypressenstrunk gebunden und spannte sich über das Altwasser. Bei einem Teppich aus Wasserlilien und Schilf tauchte sie unter.
    Helen kauerte sich hin, legte den Finger um die Schnur und prüfte die Spannung. Die Leine hatte sich in etwas verheddert, das von der Strömung auf den Abfluß des Altwasserarms zugetrieben wurde.
    »Erzählen Sie uns noch mal, was Sie gesehen haben«, sagte sie.
    »Ich hab dem Mann, der sich am Telefon gemeldet hat, doch schon alles erzählt«, sagte er. »Es is aus’m Wasser aufgetaucht. Ich hab gemeint, mir bleibt das Herz stehn.«
    »Haben Sie eine Hand gesehen?« fragte ich.
    »Das hab ich nicht gesacht. Es hat ausgesehn wie eine Schwimmflosse. Oder wie der Fuß von ’nem großen Alligator. Aber das war kein Gator«, sagte er.
    »Sie sind nicht auf die andere Seite gegangen?« fragte Helen.
    »Ich hab dort nix verlorn«, sagte er.
    »Eine Schwimmflosse?« sagte ich.
    »Es is so ’n Stummel gewesen, wie ’ne Hand ohne Finger. Ich weiß nicht, wie ich’s euch erklärn soll«, sagte er.
    Helen und ich gingen zum oberen Ende des Altwasserarms und liefen auf der anderen Seite hinunter bis zum Abfluß, der in einen Kanal führte. Bei Ebbe strömte das Wasser in dem Kanal gen Süden, hinaus in die Bucht. In der glühenden Sonne flimmerte über dem toten Flußarm dampfig heiße Luft, die nach abgelagertem Schlamm und fauligen Pflanzen roch.
    Helen stieß mit einem Stock in den Teppich aus Wasserlilien und bewegte darunter etwas Weiches hin und her. Eine Schlickwolke quoll auf. Sie stocherte noch einmal in dem Wasserlilienteppich herum, und diesmal förderte sie ein dichtes Geflecht zutage, ein rostiges gelbes Eisenrohr, das rundum mit einer dünnen Nylonangelschnur umwickelt war. Sie ließ es wieder ins Wasser gleiten. Dann tauchte ein heller Fleck auf, ein runzliges Stück Haut, und verschwand wieder.
    »Wieso kriegen eigentlich immer wir die Wasserleichen?« sagte sie.
    »Hier schmeißen die Leute alles mögliche ins Wasser«, sagte ich.
    »Bist du schon mal beim Psychologen gewesen?«
    »Ist schon ’ne ganze Weile her«, sagte ich. In weiter Ferne sah ich zwei Notarztwagen und den Kleinbus eines Fernsehteams, die auf dem Damm näher kamen.
    »Ich bin mal bei einem in New Orleans gewesen. Ich war innerlich darauf vorbereitet, daß er mich fragt, ob mein Vater vor den Kindern an seinem Schniedel rumgefummelt hat. Statt dessen hat er mich gefragt, warum ich bei der Mordkommission arbeiten will. Ich hab ihm gesagt, daß es um Gut und Böse geht, daß ich an den Zuständen was ändern will, daß es mir nahegeht, wenn ich ein totes Kind aus der Kanalisation ziehe, nachdem ein Lustmörder mit ihm fertig ist. Und er lächelt mich die ganze Zeit an, und sein Gesicht sieht aus wie ein Brotpudding voller Rosinen. Ich sag: ›Schaun Sie, Doc, es gibt schlimme Typen, die ihre Opfer quälen, vergewaltigen und umbringen. Wenn wir die nicht für immer hinter Gitter bringen oder ins Jenseits befördern, machen sie das immer wieder.‹
    Er lächelt mich weiter an. Ich sag:

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