Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
bevor es ihn erwischt hat. Ich weiß nicht, wie er ansonsten von dort weggekommen ist. Morgen werden wir jedenfalls sehen, ob sein Blut mit den Proben übereinstimmt, die sie in Cade und im Gebüsch vor Ihrem Haus eingesammelt haben.«
»Danke für Ihre Hilfe, Doc.«
»Halten Sie mich auf dem laufenden, ja?«
»Klar.«
»Das mit dem vielen Adrenalin im Herzen des Mannes war nicht einfach so dahingesagt. Ich habe in medizinischen Fachzeitschriften Berichte über hohe Adelige gelesen, die während der Französischen Revolution hingerichtet wurden. Manchmal hat man ihnen gesagt, wenn der Streich des Henkers nicht richtig säße und sie hinterher noch aufstehen und laufen könnten, würde man ihnen das Leben schenken. Ein paar von ihnen haben sich tatsächlich vom Block aufgerafft und sind etliche Meter weit gegangen, eh sie zusammengebrochen sind.«
»Ziemlich gruslig.«
»Sie verstehen nicht, worauf ich hinauswill. Ich glaube, daß der Mann, den ich auseinandergenommen habe, total entsetzt war. Was könnte einen Söldner dermaßen in Angst und Schrecken versetzen?«
Nicht schlecht, Partner, dachte ich.
Nach dem Abendessen saß ich auf der Veranda und sah zu, wie Alafair draußen auf dem eingezäunten Stück Land bei dem Schuppen, den wir eigens gebaut hatten, ihren Appaloosa-Hengst namens Tex striegelte. Tripod, der von der Kette befreit war, saß oben auf dem Kaninchenstall und ließ den Schwanz wie eine gestreifte Standarte seitlich am Maschendraht herunterhängen. Mein Nachbar war aus seinem Haus weggezogen und hatte es zum Verkauf ausgeschrieben, aber jeden Abend kehrte er zurück und drehte sämtliche Wasserschläuche und Rasensprinkler auf, so daß ein schillernder Dunst in der Luft hing, der über seine Hortensien auf unseren Rasen trieb. Die untergehende Sonne stand wie ein abgeflachter roter Ball am westlichen Horizont, die überfluteten Baumstämme im Sumpf wirkten wie in Flammen getaucht, und auf dem reglosen schwarzen Wasser auf der anderen Seite des Bayou konnte man ein vertäutes Ruderboot sehen, dessen Holz so trocken und weiß wie Knochen war.
Bertie Fontenots verbeulter und im wahrsten Sinne des Wortes farbloser Pickup holperte durch die Spurrillen auf der Straße und bog in unsere Auffahrt ein. Sie stieg aus, schlug die Tür zu und walzte, die große gelackte Strohtasche mit den Plastikblumen wie eine Munitionskiste unter den Arm geklemmt, die Steigung herauf, so daß ihre ausladenden Hüften unter dem bedruckten Kattunkleid wogten.
»Was ham Sie wegen meinem Anspruch unternommen?« fragte sie.
»Nichts.«
»Is das alles, was Sie dazu zu sagen ham?«
»Meiner Meinung nach hören Sie eh nicht auf mich. Daher hab ich’s aufgegeben, mich zu erklären.«
Sie schaute zu dem Pferdegatter.
»Ich hab Sie bei Ruthie Jeans Haus gesehn. Ich hab gedacht, Sie befassen sich vielleicht mit meinem Rechtsanspruch.«
»Es ging um eine Ermittlung in einem Mordfall.«
»Ruthie Jean weiß nix über einen Mord. Wovon reden Sie da überhaupt?«
»Möchten Sie sich nicht hinsetzen, Bertie?«
»Endlich ham Sie gefrächt«, sagte sie.
Ich half ihr die Treppe zur Schaukel hinauf. Sie schlang eine Hand um die Haltekette, stieß sich ab und wiegte mit sanftem Schwung hin und her.
»Ein hübsches Zuhause ham Sie da für Ihre Kleine, was?« sagte sie.
»Ja, bestimmt.«
»Wie lang besitzt das Ihre Familie schon?«
»Der Grund und Boden gehörte mal zur Farm meines Großvaters. Mein Vater hat das Haus 1933 gebaut.«
»Was würden Sie davon halten, wenn es Ihnen einfach jemand wegnimmt, Ihnen sagt, Sie hätten keinen Beweis dafür, daß es mal zu Ihrem Opa seiner Farm gehört hat? Ihnen mit dem Bulldozer die Wände einreißt und den Boden umgräbt, als war hier keiner von euch je gewesen?«
»Sie müssen mir ein bißchen Zeit lassen, Bertie. Ich tu, was ich kann.«
Sie ließ das große Schloß an ihrer Tasche aufschnappen und griff hinein.
»Weil Sie ja nicht glauben wollen, daß Moleen hinter einem Schatz auf unserm Land her ist, hab ich Ihnen was mitgebracht«, sagte sie.
»Das hier hab ich im Frühjahr ausgegraben, draußen in mei’m kleinen Garten.«
Sie packte eine Reihe schmaler, etwa zwanzig Zentimeter langer Gegenstände aus, einen nach dem anderen, Stück für Stück einzeln in Papierservietten eingeschlagen und mit Gummis umwickelt. Dann pellte sie den Gummiring von einem ab, rollte die Serviette auf und drückte sie mit der anderen Hand platt.
»Was halten Sie davon?« fragte sie.
Der
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