Im Dunkel des Deltas (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
voller Kinderblut waren. Sie hatten’s also vermutlich verdient, aber so was vergißt du trotzdem nicht so leicht. Er hat sie mit Backblechen mitten auf dem Weg ein Grab ausheben und am Rand niederknien lassen, und dann hat er ihr Hirn aus fünfzehn Zentimeter Abstand mit ’ner 44er Magnum quer übers Gebüsch verteilt.«
Clete schüttelte sich; dann winkte er dem Barkeeper.
Er hatte sechs Magenwärmer intus, als wir mit dem Essen fertig waren. Er wollte eine weitere Runde bestellen. Sein Hals war rot und grieselig, so als sei er vom Wind wundgescheuert.
»Komm, wir bestellen uns im Café du Monde Kaffee und Beignets«, sagte ich.
»Mir ist nicht danach zumute.«
»Doch, ganz bestimmt.«
»Der olle Streak, schießt wie ’ne Kanonenkugel durch die Stadt und tut so, als hätter alles im Griff. Aber ich mag dich trotzdem, du Saftsack«, sagte er.
Wir gingen unter den Kolonnaden am French Market entlang, setzten uns dann an einen Tisch im Freien und ließen uns Kaffee und Gebäck bringen. Auf dem Gehsteig gegenüber, am Jackson Square, standen nach wie vor die Straßenkünstler, und am anderen Ende des spitzen Eisenzaunes, der den Park umgibt, unmittelbar neben der Kathedrale, konnte man eine Band sehen, die für klingende Münze tüchtig in die Saiten griff. Ich begleitete Clete in sein Büro und saß mit ihm auf dem Rand eines steinernen Brunnens im Hof, während er mir lang und breit erzählte, wie er mit seinem Vater auf dessen Milchauslieferungstour durch den Garden District gefahren war. Dann wurde der lavendelfarbene Himmel nach und nach dunkler, und die Schwalben schossen durchs Zwielicht, und als im Obergeschoß der umliegenden Häuser das Licht anging und ich Clete an den Augen ansah, daß er den Alkohol allmählich verdaut hatte, schüttelte ich ihm die Hand und fuhr zurück nach New Iberia.
Als ich am nächsten Tag vom Dienst nach Hause kam, saß Alafair in der Schaukel auf der Veranda und schnitt Bohnen in einen Topf. Ihr Gesicht war zerkratzt, auf ihrer Jeans waren Grasflecken und Lehm.
»Du siehst aus, als wärst du mit Tex durch ’ne Dornenhecke geritten, Alf«, sagte ich.
»Ich bin in den Wassergraben gefallen.«
»Wie hast du denn das fertiggebracht?« Ich lehnte mich an die Brüstung der Veranda und stützte mich aufs Geländer.
»Ein Hund war hinter Tripod her. Ich wollte rüber in Mister LeBlancs Garten laufen und bin an der Böschung ausgerutscht. Ich bin in ein Dornengestrüpp gefallen.«
»Die Böschung ist da drüben ziemlich steil.«
»Das hat der Mann auch gesagt.«
»Welcher Mann?«
»Derjenige, der mich rausgezogen hat. Er ist runtergeklettert und hat sich voller Dreck gemacht. Er kauft vielleicht Mister LeBlancs Haus.«
Ich schaute zum Garten unseres Nachbarn. Ein Immobilienmakler, den ich aus der Stadt kannte, kam mit einem Klemmbrett in der Hand hinter dem Haus hervor. Er deutete auf das Obergeschoß, wandte den Kopf zur Seite und sagte irgendwas, und dann sah ich den Mann hinter ihm.
»Hat der Mann irgendwas zu dir gesagt?« fragte ich.
»Er hat gesagt, ich soll vorsichtig sein. Dann hat er Tripod von der Weide runtergeholt.«
»Wo ist Bootsie?« fragte ich.
»Die mußte noch was einkaufen gehen. Stimmt was nicht, Dave?«
»Nein. Entschuldige mich einen Moment.«
Ich ging ins Haus, rief in der Zentrale an und bestellte einen Streifenwagen. Dann ging ich wieder hinaus auf die Veranda.
»Ich geh mal nach nebenan. Aber du bleibst hier, verstanden?« sagte ich.
»Er hat doch gar nichts gemacht, Dave.«
Ich lief quer über den Rasen zum Nachbargrundstück, hin zu dem Mann mit dem kleinen Hintern, der axtstielbreiten Schulter und dem Blick, der wie Bleikugeln wirkte.
Er trug ein hellblaues Sommersakko, ein weißes Hemd mit offenem Kragen und allerlei Kugelschreibern in der Brusttasche, eine graue Hose und glänzende Schuhe mit Lochmuster an den Spitzen, deren Sohlen mit Lehm verkrustet waren. Von den Flecken auf seiner Kleidung einmal abgesehen, wirkte er wie ein berufstätiger Mann, der sich einen schönen Abend auf der Rennbahn machen will.
Der Makler drehte sich um und schaute mich an.
»Oh, hallo, Dave«, sagte er. »Ich zeige Mister Pogue grade das Anwesen hier.«
»Ich möchte mich bei dem Herrn dafür bedanken, daß er meine Tochter aus dem Wasserlauf gezogen hat«, sagte ich.
»War mir ein Vergnügen«, sagte der Mann mit den schrotkugelartigen Augen grinsend und neigte den Kopf.
»Mister Andrepont, könnte ich kurz mit ihm unter vier Augen
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