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Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Titel: Im Dunkeln sind alle Wölfe grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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draußen in der Seitenstraße erwartet hat …«
»Im Krankenwagen, auf dem Weg hierher, erwähnte er was.« Ich zögerte ein wenig. »Wenn ich sterbe, sagte er.«
»Ja?«
»Dann sollte ich versuchen herauszufinden, was mit StauerJohan passiert ist, 1971.«
»Stauer-Johan, 1971?« Sein Kugelschreiber war wieder da.
»Sonst nichts?«
»Nein. Nur das.«
»Wir werden …«
Er wurde von einer Krankenpflegerin unterbrochen, die vom Korridor hereinkam und sich an ihn wendete. »Der Arzt bittet Sie, hereinzukommen, Herr Hauptwachtmeister«, sagte sie förmlich. Mich sah sie überhaupt nicht an. Es saßen noch keine Fliegen auf mir.
Hamre nickte kurz und ließ mich allein. Ich blieb sitzen und behielt den Korridor vor der Tür im Auge. Die Gestalten dort draußen glitten still vorbei, wie die Figuren eines Puppentheaters für Taube. Alles war still. Das einzige, was ich hörte, waren die weichen Pfoten des Regens an den Fenstern: ein Plüschtier, das hereinwollte.
Nach einer Viertelstunde kam Hamre zurück. Er sah erleichtert aus.
»Es wird gutgehen, Veum. Er ist schwer verletzt, aber er überlebt.«
»Wie schwer?«
Er blätterte in seinem Buch und las: »Schädelbruch. Starke Gehirnerschütterung, ein Trommelfell geplatzt. Der rechte Arm gebrochen, direkt über dem Handgelenk. Eine gebrochene Rippe und vier angebrochene. Verletzungen an der rechten Niere. Bruch des linken Oberschenkels und des rechten Knöchels. Innere und äußere Quetschungen, Nasenbeinbruch.« Er sah auf. »Die haben ihm sein Profil eingedrückt.«
»Ist er bei Bewußtsein?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Sie haben ihm was zum Schlafen gegeben. Er brauche zwar viel Schlaf, aber er habe eine starke Konstitution für sein Alter, sagte der Arzt, und er sei sicher, daß es gutgehen würde.«
Ich stand auf und sah zur Tür. »Na, dann …«
Er knöpfte seinen Mantel zu. »Mehr ist da nicht, was dir noch einfallen könnte, Veum? Er hat nichts davon gesagt, wo er hinwollte, als er aus dem Lokal ging?«
»Nur, daß er nach Hause wollte.«
»Traft ihr euch oft?«
»Drei-viermal die Woche vielleicht.«
»Warst du mal bei ihm zuhause?«
»Nur einmal, gestern. Er zeigte mir ein paar alte Zeitungsausschnitte von dem Pfau-Brand.«
Er nickte. »Ich werd in der Richtung mal ein bißchen nachforschen. Kannst du nicht morgen kurz bei mir reinschauen, sagen wir, so gegen elf?«
Ich nickte. Dann sagte ich: »Kanntest du Hjalmar Nymark, Hamre?«
»Nicht persönlich. Er schied 1971 aus, und da war ich woanders stationiert.«
»Wo denn?«
»Wo?« Er hob ironisch die Augenbrauen. »In Stavanger.«
»Dann kanntest du vielleicht einen Polizisten namens Bertelsen?«
Er sah mich ironisch an. »Na klar. Den kenn ich. Aber ich würde nicht meinen, daß er dein Typ ist, Veum.«
»Das war er auch nicht.«
Wir gingen gemeinsam auf den Korridor hinaus und fanden den Weg nach draußen. Vor dem Gebäude blieben wir einen Augenblick stehen. Hamre zeigte auf einen schwarzen Volkswagen. »Kann ich dich nach Hause fahren, Veum?«
»Danke, aber ich glaube, ich brauch ein bißchen frische Luft.«
»Also gut.« Er hob die Schultern. »Dann sehen wir uns morgen.«
»Abgemacht.«
Er ging zum Wagen. Plötzlich kam mir ein Gedanke und ich rief ihm nach: »Hamre …«
Er drehte sich um. »Ja?«
»1971«, sagte ich, »das war das Jahr, in dem Harald Wulff starb. Das Jahr, in dem etwas passierte mit einem, den sie Stauer-Johan nannten. Und das Jahr, in dem Hjalmar Nymark in Rente ging.«
»So?« sagte Jakob E. Hamre gedankenverloren, nickte zerstreut, setzte sich in sein Auto und fuhr davon.
8
    Am Tag darauf trieb der Nebel wie Gespenster durch die Straßen. Graue Fangarme griffen von den Hausecken nach mir, und meine enge Gasse herauf kam ein kalter Luftzug vom Meer, ein Wind, der den Herbst ankündigte.
    Jakob E. Hamre saß am Telefon, als ich in sein Büro kam. Er winkte mich auf den Platz in dem unbequemen Stuhl und setzte das Telefongespräch fort. Während er sprach, notierte er etwas auf einem Zettel. »Zwei Liter Milch, einen Liter Kefir, ein Kilo grobes Roggenmehl – und Eier. – Ich werd mal sehen. – Ja. – Wie immer, hoffe ich. – Fein. Tschüß.«
    Ich sah mich um. Wie lange war es her, daß ich hier zuletzt gesessen hatte, Zwei-drei Jahre, und das Büro hatte sich nicht verändert. Es war genauso, wie ich es erinnerte: ein Raum, den du vergaßt, ehe du wieder aus der Tür warst. Ausdruckslose Wände in einer unbestimmbaren Farbnuance, Bücherregale mit Akten und Gesetzbüchern,

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