Im Dunkeln sind alle Wölfe grau
heraus, und wenn wir einander auf dem Pfad zur Hauptstraße begegneten, lächelten sie freundlich, nickten und sagten, hallo’ und wenn sie sich an manchen Tagen so richtig langweilten, kamen die Kinder herüber und wechselten ein paar Worte mit dem Einsiedler auf der Felskuppe.
An drei Tagen schien die Sonne. Dann saßen sie draußen auf der Terrasse vor der Hütte, bis die Sonne unterging, und die Kinder durften lange aufbleiben. Sie hatten dünne Drinks in ihren Gläsern, und wenn es anfing, kühl zu werden, zogen sie sich füllige Strickjacken über und rückten enger zusammen. Ich konnte ihre hellen Stimmen hören, wo ich saß, unten auf ein paar flachen Steinen vor der Hütte, mit einer warmen Kaffeetasse zwischen den Fingern und einer alten Krebsreuse zu meinen Füßen. Jeder von seinem Aussichtspunkt sahen wir die Sonne, rund und rot, wie einen großen Ballon langsam auf den Horizont zusinken, so rund, daß du fast darauf wartetest, daß sie von dort wieder hochprallte. Aber sie sank in die Tiefe und die Dunkelheit trieb langsam heran, wie eine schwarze Pest aus dem Meer.
Aber die Sonne schien nur an wenigen Abenden. In den Zeitungen stand, es sei der feuchteste Sommer seit Anfang der 20er Jahre und viele behaupteten, wir seien auf dem Weg in eine neue Eiszeit. Die Optimisten konnten uns damit trösten, daß es sich doch wohl kaum um eine neue Eiszeit, sondern nur um eine Periode mit feuchteren Sommern und niedrigeren Durchschnittstemperaturen handelte, die nicht länger als 20-30 Jahre dauern würde. Mit anderen Worten konnten diejenigen von uns, die bis dahin bei Gesundheit geblieben waren, der Zukunft froh entgegensehen.
An einigen Abenden, während der Regen wie Talg auf die stille Wasserfläche tropfte, ruderte ich herum und fischte Krebse aus dunklen Reusen. An diesen Abenden saß ich und aß, bis der Tag graute: solche endlosen, friedvollen Krebsmahlzeiten, wie man sie nur erleben kann, wenn man allein ist.
Dann begannen die Tage zu schrumpfen. Die Abende wurden dunkler, und es war Kälte in der Luft wenn du morgens hinauskamst. Ich blieb ein paar Tage über die Zeit, und es war schon seit acht-neun Tagen August, als ich die Hütte aufräumte, die Fensterläden vorklappte und sorgfältig abschloß.
Ich überquerte die Sotra-Brücke, den Südwestwind in der Seite. Im Norden lag Askøy, gut verpackt in schmutziggrauer Watte, um während der Fracht nicht beschädigt zu werden. Als ich mich der Stadt näherte, hingen die Nebelwolken lauernd die Berghänge hinab, wie um die allerletzten Reste des Sommers zu verschlingen, der kaum einer gewesen war.
Ich parkte den Wagen auf dem Tårnplass und machte einen Abstecher ins Büro am Strandkai. Es hatte sich Post angesammelt und viele hatten im Laufe der Ferien die Postboten damit in Atem gehalten, Reklame zu verschicken. Es war nichts Persönlicheres im Postkasten als die Mahnung für eine Lebensversicherungsrate, die zu bezahlen ich schon seit langem für sinnlos befunden hatte. Ich ging hinauf ins Büro und schloß auf. Der Staub hatte sich zusammengeballt wie die Tiefs vor der norwegischen Küste. Sonst war alles, wie es sein sollte. Die Flasche in der Schreibtischlade war leer wie ein Wahlversprechen, und die einzige Veränderung im Stadtbild vor meinen Fenstern war das neue Hotel, das draußen auf Bryggen langsam Form annahm und der anderen Seite von Vågen ein neues und schöneres Aussehen verschaffte, als würden die ausgeschlagenen Zähne in einem Mund endlich durch neue ersetzt.
Als ich das Krankenhaus anrief und nach Hjalmar Nymark fragte, erfuhr ich, daß er entlassen worden war.
12
»Entlassen?«, sagte ich, unnötig laut vielleicht. »Sie meinen wohl überführt. In ein Pflegeheim oder sowas.«
»Einen Augenblick, ich werde Sie …«, sagte die Stimme und unterbrach sich selbst.
Eine neue Stimme übernahm. Sie war weitaus mündiger, und ich sah eine dieser großen, kräftigen Oberschwestern vor mir, die dir eine mütterliche Strafpredigt halten, sobald du dich auch nur im Schlaf umdrehst, ohne vorher zu klingeln und um Erlaubnis zu bitten. »Hier ist Pedersen, was wünschen Sie bitte?«
»Hören Sie zu, Pedersen, mein Name ist Veum und ich würde gern meinen guten Freund Hjalmar Nymark besuchen, der …«
»Er ist entlassen. Er wurde heute entlassen.«
»Aber er – meinen Sie wirklich entlassen? Nach Hause?«
»Er fuhr nach Hause, wenn Sie das meinen, ja.«
»Aber konnte er denn gehen? Als ich ihn das letzte …«
»Er benutzte Krücken,
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