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Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Im Dunkeln sind alle Wölfe grau

Titel: Im Dunkeln sind alle Wölfe grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Geschäftsführer aufhielte, aber als die perfekte Vermittlungsdame, die sie war, antwortete sie nur, er sei ,außerhalb’ beschäftigt. Ich dankte, legte auf und verließ die Telefonzelle.
Als ich wieder in die Stadt fuhr, war der Himmel hoch und offen. Die weitläufige Landschaft in Fana lag wie ein grüner Flickenteppich da und das Fjell um Bergen herum erhob sich blaugrau am Horizont, der bei jedem Kilometer, den ich zurücklegte, näher und näher kam. Zwischen den Bergen lag ein flacher Dunst, über dunkelgrünen, üppigen Baumkronen. Ungefähr dorthin wollte ich.
    Paradis, so haben sie in aller Bescheidenheit einen Stadtteil genannt, durch den du kommst, bevor du dich Bergens Zentrum ernsthaft näherst. Nicht ganz ohne Grund, obwohl man das Gebiet bis Koppedal und Hop im Süden und bis Fjøsanger im Norden ausweiten könnte. Diese Gegend, am Hang zum Nordnesvann, gehört zu den fruchtbarsten der gesamten BergenRegion, und in eine grün-goldene Decke gepackt liegen dort die herrschaftlichen Villen mehrerer Generationen. Einige der Straßen haben Namen nach Schiffsreedern.
An einem stillen Straßenende mitten in dieser Gegend lag die
    Villa, die Hagbart Helles Bruder gehörte. Als ich meinen alten, grauen Morris auf der Schattenseite der Straße parkte, ging er beinah in die Schatten der Baumkronen über. Die ersten Berberitzen dieses Herbstes sprühten rot in zurückgezogenen Gärten, und über dunkelgrünen Hecken zeichnete die eine oder andere Blutbuche ihre schicksalsschwangere Silhouette gegen den klaren, blauen Septemberhimmel, wie ein Baum in einer griechischen Tragödie.
    Ich stieg aus dem Wagen und schlenderte ein kleines Stück die Straße entlang. Ein großes, schwarzes, schmiedeeisernes Tor versperrte die Einfahrt zu Hellebusts Villa. Hinter dem Tor sah ich, daß der Schotterweg sich teilte. Rechts lag eine weiße Garage mit zwei schwarzen Toren; links, zurückgezogen hinter knorrigen Apfelbäumen und fülligen Rhododendronbüschen lag das Haus; breit, weiß und mit glänzenden, schwarzen Dachziegeln. Vor dem Haus war eine breite Terasse, leer. Die Terassentüren standen halb offen und ich hörte ferne Stimmen und das Klirren von Besteck auf Tellern. Die Bewohner dieses Hauses gehörten wohl zu denen, die ihr Frühstück mit Messer und Gabel aßen.
    Am Tor hing ein Schild, auf dem stand: Vorsicht, bissiger Hund! Ich sah und hörte nichts von einem Hund, aber trotzdem ging ich weiter. Vorläufig rekognoszierte ich nur. Rasch kam ich ans Ende der kleinen Sackgasse. Ich kehrte um und ging zurück zum Wagen.
    Es lagen nicht viele Häuser in der Straße und die Gärten waren groß. Hier wohnten Menschen mit großem Vermögen und niedrigen Steuerprozenten, mit Luxusyachten in großen Bootshäusern unten am Nordnesvann und Ehefrauen, die vormittags in Diskussionsgruppen gingen und nachmittags Wohltätigkeitsbasare arrangierten. Ich richtete unwillkürlich meinen Schlips. Hier fürchtete ich, viel mehr aufzufallen, als unter den BingoSpielern, alternden Frauenjägern und Bergens losen Vögeln. Hier würden sie wahrscheinlich darum bitten, meinen Ausweis sehen zu dürfen.
    Ich sah auf die Uhr. Es war noch früh, aber ich sah keinen Grund, aufzuschieben, was ich zu tun hatte. Ich konnte Hagbart Helle ebensogut beim Frühstück wie beim Mittagessen stören.
    Das schwere Tor knarrte schwach, als ich es öffnete, und der weiße Marmorschotter knirschte, als ich den langen Garten entlangging, vorbei an zierlich arrangierten Blumenbeeten mit frühen Herbstblumen, aber noch immer kam kein Hund und bewies, daß er bissig war.
    Der Gartenweg führte nicht zur Terasse, und ich hatte nicht die Absicht, jemanden unnötig zu irritieren, indem ich über seinen Rasen ging, also folgte ich dem Gang bis zur schwarzen Eingangstür und drückte auf den Klingelknopf.
    Das Mädchen, das öffnete, war in den Zwanzigern, hatte langes, blondes Haar und trug ein schwarzes Kleid mit weißer Schürze. Ihre Augen waren blau wie gefrorene Veilchen und die Stimme war ziemlich kühl, als sie sagte: »Was wünschen Sie?«
    Ich antwortete munter: »Ich würde gern mit Hagbart Helle sprechen.«
»Sind Sie angemeldet?«
»Nein, leider nicht. Ich habe ihn im Voraus nicht erwischt, aber …«
Sie wollte die Tür wieder schließen. Ich setzte einen Fuß in den Türspalt und fuhr fort: »Ich bin sicher, daß er mit mir sprechen will.«
»Das sagen alle«, sagte sie. »Nehmen Sie bitte den Fuß weg.« Sie sah mit einem Ausdruck auf meinen Schuh

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