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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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flüsterten.
    »Sie sollen es hier erfahren, liebe Freunde, nicht aus den Nachrichten. Ja, unser Vater hat vor vielen, vielen Jahren eine Beteiligung an einer Goldschmiede in Istrien erworben. Er liebte seine Heimat, das Südtirol, die autonome Provinz Bozen, er liebte die autonome Region Friaul-Julisch Venetien. Und er liebte Istrien, wo ebenfalls Menschen der unterschiedlichsten Ethnien zusammenleben. Cavaliere del Lavoro, diese hohe Auszeichnung, wird niemandem ohne besondere Verdienste verliehen.«
    »Auch Nazis drücken mal ein Auge zu, wenn’s ums Absahnen geht.« Drei Männer, die hinter Laurenti standen, grinsten breit, was dem Commissario nicht entging.
    »Die Ordnungskräfte haben die Umgebung abgesperrt.« Gertraud zeigte zur Straße hinüber. »Sie werden die Täter bald fassen. Aber Sie, liebe Freunde, bitte bleiben Sie hier und essen und trinken Sie mit uns. Unser Vater hat fröhliche Feste immer geschätzt.«
    Auf ein Zeichen Magdas nahmen die Kellner die Tücher vom Buffet, das vor Köstlichkeiten strotzte, und schenkten die prämierte Ribolla Gialla von Spechtenhausers Weingut aus dem Collio aus. Die beiden Schwestern zogen sich zurück, während ihr Bruder Nick einem Kellner winkte und sich nachschenken ließ. Mit dem vollen Glas ging er zu seiner Mutter, die einen Knopf an seinem Hemd schloss.
    »Déformation professionelle, Commissario? Oder gehören Sie zu den geladenen Gästen?«
    Gundolf Moser, der seit seiner Kindheit »Spaltkopf« genannt wurde, überragte ihn deutlich. Der Siebzigjährige trug in der Mitte seiner Stirn eine breite und gut zwei Zentimeter tiefe Delle, ein Auge starrte nach rechts oben und folgte dem anderen nicht. Dennoch ließ sich in diesem entstellten Gesicht ein freundliches Lächeln erkennen.
    »Ertappt, Professor Moser«, gab Laurenti zu, reichte ihm die Hand und versuchte, nicht auf das kranke Auge des fast zwei Meter großen Mannes zu starren. »Der Wein ist zu gut, als dass man ihn auslassen sollte. Dazu die Gesellschaft wichtiger Menschen, was will man mehr?«
    »An Freunden mangelt es Ihnen doch nicht, Commissario. Sie hier zu sehen, lässt mich eher vermuten, dass es Erkenntnisse gibt, die mir noch nicht bekannt sind. Und im Übrigen empfehle ich Ihnen den Gewürztraminer von Spechtenhausers Südtiroler Weingut, in dem sein ganzes Herzblut steckt. Sie werden erstaunt sein.«
    Laurenti kannte Moser von offiziellen Anlässen, Empfängen beim Präfekten anlässlich des Tags der Republik, auch der jährlichen Zeremonie zur Feier des Bestehens der Polizia di Stato wohnte der Mann aus Südtirol stets bei, seit er dank seines wirtschaftlichen Aufstiegs zu den Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Stadt gehörte. Moser war während seines Militärdienstes nach Triest versetzt worden, wo er Dienst im Faro della Vittoria, dem weißen Leuchtturm, geschoben hatte. Später studierte er Physik und noch als junger Mann hatte er mit seinem besten Freund, Franz Xaver Spechtenhauser, das heute als Sonar Communications Bozen Washington SpA firmierende Unternehmen gegründet. Und Laurenti wusste auch, dass Gundolf Moser über die Geschicke der Zwillingsschwestern wie ein Löwe wachte.
    »Professore, solange die definitive Absturzursache nicht geklärt ist, tun wir gut daran, nichts auszuschließen. Deshalb kam ich zur Trauerfeier nach Aquileia. Und da ich schon unterwegs war, eben auch hierher. Sonst nichts«, log Laurenti. Es war weder an der Zeit noch der richtige Ort, dem Mann die jüngsten Erkenntnisse der Kriminaltechniker mitzuteilen. »Aber ich wollte Sie demnächst ohnehin noch einmal aufsuchen, sobald es Ihre Zeit zulässt.«
    »Zeit, Laurenti?« Moser lachte auf. »Solange der Allmächtige meiner Meinung ist, habe ich Zeit, so viel ich will. Das erste Ziel im Leben heißt nicht, Reichtum zu erwirtschaften, sondern Zeit zu haben, wann und für was man will!«
    »Nichts für ungut, Professor Moser: Sie sagen das wie ein Milliardär, der die Vorzüge des Sozialismus anpreist.«
    »Besuchen Sie mich, wann es Ihnen passt. Mit intelligenten Menschen zu philosophieren, war mir schon immer ein Vergnügen.«
    Der Commissario wechselte das Thema. »Spechtenhausers Sohn kannte ich bisher noch nicht.«
    »Nikolaus?« Mosers linkes Auge fixierte den Polizisten eine Sekunde lang. »Aus erster Ehe. Ein begnadeter Maler und Pianist, der leider nicht weiß, wohin mit seinem Talent. Trotz seiner zweiundvierzig Jahre fehlt ihm das Selbstvertrauen. Franz trennte sich von der Familie,

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