Im fernen Tal der Hoffnung
ja auch noch nicht. Ich bin noch nicht einmal fünfundzwanzig.« Sarah nahm ihr die Säge wieder aus der Hand und machte sich erneut über den Busch her. Shelley hatte ein Talent dafür, die richtigen Knöpfe zu drücken. » AuÃerdem habe ich einiges zu verarbeiten, und ich bin einfach noch nicht so weit.«
» Ich habe euch heute früh streiten hören. AuÃerdem kommst du kaum noch nach Sydney, und was ist aus deiner Fotografiererei geworden? Es war doch immerhin dein Beruf, und du warst wirklich gut darin. Ich will nicht, dass du wegen der Geister der Vergangenheit hier bleibst«, sagte Shelley aufgebracht. Ihre beste Freundin merkte ja noch nicht einmal, was sie für ein Brett vorm Kopf hatte.
» Ich bin hier keine Angestellte, Shelley«, erwiderte Sarah. » Wangallon ist ein groÃes Unternehmen, und ich leite es.« Ruhiger fuhr sie fort: » AuÃerdem habe ich wieder angefangen zu fotografieren.«
» Na gut, aber was ist mit deinen Besuchen in Sydney? Kannst du denn Anthony nicht mal eine Weile allein hier lassen? Er ist ja schon lange genug hier und von dem Laden mindestens ebenso besessen wie du.« Sie berührte sie am Arm. » Na?«
» Im Moment geht es nicht, Shelley. Es wird noch ein paar Monate dauern, bis die Farm richtig läuft. Glaub mir, ich habe mein Bestes getan, seit GroÃvaters Tod nicht dauernd an sein Testament zu denken, aber jetzt so kurz vor dem Frühling habe ich das Gefühl, eine Bombe entschärfen zu müssen und auf einmal nicht mehr zu wissen, ob ich nun den roten oder den blauen Draht durchschneiden soll.«
» Es tut mir leid. Ich hatte dieses ganze Debakel wegen des Erbes völlig vergessen. Was sagt Anthony denn?«
» Nichts. Zumindest nichts Hilfreiches, seit wir vor anderthalb Jahren darüber gestritten haben. So ist es moralisch korrekt, ist seine Standardantwort. Seitdem haben wir nicht mehr darüber gesprochen. Ehrlich gesagt ist es auch leichter für mich, es zu verdrängen. Irgendwie habe ich wohl immer noch die Hoffnung, es geht vorbei.«
Bullet rannte zum hinteren Gatter hinaus. Matt und Anthony kamen den Weg entlanggeritten. Sarah blickte auf und runzelte die Stirn. » Irgendetwas stimmt nicht.« Sie zog ihre Gartenhandschuhe aus und ging den Männern entgegen.
Ãber Matts Schoà lag ein Hund; ein zehn Jahre alter Schäferhund, den sie Frettchen getauft hatten, weil er in alles seine Nase hineinsteckte. Anthony stieg vom Pferd, nahm Frettchen auf den Arm, und die beiden Männer kamen aufs Haus zu.
Shelley blickte auf die Blutspur auf den Betonplatten. Matts Hose war an der Hüfte blutdurchtränkt, und er machte ein besorgtes Gesicht.
» Er braucht einen Tierarzt«, erklärte Shelley.
» Sarah, ich muss das Bein schienen. Es ist gebrochen. AuÃerdem muss er genäht werden. Er hat viel Blut verloren.« Anthony verzog besorgt das Gesicht.
» In Ordnung.«
Sie legten den Hund neben die Küchenspüle, und Sarah sterilisierte die Nadel, während Anthony die Wunde auswusch und desinfizierte. Frettchen winselte leise. Er lieà Matt, der mit Shelleys Hilfe gerade ein Stück Plastikrohr längs aufschnitt, nicht aus den Augen.
» Was ist passiert?«, fragte Sarah und wischte das Blut von Frettchens Wunde, während Anthony den Hinterlauf nähte. Die Stimmung war angespannt. Frettchens Unfall hatte anscheinend nicht zu einer Versöhnung zwischen den beiden Männern beigetragen.
» Er ist von meinem Pferd mitten in hohes Gras gesprungen«, antwortete Matt. » Das hätte er besser nicht getan bei seiner Arthritis, aber er liebt es. Was, alter Kumpel?« Matt kraulte Frettchen zwischen den Ohren.
Anthony warf Sarah einen Blick zu. » Und dabei hat es wahrscheinlich das Bein erwischt. Der Schnitt stammt von dem wilden Eber, den er verfolgt hat. So, wie es aussieht, sind ein paar Sehnen gerissen.«
Shelley spähte über Anthonys Schulter. » Sind Sie Tierarzt?«, fragte sie. Beim Anblick der offenen, blutenden Wunde verzog sie das Gesicht.
Anthony runzelte die Stirn. » Nein, aber ich habe ja meinen Verstand.«
» Entschuldigung.«
» Die verdammten Schweine.« Sarah fädelte einen neuen Faden ein. » Wir sollten sie wirklich erschieÃen. Bist du sicher, dass du nicht mit ihm zum Tierarzt fahren willst, Matt?«
Matt schüttelte den Kopf. Seine hellen Augen waren glasig und müde. »
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