Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
ohnehin ziemlich mau ausgefallen, wie er meinte.
»Bevor ich mich mit Shrapnel befasse, muss ich meinen Vater sehen«, sagte ich zu Vlad. »Er ist ziemlich durch den Wind. Kannst du in der Nähe bleiben, falls die Blutgier mich wieder packt?«
Vlad hatte sich gerade ein Glas Wein genehmigen wollen, aber auf meine Worte hin stellte er es weg.
»Viele Menschen, die über Vampire Bescheid wissen, haben Probleme damit, die Veränderungen hinzunehmen, die eine ihnen nahestehende Person nach der Verwandlung durchmacht. Sie empfinden Angst, Entfremdung, Hilflosigkeit. Bei Autoritätspersonen wie deinem Vater sind diese Gefühle meist noch stärker ausgeprägt.«
Seine mit Bedacht formulierten Worte ließen Unbehagen in mir aufkommen. Vlads Offenheit grenzte normalerweise ans Unhöfliche. Da war eindeutig etwas im Busch.
»Keine Schönfärberei. Was ist passiert?«
»Er will dich nicht sehen und besteht darauf, mit Gretchen abzureisen«, antwortete er in gewohnt unverblümter Manier. »Ich besitze noch andere Anwesen, in denen sie sicher aufgehoben wären, aber ich wollte sie erst gehen lassen, wenn du deine Zustimmung gibst.«
Jetzt verfügte ich zwar über übermenschliche Stärke, aber meine Knie fühlten sich an wie Pudding.
»Gretchen will mich auch nicht mehr sehen?« Vielleicht hatte ich ihr Verhalten ja missinterpretiert …
»Nein, deine Schwester wollte unbedingt hierbleiben, was deinen Vater in seinem Beschluss, sie mitzunehmen, noch bestärkt hat.«
Vlad schenkte mir einen müden Blick. »Er selbst merkt es nicht, aber er versucht eine Situation zu kontrollieren, die für ihn unkontrollierbar geworden ist. Er liebt dich nach wie vor. Andernfalls würde er weniger emotional reagieren.«
Ich schwieg und dachte darüber nach, wie seltsam das Leben war. Wegen der Auslandseinsätze meines Vaters waren wir in meiner Kindheit oft umgezogen, und es war jedes Mal ein Einschnitt in unserem Leben gewesen. Jetzt rissen meine Lebensumstände meinen Vater aus seinem gewohnten Alltag. Jedem das Seine , hatte Cat gesagt, und doch wollte ich es meinem Vater nicht mit gleicher Münze heimzahlen. Ich wünschte mir, dass er glücklich war und in Sicherheit.
»Lass ihn gehen, aber warte noch bis morgen früh. Ich will erst mit Gretchen reden.«
Mein Tonfall war sanft, aber bestimmt. Ich wusste, wie es sich anfühlte, wenn man glaubte, abhauen zu müssen, und sei es nur, um sich selbst etwas zu beweisen. Gretchen war bei meinem Vater besser aufgehoben. Meine Blutgier war nach wie vor so unbezähmbar, dass ich mir in ihrer Gegenwart selbst nicht über den Weg traute. Und weitere Gefahren standen bevor.
Ich erhob mich und schenkte Vlad ein schiefes Lächeln.
»Und jetzt wollen wir doch mal sehen, ob ich deine durchgeknallte Ex aufspüren kann.«
Ich hatte geglaubt, wir würden wieder in den Kerker gehen, damit ich Shrapnel berühren und eine Essenzspur von Cynthiana an ihm finden konnte, aber Vlad führte mich in die Waffenkammer. Dort gab er mir einen Silberdolch, dessen Heft mit einem keltischen Filigranmuster verziert war. »Der ist von ihr«, erklärte er.
Es dauerte einen Augenblick, bis mir wieder einfiel, warum mir die Waffe so bekannt vorkam. Schließlich lachte ich.
»Na klar. Den habe ich berührt, als ich mir auch deine anderen Waffen vorgenommen habe. Ganz kurz habe ich die Frau gesehen, der er gehörte, dann wäre ich fast verblutet.«
Und genau das hatte Cynthiana mit ihrem Zauber erreichen wollen, nur hatte sie nicht damit gerechnet, dass Vlad zur Stelle sein und mich wiederbeleben würde, wenn ihr Hokuspokus seine Wirkung offenbarte. Oder Maximus, der mich ebenfalls gerettet hatte, als ich durch den telepathischen Kontakt zu ihr krank geworden war. Jetzt war ich eine Untote und damit vor ihrem Zauber geschützt.
Jedem das Seine . Der Spruch passte wirklich bestens auf die Situation.
Ich zog den rechten Handschuh aus und berührte die dekorative Waffe. Zu meiner Überraschung wäre ich am liebsten zurückgezuckt. Das Metall ließ meine Haut jucken wie der Giftefeu, in den ich als Kind manchmal gefallen war.
»Das fühlt sich … falsch an. Kommt das vom Silber?«
Belustigung durchdrang kräuselnd meine Emotionen. »Du gewöhnst dich dran. Geht allen Vampiren so.«
Ich versuchte, das Jucken zu ignorieren, und konzentrierte mich auf die in dem Metall enthaltene Essenz. Nach einer Weile stellten sich farblose Bilder ein.
Wir standen vor meiner Tür, aber als Vlad mir gute Nacht gewünscht hatte und
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