Im Feuer der Nacht
Schläfen.
Mit einem Stöhnen schloss er die Augen. Ihre Kehle schnürte sich zu, er sah so verletzlich aus. Das war sonst kein Wort, das zu Clay passte, und er zeigte diese Seite auch nicht oft. Aber an diesem Abend gab er sich vertrauensvoll in ihre Hände. Sie schluckte die Tränen hinunter und massierte weiter. Nach einer Weile bemerkte sie, dass er eingeschlafen war. Sie saß einfach da und sah ihn lange an.
Er war ihr Leben.
Aber der eigentliche Zweck ihres Zusammentreffens war nun erfüllt. Jon war in Sicherheit. Das andere Kind ebenfalls. Wenn Clay ihr nun doch nicht genug vergeben konnte, um ihre Beziehung weiterzuführen, wenn das Anspruchsdenken des Leoparden zu stark war? Sie biss sich auf die Unterlippe, um sich den schmerzhaften Laut zu verkneifen. Wenn Clay sie von sich stieß– jetzt oder später, ganz egal, aus welchem Grund–, würde sie ein für alle Mal zerbrechen.
Sie sah ihn an, nahm dieses Bild in sich auf. Als sie sich schließlich dazu aufraffte, aufzustehen und die Kleider auszuziehen, um sich neben ihm ins Bett zu legen, war ihre Haut ganz kalt, und sie spürte fast schmerzhaft das Verlangen, ihm zu gehören, sich zu beweisen, dass er sie nicht verlassen würde. Aber er schlief. Und nach langen, qualvollen Minuten schlief sie ebenfalls ein.
Als sie erwachte, spürte sie kräftige Finger zwischen ihren Schenkeln, heiße Küsse auf ihren Wangen und einen erregten männlichen Körper auf ihrem Leib. „Fühlst du dich besser?“, brachte sie gerade noch heraus, als seine Finger in ihr weiches Fleisch glitten. Sie war beschämend feucht.
„Du fühlst dich wie warme Sahne an, zum Abschlecken.“
Die Scham verschwand, und an ihre Stelle trat schieres Verlangen. „Komm. Ich brauche dich.“ Zum Festhalten, für alle Zeit. Lass mich nie wieder los. Bitte, Clay.
Er spreizte sie mit den Fingern und glitt in sie hinein, groß und heiß. Dann flüsterte er ihr leidenschaftliche Worte ins Ohr, erregende Zärtlichkeiten, die sie zur schönsten Frau der Welt machten. Sie presste sich an ihn. Er hob ihre Schenkel, um noch tiefer einzudringen, und sie biss sich auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien.
Er hielt inne. „Habe ich dir wehgetan?“
„Es fühlt sich zu gut an.“
Er lachte auf. „Ich mag deinen Geruch.“ Er rieb den Kopf an ihrem Hals, leckte mit der Zunge über ihre Haut. „Ich mag es, wie du dich anfühlst. So weich und heiß.“ Als er sie schließlich mit seinen Stößen zum Höhepunkt brachte, hatte sich die ewig hungrige Stelle in ihr beinahe gefüllt. Beinahe.
Clays Herz klopfte immer noch wie wild vor Lust, aber er spürte gleichzeitig, dass Tally litt. Das war verwirrend für den Leoparden. Sie war seine Gefährtin. Er musste in der Lage sein, ihren Schmerz zu lindern. Es verletzte seinen Stolz, dass er es nicht konnte. „Tally, Baby, was ist los?“
„Lass mich nie mehr los, Clay.“
Diese Bitte brach ihm fast das Herz, er hatte einen Blick in die tiefste Finsternis ihrer Ängste geworfen. „Nie wieder, das verspreche ich dir.“ Selbst wenn er gegen die Götter selbst kämpfen müsste, er würde niemals mehr jemandem gestatten, ihm Tally fortzunehmen.
Sie sagte nichts. Er flüsterte ihr Zärtlichkeiten ins Ohr, und nach und nach spürte er, wie sich der Schmerz zurückzog, als hätte sie sich entschlossen, seinem Versprechen Glauben zu schenken. Er atmete erleichtert auf.
Denn Tallys Schmerz war das Einzige, womit er nicht umgehen konnte.
39
Am nächsten Morgen stand Talin um halb zehn mit Clays Rudelgefährten in Tamsyns Küche, fühlte sich köstlich mitgenommen und konnte ihre Furcht vom Vortag überhaupt nicht mehr verstehen– Clay würde sie niemals einfach so verlassen. Er war viel zu loyal.
Doch ihre Stimmung verdüsterte sich rasch wieder. Und wenn ihn nur das bei ihr hielt? Loyalität und Freundschaft, eine Freundschaft, die ihn nicht eher ruhen ließ, bis sie das unbekannte Ding, das sie von innen her auffraß, vernichtet hatten? Seit jenem Tag, als sie beim Aufwachen nicht mehr atmen konnte, hatte die Krankheit nicht mehr zugeschlagen, aber sie würde es erneut tun, und dann musste sich Clay wieder um sie kümmern, würde sich dazu verpflichtet fühlen.
In ihrem Kopf tauchten Bilder der intimen Liebkosungen des Vortages auf. Sie hatte es aus Liebe getan, und es war ihr nicht schwergefallen. Sie würde Clays Hingabe nicht dadurch herabwürdigen, dass sie ihm unterstellte, es ginge ihm anders. Aber sie wollte etwas anderes für ihn
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