Im Feuer der Nacht
Anstifter. Stimmt genau.«
Barnaby starrte auf das Fenster hinter Stokes. »Dann sieht die Sache also so aus, dass wir mit einer Lehranstalt rechnen müssen, die die Burschen ausbildet, in herrschaftliche Anwesen einzusteigen ...« Er brach ab und suchte den Blick seines Freundes. »Natürlich! Sie bereiten sich auf eine Einbruchsserie während der Ballsaison vor. Die Zeit, in der die Gesellschaft größtenteils nicht in ihren Anwesen residiert.«
Stokes dachte nach. »Aber die meisten Ladys nehmen ihre Juwelen mit aufs Land ...«
»In der Tat.« Barnabys aufkeimende Begeisterung ließ nicht nach. »Aber diese Kerle, wer auch immer dahinterstecken mag, haben es nicht auf Schmuck abgesehen. Die Gesellschaft packt nur den Schmuck, die Kleidung und die Angestellten ein ... den gesamten Zierrat, der oft überaus kostbar ist, lässt sie zurück. Diese Dinge verbleiben im Haus, meistens mit ein paar wenigen Angestellten. Es gibt Anwesen, die nur einer einzigen Aufsicht überlassen sind.«
Barnabys Begeisterung hatte Stokes angesteckt. Sein Blick schweifte nachdenklich ab und fixierte dann seinen Freund. »Wir überschlagen uns förmlich. Aber lass uns einen Moment annehmen, dass wir recht haben. Warum vier? Warum werden innerhalb weniger Wochen vier Jungen entführt, um sie ausbilden zu lassen?«
Barnaby grinste gefährlich. »Weil diese Gruppe mit ihren Einbrüchen in Serie gehen will. Oder weil es mehrere Kriminelle gibt, die in den nächsten Monaten zur Tat schreiten wollen.«
»Während die feine Gesellschaft sich nicht in London aufhält.« Seine Miene verhärtete sich. »Es könnte sich lohnen. Es könnte den Aufwand lohnen, vier geeignete Jungen ... unter Umständen sogar mehr ... ausfindig zu machen und deren Entführung zu organisieren.«
Eine Weile hingen die beiden Männer ihren eigenen Gedanken nach, bis Barnaby das Schweigen brach. »Es könnte sogar eine große Sache sein. Viel größer, als sie im Moment scheinen mag.«
Stokes nickte. »Vorhin habe ich mit dem Kommissar gesprochen. Er hat mich von anderen Aufgaben freigestellt, um die Ermittlungen angemessen führen zu können.« Stokes lächelte düster. »Morgen werde ich wieder mit ihm sprechen und ihn darüber informieren, zu welchem Schluss wir heute gekommen sind. Ich glaube, ich kann jetzt schon garantieren, dass ich danach freie Hand haben werde.«
Barnaby lächelte sarkastisch. »Nun, wie sieht unser nächster Schritt aus? Machen wir uns auf die Suche nach dieser Anstalt?«
»Sie befindet sich höchstwahrscheinlich im East End, nicht weit entfernt vom Wohnort der Jungen. Du meintest, es sei unwahrscheinlich, dass die Angestellten des Findelhauses die Burschen als zukünftige Schüler erwähnt hätten. Wenn es sich so verhält, dann gibt es nur eine Erklärung dafür, wie unser Lehrmeister von den vieren erfahren hat. Und mehr noch, dass er wusste, wann und wohin er einen Mann schicken musste, um sie abzuholen: Er und seine Leute stammen selbst aus dem East End.«
»Die Nachbarn waren sich sicher, dass der Mann aus dem East End kam, aber auch, dass er nicht mehr war als ein Laufbursche. Jemand, den man geschult hatte, so zu sprechen, dass er die Leute überzeugen konnte, ihm die Waisen zu übergeben.«
Barnaby verzog das Gesicht. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich mich im East End auf die Suche nach einer Lehranstalt für Einbrecher machen soll. Oder nach sonst irgendetwas, wenn wir schon dabei sind.«
»In der Tat, es ist nicht einfach, im East End etwas zu finden. Ich bin mit der Gegend genauso wenig vertraut wie du.«
»Und die örtlichen Polizeikräfte?«, schlug Barnaby vor.
»Ich werde sie benachrichtigen, aber ich glaube nicht, dass ich von ihnen viel Hilfe erwarten kann. Die Truppe steckt sozusagen noch in den Kinderschuhen und ist in dem Viertel nicht besonders gut verankert.« Es verging eine Minute. Stokes trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte, schien dann zu einer Entscheidung gekommen zu sein. »Überlass es mir. Ich weiß ein paar Leute, die sich im East End auskennen. Wenn ich sie für den Fall interessieren kann, werden sie uns vielleicht helfen.« Er stand auf.
Barnaby erhob sich ebenfalls, wandte sich zur Tür. Stokes verließ seinen Schreibtisch, schnappte sich den Überzieher vom Haken und folgte seinem Freund.
Draußen auf dem Korridor hielt Barnaby inne. Stokes blieb neben ihm stehen. »Ich werde mich zurückziehen und mir den Kopf darüber zerbrechen, ob wir den Fall noch auf anderen Wegen
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